Quelle: Archiv MG - BRD KIRCHE - Vom Mißbrauch des Verstandes durch den Glauben


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       Evangelische FHS
       
       Prof. Brück, "Einführung in die Sozialpolitik"
       

VOM ZYNISMUS EINES MENSCHENFREUNDES

Am letzten Dienstag hieß das Thema "Internationale Sozialpoli- tik". So um 9 Uhr 40 steht Prof. Gerhard BRÜCK am Pult und gibt - er hatte dabei nicht nur das Kruzifix an der Wand, sondern auch seine geballte gute Meinung vom humanitären Auftrag der Bonner Sozialpolitik im Rücken - folgendes Klagelied von sich: "Was denken Sie, meine Damen und Herren, wie ungeheuer schwierig es ist, die Errungenschaften hiesiger Sozialpolitik in Drittlän- der zu exportieren. Nehmen Sie nur den Versuch, in einem Land wie Marokko die Kindersterblichkeit senken zu helfen. Sie können sich wohl kaum vorstellen, welche Probleme das mit sich bringen kann. Solch ein künstlicher Eingriff in die landesüblichen Sterbege- wohnheiten könnte zu einer empfindlichen Störung des biologischen Gleichgewichts führen. Und das hieße Überbevölkerung. Dies bedeu- tete dann, daß viele junge Mädchen von ihren Familien verstoßen werden müßten und in der Prostitution oder in billigst bezahlten Teppichknüpfereien landeten. Wenn man auf der anderen Seite ver- suchen würde, Kompensation zu schaffen - etwa im Sinne einer ge- zielten Familienpolitik, d.h. Geburtenkontrolle -, schüfe auch dies Riesenprobleme: man käme in einen Konflikt mit den dortigen religiösen Traditionen des Islam! Das gäbe einen Aufstand! Wenn man nun aber ein Umerziehungsprogramm gegen religiöse Vorurteile vorhätte, dann wäre erst recht der Teufel los: dann beraubte man die dortigen Massen der stabilisierenden Funktion der Religion - und was das bedeutet, das sieht man ja an Rotchina. Sie sehen also, meine Damen und Herren: welchen Vorschlag sollte man da vom IAA unterbreiten??" (alles sinngemäß) Wem es nicht schon längst aufgefallen war, der konnte hier end- gültig bemerken, wie schmierig und abgebrüht er in der Tat ist, der professionelle Idealismus vom ach so wohltätigen und mensch- heitsbeglückenden Auftrag der Sozialpolitik, den dieser Mann Wo- che für Woche predigt: - Es ist schon eine Leistung, einem Staat wie der BRD den edlen Zweck zuzuschreiben, fremden Staaten deren verhungerte oder sonstwie dezimierte Kinder zu retten. Als ob solches Elend ohne die ökonomisch-politische Zurichtung solcher Landstriche zu bil- ligen Rohstofflieferanten des marktwirtschaftlichen Reichtumska- russells hierzulande jemals zustandegekommen wäre, als ob die to- ten Kinder dort nicht Produkt der internationalen Aktivitäten von Staaten wie der BRD wären! Und als ob nicht längst in der Zeitung zu lesen wäre, daß Entwicklungshilfe - die Herr BRÜCK offensicht- lich zum Export der Sozialpolitik rechnet - vor allem einer Sache 'helfen' soll: nämlich der "Stabilität" solcher Staaten wie Ma- rokko in Bezug auf alles, was man hierzulande mit ihnen vorhat! - Mindestens ebenbürtig ist BRÜCK's Kunststück, dieses vermeint- liche humanistische Anliegen des Imperialismus an lauter Hinder- nissen scheitern zu lassen, einen wahren Teufelskreis von "vorgegebenen Sachzwängen" zu erfinden, vor dem noch jeder denk- mögliche Einfall, wie man doch noch wohltätig zum Zuge kommen könnte, in die Knie gehen muß. Als ob dortige Bevölkerungszahlen ein biologisches Gesetz wären, als ob das Überzähligsein so manch eines 'Dritt-Welt'-Menschen nicht ausschließlich damit zu tun hätte, daß er in der dortigen Wirtschaftsweise - die, wie gesagt, vorn Imperialismus eingerichtet wurde und aufrechterhalten wird - weder als zu benutzende Arbeitskraft vorgesehen ist noch als je- mand, der wenigstens auf einen so miesen Lebensunterhalt Anspruch erheben könnte, wie er hierzulande üblich ist. - Zuguterletzt ist es aber auch durchaus verräterisch, wie lässig der Propagandist idealistischer Vorstellungen von Sozialpolitik diese daran relativiert, was er als allerselbstverständlichstes und unantastbares Anrecht von Staaten wie der BRD ansieht: die Stabilität pro-westlicher Länder darf natürlich nicht in Frage gestellt werden, Unruhe und ungeordnete Verhältnisse dürfen nicht sein! Dann schon lieber die Borniertheit islamischer Massen - und sei es um den Preis des Verreckens! Man sieht also: mit dem Idealismus seines Faches, Sozialpolitik wäre wunder wie menschenfreundlich inspiriert, soll in gar keiner Weise an den herrschenden ökonomischen und politischen Spielre- geln gerüttelt werden, die dem Hohn sprechen. Mit einer profes- sionellen Träne im Knopfloch berichtet Herr BRÜCK von tragischen Schranken, die man leider nicht infragestellen dürfe. Irgendwie scheint der Mann in die Aufgabe verliebt zu sein, das gute Gewis- sen des internationalen Kapitalismus zur Schau zu stellen. Sein Hochhalten der Idee sozialpolitischer Menschheitsbeglückung scheint sich zur Realität der staatlichen Aktivitäten, wie sie Lambsdorff, Blüm, Warnke et al. betreiben, ungefähr so zu verhal- ten, wie die Wandmalereien im New Yorker UNO-Gebäude - von denen der alte Angeber kennerhaft berichtet hat - zu dem, was dort tatsächlich gespielt wird. zurück