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Die westliche Presse zum Erdbeben in Armenien
VERWÜSTET, HEIMGESUCHT, DEM UNTERGANG GEWEIHT UND AUF
UNSERE HILFE ANGEWIESEN - SO MÖGEN WIR DIE RUSSEN!
Ein Feindbild haben wir nicht. Auch uns hat das Erdbeben erschüt-
tert. Es hat uns die Augen geöffnet für die Leiden des russischen
Volkes: "... die Bilder der geschlagenen Armenier dürften die An-
gehörigen des Freien Westens dazu bringen, mehr mit den Russen im
allgemeinen mitzufühlen." (Time 52/88)
Weil die Russen im allgemeinen mit ihrem System geschlagen sind,
ist uns das Erdbeben im besonderen sofort
Wie eine Strafe Gottes
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erschienen:
"... wer kann sich schon vorstellen, daß von einem Augenblick auf
den anderen eine Stadt vollkommen ausgelöscht wird, daß nicht
diese eine Stadt, daß mehrere Städte und annähernd einhundertund-
sechzig Dörfer von der Wucht eines Erdbebens wahrhaft biblischen
Ausmaßes betroffen sein können?
Das Beben traf die Region wie eine Strafe. Wofür?... Das Beben
legte in Sekunden einen gravierenden Mangel an Zuständigkeit und
Verantwortung bloß. Die meisten Häuser - und nur die Gebäudeschä-
den, nicht die an der Landschaft, bestimmen die ungeheure Trag-
weite der Katastrophe - stürzten ein, weil sie nicht ordentlich
gebaut wurden. Die Erde erschütterte eine Weltmacht..." (FAZ,
2.1.)
Die unvorstellbare Wirkung des Erdbebens können wir uns nur damit
erklären, daß es sich ziemlich weit östlich in einem bekannt an-
fälligen System ereignet hat. Oder können Sie sich vielleicht
vorstellen, daß nach einem "Beben" eine Stadt einfach putt ist,
die Sekunden vorher noch völlig heil war? Nun ja, Mexiko-City sah
nach der Katastrophe auch nicht mehr ganz so manierlich wie kurz
zuvor aus - aber was hat denn das mit unserem System zu tun? Wenn
Gott da jemanden in seine Schranken gewiesen hat, so den Menschen
mit seiner Hybris, damit er nicht die Wolkenkratzer in den Himmel
wachsen läßt. Gewiß, auch in Neapel und Umgebung haben Spekulan-
ten, Mafia und gewisse Politiker den Einsturz so mancher Bruch-
bude auf dem Gewissen. Aber der absurde Schluß von der
un"ordentlichen" Bauweise auf ein generelles Unvermögen unseres
Systems verbietet sich doch von selbst in Anbetracht der Tatsa-
che, daß es sich bei den Verantwortlichen um bekannt systemfremde
Elemente handelt.
In Armenien sind wir gezwungen, die Sache ein wenig anders zu se-
hen. Erstens liegt Armenien in der UdSSR und zweitens hatte das
Erdbeben "Ausmaße". Zu der naheliegenden Verknüpfung, daß das
menschenverachtende System des Kommunismus mittlerweile dazu
übergegangen ist, Erdbeben zu produzieren und so die eigene Be-
völkerung zu diminuieren, lassen wir uns nicht hinreißen - obwohl
das Gerücht vom russischen Atombombentest als Erdbebenauslöser
schon mal eine freiheitliche Schlagzeile wert ist. Ansonsten
überlassen wir eine solch' monokausal unglaubwürdige Argumentati-
onsweise dem materialistisch plumpen Feind. Aber daß der Kommu-
nismus Leichen produziert, weil ihm alle Ordnungs- und Verantwor-
tungsbestandteile abgehen, die verhindern, daß ein Erdbeben in
eine Katastrophe ausartet - zu dieser Behauptung stehen wir. Die
Tragweite des Unglücks ermessen wir, indem wir jenseits von allen
Gründen - seien sie nun natürlicher oder gesellschaftlicher Art
das Ausmaß der "unvorstellbaren Folgen" für sich und unsere Deu-
tung sprechen lassen:
- Jede Erdbebenruine ist ein Mahnmal der Unfähigkeit des Systems.
Oder wären etwa bei anderer Bauweise nicht mehr Häuser stehen-
geblieben?
- Jeder Einsturz will uns sagen, daß ein unfähiges System zum Un-
tergang verurteilt ist. Oder hätte es sich etwa sonst von einem
Erdbeben derart erschüttern lassen ?
- Hinter dem Erdbeben steht also eine höhere Gewalt. So will der
höchste Richter offensichtlich der Weltöffentlichkeit mitteilen,
daß er die unmaßgebliche Meinung des Freien Westens teilt; Er
duldet kein unfähiges System neben sich weshalb an diesem so
nachdrücklich das Merkmal hervorsticht, bezwungen werden zu kön-
nen.
Die Katastrophe hatte - neben all dem gräßlichen Unglück - also
auch ihre erfreulichen Seiten. Sie brachte das Lügengebäude des
Kommunismus ins Wanken und legte in Sekunden bloß, was wir schon
seit Jahrzehnten sagen: Dieses System taugt nichts und ist morsch
bis auf die Knochen.
Daß der Generalsekretär der KPdSU unser Hilfsanerbieten positiv
beschied und unseren auf den Einmarsch wartenden Rotkreuzkolonnen
sein
"We accept"
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zukabelte, hat uns nicht weiter überrascht. Hier hat ein Geschla-
gener in der Sprache der Schiffbrüchigen seine Niederlage einge-
standen, was wir ihm nicht als besonderes Verdienst anrechnen
können. Hätte er unsere Hilfe abgelehnt, hätten wir ihn des Mor-
des anklagen müssen. So aber bleibt zu konstatieren, daß mit Gor-
batschows Einwilligung nicht das System Menschlichkeit, sondern
sein Führer Einsicht in dessen Unvermögen bewiesen hat, allein
mit der Katastrophe zurandezukommen. U n a b h ä n g i g davon,
was deren Leiter t u n, steht eben so oder so unser unbestech-
liches Urteil über das andere Lager objektiv fest.
Pluspunkte konnten daher Gorbatschow für seine Entscheidung, un-
sere Helfertrupps scharenweise und ohne Visakontrollen nach Arme-
nien einfliegen zu lassen, nicht groß verbucht werden. Schließ-
lich k o n n t e er gar nicht anders handeln:
"Wenn Not die Grenzen öffnet..." (Stern),
ist s i e das Subjekt der Lage und der führende Mann der Welt-
macht Nr. 2 lediglich deren Vollzugsorgan. Kein politischer Ent-
schluß also, sondern die blanke Selbstverständlichkeit. Einer-
seits. Andererseits ganz schön blamabel:
"Die Weltmacht in Ohnmacht... Die Sowjetunion, so müßte man an-
nehmen, müßte mit der Naturkatastrophe allein fertig werden; aus-
ländische Hilfe dürfte nur Butter auf das Brot der Grundversor-
gung sein. Es ist anders." (FAZ, 2.1.)
Hilfe holen zu m ü s s e n, weil sich die U n f ä h i g-
k e i t, die Katastrophe allein zu bewältigen, aufgrund deren
Ausmaße n i c h t m e h r wie zu Stalins Zeiten v e r-
h e i m l i c h e n l ä ß t - verdient allenfalls folgende
Anerkennung:
Gorbatschow hat "auf den geradezu archaischen Heroismus der
Schwäche verzichtet und dem für dirigistische Systeme typischen
Wahn abgeschworen, Hilflosigkeit zu kaschieren und Nöte nicht
einzugestehen." (Stern, 15.12.88)
Jetzt ist der untypische Oberdirigist zwar seinen Wahn los, dafür
aber bloß noch schwach und kein bißchen heroisch mehr. Falls er
sich beim Grenzen-Öffnen aber doch was gedacht haben sollte, kann
er nur im Sinne des Erfinders folgender "List" gehandelt und die
westliche Hilfe als Nachhilfeunterricht in Sachen Effektivität
für sein in dieser Hinsicht ziemlich zurückgebliebenes Volk geor-
dert haben - der alte Zyniker!
"Indem Gorbatschow ungehindert westliche Hilfe ins Land strömen
läßt, zeigt er seinen Leuten, wie die Sachen ordentlich erledigt
werden müssen, wie sein Volk lernen muß, die Dinge richtig anzu-
packen, wie sehr sie sich anpassen müssen, damit alles so funk-
tioniert, wie es eigentlich sollte. In gewisser Hinsicht setzt er
vorsätzlich die westliche Effektivität der russischen gegenüber."
(vermutet Allen Lynch, Vizedirektor am Institut für Ost-Westliche
Sicherheitsstudien in New York - laut "Time" 52/88)
Die westliche Hilfe: Goodwill, gut organisiert...
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"Der größte Teil der Kritik an allem und jedem, angefangen bei
der nicht-vorhandenen Planung bis hin zu den Schundbauten, kam
von den Russen selbst, nicht aus dem Westen, der den Armeniern
zeigen zu wollen schien, wieviel Mitleid wir uns abzapfen lassen,
sofern Moskau einfach zugibt, daß es Hilfe braucht." (Time 52/88)
Ja, so sind wir! Man braucht uns bloß anzustechen und schon quel-
len wir vor Hilfsbereitschaft über. Gehässige Bemerkungen über
unseren Gegner haben wir nicht nötig. Erstens nie - denn die
Feindbildpflege ist im Osten zu Hause; und zweitens jetzt schon
gleich gar nicht, wo wir uns in unserer Kritik "an allem und je-
dem" hinter dem Eisernen Vorhang auf so gut wie alle Angehörige
des dort ansässigen Menschenschlags berufen können.
Wir pflegen nicht die Hetze, sondern verstehen uns auf die Kunst,
den Gegner dadurch zu beschämen, daß wir ihn keines Blickes wür-
digen. So erscheinen unsere Vorzüge in um so vorteilhafterem
Licht: Wir helfen - selbst dem Feind. Den Menschen des gegneri-
schen Systems machen wir keinen Vorwurf draus, dessen Opfer zu
sein - sondern bestärken sie mit unserer Hilfe nach Kräften in
dieser Auffassung. Und was der Planwirtschaft an Planung mangelt,
schicken wir als Organisation von Freiwilligen, technisch bestens
gerüstet, über die Grenze. Auch ohne den Feind durch die Überle-
gung zu kränken, ob er im umgekehrten Fall uns helfen wollte,
wozu er gar nicht imstande ist, entwaffnen wir ihn durch unser
zupackendes Helferwesen: Die Konfrontation mit dem positiven
Spiegelbild seiner selbst muß selbst ihm zu denken geben. Und
nicht erst an Meldungen wie:
"Er (Sayn-Wittgenstein) 'rechne damit', daß das Rote Kreuz über
Monate, vielleicht Jahre den Wiederaufbau in Armenien überwache."
(FAZ, 2.1.),
wird klar, wie unsere Hilfe gemeint ist. Als Demonstration unse-
rer durch und durch positiven Art: selbstlos, grundgütig, nicht
ohne Mumm und im Besitz aller notwendigen Mittel, um die unter-
jochten Bestandteile der Menschheit von unserer Sorge um sie zu
überzeugen.
... und ihr Preis:
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Enthüllung katastrophaler östlicher Unfähigkeit
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Einerseits ist für uns die Tatsache westlicher Hilfe soviel wie
der Beweis, daß die Russen dazu nicht in der Lage sind. Berichte
über das segensreiche Wirken des "harten Arbeiters: Botho Eber-
hard Ernst August Chlodwig Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohen-
stein", der nur das Eine will:
"Er will helfen." (FAZ, 3.1.),
sprechen also für sich. Andererseits brauchen wir uns deshalb das
Vergnügen von Frontberichten nicht entgehen zu lassen, die scho-
nungslos zu Tage fördern, was die Russen nicht länger verschwei-
gen konnten, als sie uns einreisen lassen mußten. E r s t e n s
entpuppt sich ihre Hilflosigkeit bereits durch die blanke
S c h i l d e r u n g, wie's nach der Katastrophe dort zugeht -
einfach katastrophal:
"Kompetenzgerangel. Fehlgeleitete Hilfslieferungen, von Flücht-
lingen, Hilfswilligen und Schaulustigen verstopfte Verkehrs-
wege... Plünderungen - nichts von all dem konnte Grob (= der rus-
sische Zivilschutz) verhindern.
Tagelang kampierten Versprengte und Verletzte unversorgt bei mi-
nus 10 Grad, von Lagerfeuern spärlich erwärmt, zwischen den Trüm-
mern ihrer Städte, brachen mit bloßen Händen Beton, weil schweres
Gerät zur Befreiung Verschütterter nicht herbeigeschafft werden
konnte. Dutzende zerstörter Dörfer wurden überhaupt erst nach
ein, zwei Wochen entdeckt." (Der Spiegel 1/89)
Wer meint, Katastrophen brächten es nun mal mit sich, daß hinter-
her ein Durcheinander herrscht, Straßen versperrt, der Transport
erschwert und die Leute im Weg rumstehen, macht sich die Sache zu
einfach. Der Witz dieser Katastrophe besteht darin, daß sich so
gut wie jede Wirkung des Erdbebens bei richtiger Planung und Or-
ganisation hätte vermeiden lassen. Wenn die Einsatzleitung nicht
dazu imstande ist, das Erdbeben ungeschehen zu machen und dessen
Folgen unmittelbar verschwinden zu lassen, so liegt hier wieder
einmal ein typischer Fall von Versagen vor.
Z w e i t e n s haben wir alle russischen Aktionen an dem Maß-
stab zu messen, der für unsere zuständigen Organe in der Kata-
strophenbewältigung einzig und allein ausschlaggebend ist: Wird
den Betroffenen g e h o l f e n? Und siehe da:
"Auf Hilfe vom Staat können sie vorerst nicht hoffen. 'Behörden-
vertreter waren bei uns und haben uns registriert', sagen sie.
'Aber Hilfe haben wir noch nicht bekommen.'" (Süddeutsche
Zeitung, 27.12.88)
"12000 Soldaten hat Gorbatschow nach dem Beben nach Armenien ge-
schickt. Sie sollen helfen. Meist aber sehen sie, die Kalaschni-
kow im Arm, tatenlos den verzweifelten Anstrengungen der Bevölke-
rung zu, wenigstens kleinste Habseligkeiten aus den Trümmern zu
sortieren." (FAZ, 2.1.)
Wer meint, daß die russischen Behörden die Katastrophe so ähnlich
handhaben wie die hiesigen: Streitkräfte sorgen dafür, daß sich
keine Unruhe ausbreitet und machen eine Bestandsaufnahme des
Schadens, wozu sie dann Hilfe sagen - liegt eben völlig falsch.
Freund und Helfer darf sich nun mal nicht jeder nennen.
D r i t t e n s offenbart sich uns das generelle Unvermögen des
russischen Systems an der Katastrophenbewältigung in jeder belie-
bigen Hinsicht. Weder gehen sie militärisch straff an die Sache
ran, so wie bei uns die zivilen Hilfsdienste:
"Aus der schwerfälligen Massenorganisation (des Zivilschutzes)
wurde keine schlagkräftige Schutztruppe." (Der Spiegel 1/89)
Noch kann hier der einzelne spontan sein Bestes geben:
"Das Fehlen ziviler Technik, privater Professionalität, organisa-
torischer Vorsorge und staatsbürgerlicher Entscheidungskraft..."
(Die Zeit, 16.12.88)
Soldatische Tugenden und wahre Individualität sind Fremdworte in
einem Land, wo Nieten vorprogrammiert und das einzig greifbare
Ergebnis der nichtvorhandenen Planung sind. Der ganze Abgrund der
Unfähigkeit kommt aber v i e r t e n s zum Vorschein, wenn
"die" sich nicht einmal als Handlanger unserer Hilfsaktion nütz-
lich zu machen verstehen:
"... die schaffen es nicht einmal, den armen Leuten Zelte und
Decken auszuhändigen." (Der Spiegel 1/89),
die wir ihnen herbeigeschafft haben!
"Daß eine internationale Luftbrücke der Funkbrücke folgte, daß
sie den Leben erhaltenden Nervenstrang bedeutet..." (FAZ, 2. 1.),
zeigt, daß w i r den Laden schmeißen und dem Tod Einhalt gebie-
ten. Die russische Hilfe ist schon deshalb so gut wie nicht vor-
handen, weil sie nicht klappt. Wenn sie sich bemerkbar macht, so
allenfalls störend und als B e h i n d e r u n g unserer Be-
mühungen: Das entnehmen wir dem Absturz der beiden Flugzeuge auf
dem völlig überlasteten Flughafen in Eriwan - und nicht etwa, daß
da auch etliche russische Flugzeuge einiges an Material ange-
schleppt haben müssen. Kein Zweifel, wer sich aufgrund
"struktureller" Unfähigkeit helfen lassen muß w i e ein Ent-
wicklungsland, der i s t eines:
"Die Sowjetunion - ein Entwicklungsland."
Apocalypse now!
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Mit dem politischen Ertrag unserer reinen Nächstenliebe wären wir
ganz zufrieden, wenn da nicht noch "der militärische Wasserkopf"
wäre - und der muß weg. Die Spekulation über mögliche Folgen der
Katastrophe kann uns niemand verwehren - zumal nicht wir zu ver-
antworten haben, wenn das Erdbeben Unabsehbares in der So-
wjetunion heraufbeschwört. Uns schwant, daß "die Agonie einer Re-
gion" sich "zur Apokalypse eines Systems" (Die Zeit, 16.12.88)
weiten wird, denn Erdbeben haben zu ihrer kundigen Deutung schon
immer nach einem Orakel verlangt:
"Ein Menetekel? Zu allen Zeiten und unter allen Völkern haben
Erdbeben als Vorboten noch schlimmerer Begebenheiten gegolten.
Auch wer sich gefeit glaubt gegen Aberglauben..." (Süddeutsche
Zeitung, 9.12.88),
dem drängen sich doch die wundersamsten s t r a t e g i-
s c h e n Folgen dieser Naturkatastrophe völlig zwanglos und
ganz von selbst auf:
1. werden die zur Bewältigung der Katastrophe erforderlichen Ko-
sten einer Ökonomie den Rest geben, die schon jetzt am Krückstock
geht, den Schlag von Tschernobyl noch nicht verdaut hat; zu den
Einkommensverlusten aus dem sinkenden Ölpreis summieren sich we-
gen der Wodkakampagne die verminderten Alkoholsteuereinnahmen -
und Armenien fällt sowieso erst einmal ganz aus (nach "Time"
51/88). Falls der völlige Zusammenbruch der Wirtschaft dem System
nicht den Todesstoß versetzt, schaufelt es sich
2. mit dem bankrotten Zustand seines Zivilschutzes verdienterma-
ßen das eigene Grab:
"Wie maßlos Moskaus angeblich so effektive Schutzvorkehrungen für
den Krieg im Westen überschätzt wurden...",
zeigt ein Blick auf diese Organisation als "hohle Fassade", die
nicht einmal unter Friedensbedingungen ihrem Auftrag nachzukommen
imstande ist:
"Dabei ist der Rest des Landes völlig intakt, es gibt keine
Strahlung, kein vergiftetes Wasser... Dagegen sind die Schäden
eines konventionellen Kriegs oder gar eines begrenzten Atomkriegs
doch von einer ganz anderen Größenordnung. Kaum auszudenken, wenn
so etwas gleichzeitig in den 200 größten Städten passiert." (Der
Spiegel 1/89)
Wer aber auf so etwas nicht warten will, darf 3. die Vermutung
äußern:
"Nach einem Erdbeben kann politische Unruhe in Armenien aufkom-
men." (Time 1/89)
Denn dank unserer Bemühungen zeichnet sich 4. eine generelle Auf-
weichung der geknechteten Mannschaft schon mehr als deutlich ab:
"In Eriwan werden die fremden Flugzeuge und die Helfer mit Sehn-
sucht erwartet... Die Dankbarkeit der Bevölkerung ist grenzen-
los... Niemand sagt es, aber jeder weiß es: Das Bild von den
'Klassenfeinden' aus dem Westen... wird nie wieder glaubhaft
sein." (FAZ, 30.12.88)
Und schon bricht mit dem Feindbild auch der gesamte Osten zusam-
men. Wie gut, daß wir kein Feindbild haben!
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