Quelle: Archiv MG - BRD KERNENERGIE ALLGEMEIN - Von der strahlenden Gegenwart
zurück Wissenschaftler vor der AtomfrageWAS GIBT ES AN DER KERNSPALTUNG AUSZUSETZEN?
Nach der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl ist die T e c h n i k der Wärmegewinnung aus Kernenergie ins Gerede gekommen. Ihre Brauchbarkeit, "Beherrschbarkeit" und Tauglichkeit überhaupt wurde prinzipiell angezweifelt. Debatten dieser Art sind schon eine Ausnahme. Normalerweise in- teressiert die Tauglichkeit eines technischen Verfahrens diejeni- gen, die es für ihre Zwecke benützen wollen. Ausgerechnet denen waren die vielen skeptischen Nachfragen nach der Zweckmäßigkeit der Technologie, die sie anwenden, aber gar nicht eingefallen und auch gar nicht recht. Die sind mit den Leistungen ihrer AKWs "nach Tschernobyl" genauso zufrieden wie vorher. Nach der Seite hin gibt es überhaupt keine Einwände. Leute, die überhaupt nie in die Verlegenheit kommen, aus einer ordentlichen Kernspaltung ihren Nutzen zu ziehen, haben Zweifel an den dabei angewandten Techniken erhoben. Das hat seinen guten Grund - neben manchen anderen, auch schlechten Gründen - in einer Eigentümlichkeit dieser Sorte Energieproduktion. Eine Technologie zur Sortierung erwünschter ------------------------------------------- und zu vermeidender Wirkungen ----------------------------- Das gewünschte Ergebnis zu erzielen, ist nämlich für versierte Ingenieure so schwierig nicht; bei Wiederaufbereitungsanlagen versichern die Betreiber schon gleich zurecht, daß die paar Schritte der chemischen Uran- und Plutonium-Extraktion eine leichte Kunst sind im Vergleich zu dem, was Chemiebetriebe heut- zutage sonst alles auseinanderanalysieren und zusammensyntheti- sieren. Der Haken ist nur, daß die Probleme des Umgangs mit ato- marem "Brennstoff" damit nicht erledigt sind, sondern in gewisser Weise erst anfangen. Der viel umfänglichere und schwierigere technische Aufwand ist dazu nötig, die arrangierten Produktions- abläufe erstens absolut störungsfrei zu gestalten und zweitens nach außen hin total abzuschirmen. Gewisse naturgesetzliche Wir- kungen der eingeleiten Kernspaltungsprozesse müssen nämlich tech- nologisch unterdrückt und unschädlich gemacht werden weil die sonst die energieproduzierende Kettenreaktion leicht zu einer Ex- plosionskatastrophe geraten lassen und außerdem gesundheitsschäd- lich bis tödlich sind. Um diese Auswirkungen außzuschließen, wären eine 100-prozentige Funktionssicherheit aller Geräte, einschließlich ihres Materials und mitsamt ihren Bedienungsmann- schaften, sowie ein Werkstoff vonnöten, der Radioaktivität von der zur industriellen Wärmeerzeugung nötigen Stärke sicher einschließen könnte. Vom verrückten Ideal 100-prozentiger Funktionssicherheit... ----------------------------------------------------------- Nun sind allerdings zum einen die Künste der Werkstoff-Technolo- gie und die Wirkungweise kernphysikalischer Prozesse einigermaßen inkommensurabel; mit den Mitteln der ersteren ist die erzeugte Radioaktivität nicht zu neutralisieren, nur abzuschwächen. Es ist eben kein Zufall, daß die atomare Energieproduktion zuerst als Bombe Verwendung gefunden hat; als Zerstörungstechnik taugt sie am allerbesten, ohne jede Einschränkung; als Zerstörungstechnik taugt sie am allerbesten, ohne jede Einschränkung. Zum anderen ist das Nicht-Versagen-Können technischer Gerätschaften, ihre 100-prozentige Funktionssicherheit, ein schönes Ideal, aber selbst keine herstellbare technische Leistung: kein Ding leistet den methodischen Dienst, nicht kaputtgehen oder versagen zu kön- nen. Eben deswegen kann man hier so vieles besser oder schlechter machen, kommt es auf m e h r Sicherheit durch b e s s e r e Qualität an. Die Vorkehrungen, die eigentlich nötig wären, um aus der industriellen Kernspaltung nur die gewünschten Effekte - enorm viel Hitze - zu erhalten und nicht die schädlichen und ris- kanten, sind daher nicht zu haben. ...zur Technologie des relativ Besten... ---------------------------------------- Das hindert die praktizierenden Energiewirtschaftler in Ost und West allerdings nicht daran, AKWs in Gang zu setzen und sich bei der Technologie, die die schädlichen Wirkungsketten neutralisie- ren soll, mit einem "so gut es eben geht" zufriedenzugeben. Sie verdoppeln und vervierfachen die technischen Geräte, auf die es zur Vermeidung von "Zwischenfällen" mit ihrer AKW-eigenen kata- strophalen Perspektive ankommt; sie stülpen Stahlkessel über das Ganze: sie verbauen massenhaft Blei und Beton. Und immerzu folgen sie dabei eigentlich gar nicht i h r e m Zweck, aus Atomenergie Dampfkraft für Stromgeneratoren zu gewinnen, sondern dem ihnen auferlegten, rein negativen Ziel, die damit einhergehenden Kata- strophengefahren zum "Restrisiko", die mitgegebenen laufenden Schädigungen zur vernachlässigbaren "Nebenwirkung" herabzusetzen. ...und zur Ökonomie des kostengünstig verringerten Schadens ----------------------------------------------------------- Wann d i e s e s Ziel erreicht, was dafür zu tun ist, ist Sache einer Berechnung, die nicht - wie im Normalfall zweckmäßiger Technologie - den erforderlichen Aufwand mit dem zustandegebrach- ten Ergebnis vergleicht, sondern den in Kauf genommenen Schaden gegen den erzielten Nutzen abwägt. Das geht allerdings nur über einen "Zwischenschritt", in dem Grund und Zweck der gesamten Veranstaltung zutage treten. Katastrophenrisiko und Krankheits- rate auf der einen, Kilowattstunden auf der anderen Seite sind nämlich inkommensurabel; die Unkosten für Vorrichtungen, die "Restrisiko" und "Nebenwirkungen" noch etwas geringer gestalten könnten, und eine rentable Preiskalkulation für Atomstrom passen aber durchaus in dieselbe Bilanz. Das Kritikable an der Atomtechnik: ---------------------------------- Die politische Ökonomie der Zumutung ------------------------------------ Diese Bilanz folgt allerdings einer etwas andersgearteten Logik als beispielsweise ein Mediziner, der die absehbaren Schäden ei- ner radioaktiven Bestrahlung gegen ihren therapeutischen Nutzef- fekt abwägt. Das Interesse am Geschäftserfolg steht am Anfang; um seinetwillen wird überhaupt der widersprüchliche Versuch unter- nommen, Gefahr und Schaden aus der großindustriellen Kernener- giefreisetzung heraußusortieren; an ihm entscheidet sich also auch, wann das gut genug gelungen ist. An ihm liegt es damit aber auch, und n i c h t an irgendwelchen Tücken der angewandten Technik, daß eine dauernde geringe radioaktive Verseuchung von Land und Leuten und die Chance einer ziemlich gigantischen bei der Stromerzeugung herausschauen. Diese schönen Errungenschaften gibt es, weil sie im Interesse der Energiewirtschaft und -politik a l s N e b e n wirkungen einer rundheraus nützlichen Sache, des nationalen Geschäftslebens eben, definiert sind und in Kauf genommen werden: ein Verfahren übrigens, das den Ökonomen des realen Sozialismus ebenso wie den Verteidigern und Nutznießern der marktwirtschaftlichen Freiheit auch sonst geläufig ist, nämlich immer, wenn sie Armut und Leistung, Dreck und Gift, Erhohlung und "Streß" verordnen - und das tun sie dauernd. So führt die Eigentümlichkeit der Technologie der Kernkraftnut- zung richtig betrachtet zur Kritik des banalen Interesses, dem sie dient. E t w a s a n d e r e s K r i t i k a b l e s i s t a n i h r s c h l e c h t e r d i n g s n i c h t d r a n. Die Deutungsangebote der Wissenschaft: -------------------------------------- Geistige Führung statt Kritik ----------------------------- D a s sieht die bürgerliche Gelehrtenwelt, die durch die russi- sche Katastrophe in heftige Wallungen versetzt worden ist, nun allerdings g r ü n d l i c h a n d e r s. Da merken z.B. Naturwissenschaftler, daß die Eigenarten der Atom- energietechnik auf irgendwie kritikwürdige Kalkulation politöko- nomischer Natur verweisen; doch prompt mißlingt ihnen die fällige Schlußfolgerung, und zwar nicht aus fachlicher Unkenntnis - al- lerdings auch nicht nur aus fachlicher Borniertheit. Von der Kritik zur wohlmeinenden Warnung ---------------------------------------- In einem Artikel, der ansonsten lauter staatseigene Verharmlo- sungsideologien entkräftet, kommt etwa F. Vester zu folgendem Einwand gegen AKWs: "Die Reaktortechnik ist angesichts der heutigen Erkenntnisse eine altmodische Technologie, die mit einem gewaltigen technischen Aufwand letztlich über das Prinzip der Dampfmaschine Strom er- zeugt. Diese Technik ist weder von der langfristigen Materialbe- anspruchung, noch von den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Auswirkungen her beherrschbar und muß daher mit einem ins ufer- lose steigenden Aufwand an Kapital, Sicherheitsvorkehrungen, staatlicher Kontrolle, Entsorgung etc. betrieben werden. Nichts ist teurer als die Kernenergie..." Fast möchte man meinen, der Autor wäre darauf gestoßen, daß die Stromerzeugung in AKWs technische "Probleme" aufwirft, deren "Lösung" auf Kosten von Sicherheit und Gesundheit gehen muß, und hätte damit zu einer Kritik der Elektrizitätswirtschaft gefunden, die sich daraus ihren Geschäftserfolg errechnet; doch ist es so nicht gemeint. Er erinnert nur an das nicht realisierbare Ideal 100-prozentiger Werkstoff- und Sicherheitstechnik, um den reali- sierten "Kompromissen" U n t a u g l i c h k e i t vorzuwerfen - und zwar ausgerechnet für den ö k o n o m i s c h e n Z w e c k des ganzen Betriebs. Er erinnert an die Unbezahlbar- keit i d e a l e r Sicherheitsgarantien, nicht um die locker bezahlten wirklichen Sicherheitsstandards dafür zu k r i t i- s i e r e n, daß sie nichts als die Interessen der AKW-Betreiber garantieren, sondern gerade umgekehrt: um die AKW-Betreiber vor einer angeblich drohenden Unkostenflut zu w a r n e n. Ein bißchen b l a m i e r e n will er sie auch, weil ihnen für so etwas Kompliziertes wie die Kernenergiefreisetzung nur so ein simpler Verwendungßweck wie das Wasserkochen einfällt - aber das ist erst recht alles andere als eine Kritik der K a l k u- l a t i o n, die auf diese "altmodische" Weise prachtvoll a u f g e h t. Es ist der Gestus des ideell verantwortlichen Verwalters aller gesellschaftlichen Unkosten und Reichtümer, mit dem Vester sich hier selber ein bißchen blamiert; vor den t a t s ä c h l i c h e n Kalkulationen der Energiekapitalisten und -politiker nämlich, die bei Kosten, Aufwand und schädlichen Nach- und Auswirkungen gar nicht an den Fetisch "Gesellschaft", sondern daran denken, wie diese Übel an die Massen weiterzurei- chen sind, die in einer modernen Nation allemal für sämtliche "Problemlösungen" zu zahlen, zu arbeiten und anderweitig gerade- zustehen haben. Von der Warnung zur Sorge um den Fetisch Demokratie --------------------------------------------------- Dieselbe Tour, mit einem - viel zu wenig berücksichtigten - ab- grundtiefen Verantwortungsbewußtsein anzugeben, wo mal ein biß- chen Kritik angebracht wäre, beflügelt Vesters Kollegen R. Jungk, den altgedienten Katastrophenfanatiker, zu Warnungen noch weit größeren Kalibers: "Mit der technischen Nutzbarmachung der Kernspaltung wurde der Sprung in eine ganz neue Dimension der Gewalt gewagt. Zuerst richtete sie sich nur gegen militärische Gegner. Heute gefährdet sie die eigenen Bürger. Denn "Atome für den Frieden" unterschei- den sich prinzipiell nicht von "Atomen für den Krieg"... Die Angst vor den Folgeschäden der außer Kontrolle geratenen Kern- kraft wird zur denkbar größten Belastung der Menschheit... Aber diese Erfindung muß ja zudem so streng wie keine andere vor den Menschen selbst bewahrt werden: vor ihren Irrtümern, ihren Schwä- chen, ihrem Ärger, ihrer List, ihrer Machtgier, ihrem Haß. Wollte man versuchen, die Kernkraftanlagen dagegen völlig immun zu ma- chen, so wäre die unausbleibliche Folge ein Leben voll von Verbo- ten, Überprüfungen und Zwängen..." Die kleine Einsicht, daß die Freisetzung von Atomenergie fürs Zerstören erfunden worden ist und für diesen Zweck am besten taugt, läßt den Autor gleich den Unterschied vergessen zwischen in Kauf genommenen "Folgeschäden" und beabsichtigter Vernichtung militärischer Gegner. "Gewalt" wäre beides, und beidemale sind die vom Menschen 'entfesselten' "Atome" der Grund für ihre beachtliche "Dimension". Diese brutalen Abstraktionen braucht Jungk, um der Menschheit eine Nachteilsrechnung aufzumachen, die über den Gesichtspunkt der unbezahlbaren eigentlichen gesell- schaftlichen Kosten hinaus an die höheren Heiligtumer der Demokratie heranreicht: Er fürchtet um d i e F r e i h e i t im "Atomstaat". Diese Befürchtung lebt von der höchst antikritischen Auffassung, eben der Staat, der u.a. mit AKWs seine Energiepolitik durch- zieht, ließe sich prinzipiell nur aus Fürsorge für seine mora- lisch wackligen Menschenkinder zu Verboten und Zwangsmaßnahmen herbei. Für diese Menschenfreundlichkeit soll die "atomare Ge- walt" zur tragischen Falle werden: Damit sie nicht mit diesem gi- gantischen Streichholz zündeln, muß die Obrigkeit wider Willen ihr schönstes Geschenk an ihre Untertanen zurücknehmen, nämlich die Freiheit, die sie zwischen allen Gesetzen und Überprüfungen "noch" gewährt. Auf eine solche Eloge auf den demokratischen Noch-nicht-Atomstaat ist selbst Robert Jungk nicht wegen der Atomkraft und ihrer Schädlichkeit verfallen - die Liebe zu den Idealen der Demokratie ist mit ihm durchgebrannt. Von verantwortungstriefenden Sorgen zur puren Demonstration trie- fender Verantwortung Der Präsidentenbruder C.F. von Weizsäcker fängt bei seinen Beden- ken gegen die Atomkraft gleich mit "dem Menschen" an - einem mo- ralisch armseligen Wicht, darin ist er sich mit Denkern wie Jungk einig. Zur Abwechslung nimmt er diese Kreatur aber nicht als den Schutzbefohlenen wohlmeinender Staatsaktivitäten, sondern als den eigentlichen Urheber staatlicher Zerstörungswut. Er will nämlich darauf hinaus, daß nicht die Atomkraft oder deren politische Si- cherung "den Menschen", sondern dieser die Atomkraft gefährdet - jene Errungenschaft, für die Weizsäcker sich einst wirksam einge- setzt hat und an der er auch heute noch nichts auszusetzen findet. Wäre da eben nicht noch so eine seltsame Gewohnheit am Menschen: "Freilich hatte ich schon um 1968 schlaflose Nächte wegen des Schutzes kerntechnischer Anlagen im Falle eines Kriegs... Ich kann und will nicht ausschließen, daß in einer fernen Zukunft die Kernenergie der Menschheit noch wichtige Dienste leisten wird. Aber das würde voraussetzen, daß zuvor der Weltfriede politisch und kulturell, d.h. im Verhalten der Menschen, gesichert wäre. Wann das geschehen wird, weiß heute wohl niemand." Ein interessantes Dilemma, das einem Mann wie Weizsäcker viel zu denken gibt. Das denken geht bei ihm so: Er entkleidet seine "Entdeckung" aller real existierenden Inhalte wie Krieg und AKWs und formuliert sie als die Menschheitsgeschichte durchwaltendes Prinzip, das es immerhin erlaubt, bedeutungsschwangere Fragen zu stellen: "Die Frage nach der Sozialverträglichkeit eines Energiesystems heißt: Kann die moderne Gesellschaft die Rückwirkung dieses Ener- giesystems auf ihr Leben ertragen? Also, wenn wir die Schritte zurück noch einmal mustern: ... Kann das irdische Leben die Fol- gen der menschlichen Aktivität ertragen?" Vom Thema Atomkraft bleibt da endgültig nichts mehr übrig als der lächerliche Anschein äußerster Verantwortung, durch Raum und Zeit hindurch, mit dem gediegene Denker sich ihm gefälligst zu widmen haben. Von der Verantwortungsheuchelei zu deren methodischer Feier ----------------------------------------------------------- Diesen Anschein schließlich machen Philosophen vom Fach gleich zu i h r e m T h e m a. Das liest sich dann so: "Dürfen wir, was wir da tun? In unserer abendländischen Tradition fallen Fragen wie diese in die Zuständigkeit der philosophischen Ethik... Es ist zur Gesinnungsfrage geworden, daß man Verantwor- tungsethiker ist... Einer der Ahnväter unseres wissenschaftlichen Denkens, Aristoteles, hatte die Ausgewogenheit zu einem Kriterium für moralische Vertretbarkeit von Handlungen gemacht... Und so könnte auch hier sich moralischer Fortschritt durchaus mit tech- nologischem Fortschritt verknüpfen lassen, wenn auch in einem neuen Sinne. Vermieden wäre so jedenfalls eines: der Ausstieg aus der Ethik und damit aus der Menschlichkeit." (W.C. Zimmerli im "Spiegel") Saudumm wäre es und jedenfalls ganz unphilosophisch, selbst so verkehrte Fragen wie die, ob "wir" weiterhin die Freisetzung von Kernkräften zur Stromgewinnung nutzen sollen oder "dürfen", gera- dehin b e a n t w o r t e n zu wollen. Ihr philosophischer Wert liegt darin, daß sie die Kunst, sie mit dem nötigen Tiefgang zu s t e l l e n und die Bedingungen der Möglichkeit ihrer "ausgewogenen" Beantwortung zu problematisieren, ins Recht zu setzen. Die Idee eines "Ausstiegs aus der Kernenergie" i s t der Einstieg ins Philosophieren. So umstandslos möchte eine Zunft, die davon lebt, dem angeberischen Verantwortungsgetü der gebildeten Menschheit umständlich Recht zu geben, die Reaktorka- tastrophe von Tschernobyl zur Eigenwerbung nutzen. Die banale Wahrheit über AKWs: ------------------------------ Noch ein Stück Kapitalismus - nicht mehr und nicht weniger ---------------------------------------------------------- Leider fällt in der bundesdeutschen Polit-Kultur solcher Unsinn auf fruchtbaren Boden. Die Beunruhigung, die sich nach dem Reak- torunfall zu Wort gemeldet hat - die Vergangenheitsform ist mit Absicht gewählt -, hat sich immer mit der Demonstration von un- endlich viel Verantwortungsbewußtsein ins Recht setzen wollen. Die Schäden, die AKWs anrichten und erst recht anrichten können, wurden zu wahren Weltuntergangsgemälden ü b e r t r i e b e n, als wollte man sich von jedem Verdacht reinigen, "bloß" im Namen des eigenen Interesses, und sei es bloß des Interesses an ein paar Natur b e d i n g u n g e n eines erträglichen Lebens, zu sprechen. Wir halten die Atomkraft n i c h t für "Teufelszeug", einen "prometheischen" Mißgriff, ein welthistorisches Dilemma, ein neu- erliches Paradebeispiel für die uralte Dialektik von Fluch und Segen 'der Technik', oder ähnliches. Der Schaden, den ihre polit- ökonomische Benutzung erstens anrichtet und zweitens in Aussicht stellt, ist geradezu banal. Er paßt zu den widerwärtigen Banali- täten der Klassengesellschaft, die im realen Sozialismus ein lei- der ziemlich kongeniales Gegenbild bekommen hat. Eben deswegen r e i c h t uns die durchaus b e g r e n z t e Schädlichkeit dieses Industriezweigs. Sie ist schon Grund genug, nicht bloß das Philosophieren zu lassen. zurück