Quelle: Archiv MG - BRD KERNENERGIE AKW-GEGNER - Haben die AKW-Gegner recht?
zurück Die GrünenVOM RECHTSANWALT DER BETROFFENHEIT ZUM STAATSANWALT IN SACHEN ATOMGESETZ
Die Grünen haben im öffentlichen Atomskandal sofort die größte anzunehmende Unterstützung ihrer politischen Linie ausgemacht. Realos und Fundis waren sich einig wie selten. Grüne Lehren aus dem Atomskandal: Für den sofortigen Einstieg in einen Untersuchungsausschuß! Erstens sind die Grünen in Bonn und Wiesbaden radikale Verfechter eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses. Sie sind für den breitesten Untersuchungsauftrag, die umfassendste Aktenein- sicht und die umfangreichsten Zeugenverhöre. Der Anti-Atom-Bewe- gung, aus der diese Partei nicht zuletzt entstanden ist, hat sie gleich alles Nötige mitgeteilt: Als Akteur ist die "Basis" nicht gefragt; als Berufungsinstanz, als "Druck" für die Unterstützung dieser parlamentarischen Grünen-Linie wird sie zitiert. Kritik an der bundesdeutschen Atommacht legen die Grünen gleich dreifach eindeutig fest: 1. Sie gehört zur Entscheidung in die Hände z u s t ä n d i g e r P a r l a m e n t a r i e r. 2. Die sol- len im Rahmen eines von den Parlamentariern d e f i n i e rt e n U n t e r s u c h u n g s i n t e r e s s e s ihres Amtes wal- ten. 3. Sie sollen also prüfen, ob beim staatlich genehmigten Atomgeschäft krumme Dinger gedreht wurden, also G e s e t z e, d.h. s t a a t l i c h e I n t e r e s s e n verletzt wurden. Die Grünen machen sich also verdient um die elementare demokrati- sche Vertrauensseligkeit: Der staatliche T ä t e r verdient un- ser Vertrauen, weil er sich auch noch als Kontrolletti über sich selbst in Pose wirft. Das ist nützlich. Nicht zuletzt für die Grünen: Diese Ausschüsse haben ihnen zur Rolle einer anerkannten Kontrollpartei verholfen. Zweitens haben die Grünen in Sachen Atom von vornherein keinen Zweifel aufkommen lassen, unter welchem Gesichtspunkt sie das Atomgeschäft parlamentarisch untersuchen und kontrollieren wol- len: "Der Antrag der Grünen auf einen Untersuchungsausschuß, realpoli- tisch u n d fundamental präzis, zielte darauf zu klären, ob die Atomindustrie in ihrer Praxis überhaupt mit dem Atomgesetz über- einstimmt." (Hartung in der taz) Grüne Staatsanwälte in Aktion ----------------------------- Nein, die Grünen treten nicht im Namen eines Gesetzes an, das sie als Schutzrecht für Leben und Gesundheit der Leute mißverstanden hätten. Dieser Rechtsidealismus "im Dienste des Volkes", nach dem Widerstand gegen das Atomprogramm nicht nur moralisch gerechtfer- tigt, sondern auch noch legitim sein sollte, gehört zu den über- wundenen Kinderkrankheiten dieser parlamentarischen Opposition. Heute treten die Grünen als A n w ä l t e des Atomgesetzes an. Als potentiell Geschädigten kennen sie nur einen: den Staat. Als potentieller Schaden kommt auch nur eine Sorte in Frage: der Bruch seines Rechts. Wobei es offenbar gar nicht stört, daß das Atomgesetz außer der s t a a t l i c h e n G e n e h m ig u n g d e r A t o m i n d u s t r i e nichts regelt und schützt. Und damit ist von der radioaktiven Vergiftung der AKW-Anwohner bis zum GAU alles unter staatlichen Schutz gestellt. Bei aller Realpolitik, nach der sich demokratisch nur ablehnen läßt, was das Gesetz selbst verbietet, werden die Grünen drittens hierbei sehr fundamentalistisch und radikal. Getreu der Stamm- tischdevise, 'Die Kleinen fängt man, die Großen läßt man laufen!' fragt Schily: "Wo bleibt die bundesweite Fahndung, warum wird nicht wegen einer kriminellen Vereinigung ermittelt?" Die Grünen meinen diese Retourkutsche gegen den Terroristen- und Autonomenjäger Zimmermann bitter ernst. Bei Verstößen gegen das Atomgesetz sehen sie mehr als einen Verstoß gegen ein Gesetz, nämlich den Angriff auf die Souveränität des Staates. Sie sehen sein Gewaltmonopol herausgefordert, und rufen nach seiner Durch- setzung: "Der Kampf zwischen Atomstaat und Rechtsstaat ist voll ausgebro- chen... Jetzt wird entschieden, was in diesem Land der Atomstaat im Staat machen darf... Für den herrschenden Atomstaat ist offen- bar der Atomwaffensperrvertrag - immerhin eine Grundlage der Au- ßenpolitik - Makulatur. Was braucht es eigentlich mehr, damit Parlamentarier begreifen, daß es sich hier um eine Staatskrise handelt?" (Hartung in der taz) So geht grüner Rechtsidealismus '88: Das Recht wird nicht länger als M i t t e l für den N u t z e n der Unterprivilegierten mißverstanden. Das Recht ist der Nutzen - weil und solange es sich k e i n e m Interesse beugt oder dienstbar macht. Ein S t r a f z e t t e l für die NUKEM-Manager, das ist die Gerech- tigkeit, die die Grünen einem verknackte Ladendieb oder Sozial- fall widerfahren lassen wollen. zurück