Quelle: Archiv MG - BRD KIRCHE - Vom Mißbrauch des Verstandes durch den Glauben
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Münchner Hochschulzeitung Nr. 16, 07.07.1982
Noch ein Beitrag zu Geist und Gewalt
EIN THEOLOGE FÜR BISMARCK
Am 26. Mai zufällig in "Fundamentalmoral II: Strukturen und mate-
rialer Gehalt einer theologischen Ethik; Sünde und Schuld, Umkehr
und Versöhnung", eine Vorlesung des katholischen Moraltheologen
Professor GRUNDEL geraten, bekam man folgendes zu hören: Daß es
in der Welt sehr auf
Zärtlichkeit
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ankäme und daß man, Matthäus 5.5, der Seligpreisung der Sanftmü-
tigen" die Seligpreisung derer, "die sich nicht durchsetzen woll-
ten", entnehmen solle. Der Professor plädierte lang dafür, daß
man Jesus, Franz von Assisi u.v.a.m. darin folgen solle, mittels
"Zärtlichkeit den Verzicht auf Herrschaft" und "Zärtlichkeit als
herrschaftsloses Verhalten im privaten wie auch im politischen
Bereich" zu praktizieren. Dazu sei "große Ich-Stärke" vonnöten
und (beruhigend): "Wir müssen auch nicht fürchten, daß durch
Zärtlichkeit Sexualität hervorgerufen" würde. Wozu einer Studen-
tin kongenial einfiel, daß man ja auch von einem "zärtlichen
Gott" sprechen solle.
Teil 1 der Vorlesungsstunde bestand also darin, sich die Welt als
Zwischenmenschlichkeit zu denken, der es aus ziemlich unerfindli-
chen Gründen an "Zärtlichkeit" mangelt. Oder anders: Weil so ge-
sehen jeder Mensch sich dem anderen unterordnet, weil er dem Bö-
sen verfallen ist, preist ein Katholik "Zärtlichkeit", "die Exor-
zistin der Herrschaft", als die Tugend.
2. darf man dies aber im "Umgang mit den konkreten Forderungen
der Bergpredigt" nicht mißverstehen. Tolstoi, der mit diesem
Prinzip ernst machte, der die "Forderung zum Gewaltverzicht als
politisches Prinzip" aufstellte, lag schief. Politisch führt das
nämlich zur
Anarchie.
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Er hatte
"eine utopische Vorstellung von einer heilen Welt. Hier wird die
Unheilssituation der Welt übersehen. Schon Bismarck hat gesagt,
mit der Bergpredigt ließe sich die Welt nicht regieren."
So muß man es verstehen: "Die Unheilssituation der Welt" verlangt
politische Gewalt. Und "Zärtlichkeit im privaten wie im politi-
schen Bereich" heißt dann, das Böse in s i c h zu bekämpfen und
sich für alle Taten verantwortlich als Menschenwurm zu schämen.
Der liebe Gott verlangt die christliche Schafsnatur, wie sie der
Staat braucht. Wie fundamental passend!
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