Quelle: Archiv MG - BRD KERNENERGIE ALLGEMEIN - Von der strahlenden Gegenwart


       zurück

       Die Regierung stellt klar:
       

DIE ATOMPOLITIK GEHT WEITER, KOSTE ES, WAS ES WOLLE

"Wallmann: Gutachten ändern nichts an der Energiepolitik der Bun- desregierung Die Bundesregierung ist auf deutliche Distanz zu zwei Gutachten gegangen, die voll in der Aussage übereinstimmen, daß ein Aus- stieg aus der Kernenergie in einem absehbaren Zeitraum ohne gra- vierende wirtschaftliche Probleme möglich ist.... Der Minister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Walter Wallmann, vertrat die Ansicht, man dürfe sich jetzt nicht opportunistisch verhalten. Die Regierung werde ihre Energiepolitik nicht ändern. Es bleibe dabei, daß die Nutzung der Kernenergie in vollem Um- fange verantwortbar sei. ... Bundeswirtschaftsminister Martin Bangemann hatte die Institute beauftragt, die qualitative und so- weit möglich quantitative Abschätzung der kurz- und langfristigen Wirkungen eines Ausstiegs aus der Kernenergie zu untersuchen." (Süddeutsche Zeitung, 4.9.) So ist das. Erst beauftragt die Regierung nach Tschernobyl Wis- senschaftler mit einem Gutachten, um propagandistisch ihre ernst- hafte Prüfung energiepolitischer Alternativen zu demonstrieren. Die Wissenschaftler nehmen sich auch prompt die vorgegebene Fra- gestellung zu Herzen, gehen also von der gutgläubigen Annahme aus, die Auftraggeber seien an einem 'Ausstieg' ehrlich interes- siert. Sie machen sich auch gleich die politischen Vorgaben zu eigen, die deutsche Wirtschaft und die Staatskasse dürften keinen Schaden nehmen, politische Alternativen seien deshalb furchtbar problematisch und schwierig. Schon rechnen sie, was das Zeug hält, und kommen zu dem Ergebnis, daß trotz allem mit einigem mehr an Kosten für die Bürger und einigen Kohledreckschleudern mehr (zuviel Filter sind ja bekanntlich einfach nicht zu bezah- len!) der Verzicht auf Kernenergie "langfristig möglich" ist. Diese Rechnung überweisen sie zur geflissentlichen Erwägung an ihre Auftraggeber. Denen ist aber wiederum d i e s e s Ergebnis ihrer Auftragsstu- dien gar nicht recht. Schließlich haben sie die Behauptung, ohne nationale Schäden an Wirtschaft und Energieversorgung könne par- tout nicht auf die strahlende Technik verzichtet werden, extra erfunden, weil ihnen dieser zukunfts- und waffenträchtige Indu- striezweig so am Herzen liegt. Und außerdem hatten sie zur Si- cherheit extra ein regierungsgenehmes Wissenschaftlerteam aus Es- sen mitbeauftragt, damit auch das gewünschte Ergebnis zustande- käme. Prompt verkünden nun die Bonner Herren schlicht und ergrei- fend, daß sie sich natürlich nie und nimmer ihre schweren Ent- scheidungen durch die Wissenschaftler diktieren lassen. Lieber lassen sie die Lüge von der Un m ö g l i c h k e i t des Aus- stiegs fallen und berufen sich auf den eigenen Un w i l l e n, von Kernspaltung und Plutonium zu lassen. Das nennen sie dann Prinzipienfestigkeit contra 'Opportunismus'. Die bisher behaupte- ten Sachzwänge und die bescheidenen Ratschläge der Wissenschaft gelten eben gar nichts, wenn sie nicht mit den politischen Ab- sichten zusammenpassen. Wissenschaftliche Autoritäten, bisher im- mer als Berufungsinstanz gut, gelten unversehens nur noch als un- maßgebliche Gutachter mit beschränktem Blickwinkel und mangelnder Objektivität - und sind öffentlich nur noch die Hälfte wert: näm- lich nur noch für die Opposition gültig. Politiker lassen sich also nie und nimmer an den von ihnen gerade in die Welt gesetzten Ideologien messen und schon gar nicht an deren wissenschaftlichen Wurmfortsätzen, sondern sie erfinden sich ihre Propagandalügen je nach Konjunktur und Absicht. Außer daß die Atompolitik ungebrochen vorangeht und außer daß die SPD diese unverhoffte Wahlwerbung begrüßt, haben die Gutachten der Ausstiegsrechenkünstler deshalb nur eins bewirkt: Einen Streit in der Koalition, wie es zu der Panne kommen konnte, daß ein solches Gutachten überhaupt in Auftrag gegeben und dann einfach veröf- fentlicht werden konnte, ohne daß die Regierung vorab Gegenpropa- ganda betreibt. Sowas gehört doch schleunigst unter Verschluß da- mit gar nicht erst Zweifel an der Regierung ausgerechnet in ihrem eigenen Auftrag geschürt werden. Ein entsprechendes Gegengutach- ten wird wohl nicht lange auf sich warten lassen. Z.B. aus den Reihen der Atomingenieure... Damit der einfache Mann dann wieder weiß, daß alles ziemlich umstritten ist und die Politiker letzt- lich allein die schwere Last der Verantwortung für deutsche Atom- politik tragen. zurück