Quelle: Archiv MG - BRD KIRCHE - Vom Mißbrauch des Verstandes durch den Glauben


       zurück

       Münchner Hochschulzeitung Nr. 11, 17.02.1982
       

KULTURNOTIZEN

Heinz-Oskar Vetter, DGB-Vorsitzender, war letzte Woche beim Papst, um sich mit seiner Heiligkeit über die Notwendigkeiten freier Gewerkschaften in Polen auszutauschen. Überraschendes Er- gebnis: Beide Seiten waren übereinstimmend und ohne Einschränkung dafür, und das, obwohl weder Vetter Katholik noch der Heilige Va- ter ein Arbeiter ist. Nur Polen sind sie zur Zeit beide. Karol Wojtyla, Oberhirte, brach letzte Woche zu einer Reise durch vier westafrikanische Staaten auf. Die "Wahl der Reiseziele" wird als "bedeutsam" bezeichnet (Reuter vom 10. Februar). In Nigeria stößt der Pontifex auf das "Problem" einer "jungen, lebendigen katholischen Gemeinde in einem überwiegend moslemischen Land", in Benin machen dem Vatikan sowohl der "Marxismus" der lokalen Po- tentaten als auch ein verbreiteter "Vodoo-Kult" Sorgen und in Äquatorial-Guinea ebenso wie in Gabun kann der oberste Katholik die immer noch gepflegte Polygamie keinesfalls als afrikanisches Brauchtum goutieren. Zweck der Missionsreise: "Teil der päpstli- chen Bemühungen, die Rolle der katholischen Kirche im Abwehrkampf der Afrikaner, Opfer des Machtkampfs zwischen Ost und West zu werden, zu stärken." Die Macht des Glaubens macht sich also auf eine "Pilgerfahrt über eine Strecke von insgesamt 14.300 km", um den Negern den Glauben an die rechte Macht zu predigen. Sie sol- len sich "weder dem Marxismus noch westlichem Materialismus un- terwerfen". Die Gefahren des letzteren in den Slums von Lagos, Cotonu, Bata und Libreville auszumachen, wird nicht leicht sein und den ersteren gar nicht erst aufkommen zu lassen, da wird der Papst seinen Gastgebern nichts Neues erzählen können. Beides je- doch als eigene afrikanische Art des christlichen Humanismus", noch dazu unter "freiem Himmel" als Messe zelebriert, das ist schon eine Reise wert. zurück