Quelle: Archiv MG - BRD INNENPOLITIK INNERE-SICHERHEIT - Vom demokratischen Kontrollwesen
zurück Im Rahmen der Verfassungsschutz-Sendung des Bayerischen Fernse- hens hat der Regensburger Politologe Dr. W. Blum vom Lehrstuhl Prof. HOFMANNDIE STIMME DER WISSENSCHAFT
in den Dienst der guten Staatsschutz-Sache gestellt. Wo die Parole ausgegeben wird, den Staat vor auch nur theoretischer Be- zweiflung seiner volksnützlichen Dienste zu 'schützen', läßt der durch einschlägige Hetzschriften als "Marxismusexperte" ausgewie- sene BLUM sich nicht zweimal vor die Kameras bitten. Damit er- füllt der Mann erstens seine s t a a t s b ü r g e r l i c h e P f l i c h t - aus freien Stücken und wissenschaftlicher Über- zeugung, versteht sich. Zweitens ergreift er die Gelegenheit, endlich einmal die p r a k t i s c h e N ü t z l i c h k e i t seiner sonst so gern mit dem Verdikt weltfremden Theoretisierens bedachten Wissenschaft unter Beweis zu stellen - garniert mit dem profunden Urteil eines verbeamteten Geistes nimmt sich so ein Fahndungsaufruf schließlich gleich ganz anders aus! Und drittens ist nicht zuletzt auch noch der Eitelkeit eines hoffnungsvollen Nachwuchswissenschaftlers Genüge getan, dem der Sprung nach oben in der wissenschaftlichen Hierarchie (noch?!) nicht gelungen ist. (Deren oberste Ränge sind schließlich, das weiß man ja nun dank der gründlichen Recherchen von Staatsschutz und Journaille, fest in der Hand verkappter Revoluzzer im Wartestand!) Wir dokumentieren im folgenden ungekürzt und unzensiert Herrn BLUMs TV - Auftritt und schließen ein paar THESEN an, über die mit uns zu streiten Herr BLUM sich bereit erklärt hat. "Nachdem bereits zwei Hamburger Professoren die Taktik der Marxi- stischen Gruppe als ernstzunehmenden systematischen Angriff auf die Prinzipien der Liberalität im Wissenschaftsbereich qualifi- ziert haben, hat sich jetzt auch ein bayrischer Hochschullehrer zu Wort gemeldet. Frage: Zu welchen Ergebnissen sind Sie gekommen? Blum: Zu relativ eindeutigen. Zunächst einmal ist festzuhalten, daß sich die Marxistische Gruppe - MG - marxistisch nennt, aber ganz offenkundig nicht marxistisch ist. Sie beruft sich auf Karl Marx, lehrt aber durchaus andere Dinge. Frage: Zum Beispiel? Blum: Das ist eine ungeheuer schwer zu beantwortende Frage, weil nahezu jedes Mitglied der MG auf die Frage "Was wollt ihr denn eigentlich?" keine Antwort gibt. Was aber gelehrt wird und was etwa mit dem Marxismus-Leninismus gleich ist, daß ist strengste hierarchische Unterordnung innerhalb der Gruppe. Weiterhin wird das System oder besser: der Staat abgelehnt und es ist etwas ganz Besonderes für die MG, was ich in anderen Zirkeln dieser Art nicht kenne, ein, zugegebenermaßen törichtes, aber immer wieder wiederholtes Gerede von den sogenannten Staatszwecken. Was auch immer das sei, es ist ungeheuer schwer zu beantworten, es wird aber immer und immer wieder von Vertretern der MG gesagt und ge- schrieben, der Staat habe gewisse Zwecke. Dahinter verbirgt sich die Meinung, der Staat unterdrücke den Menschen. Daraus ergibt sich dann notwendig der Aufruf, dieses Gebilde - in unserem Fall die Bundesrepublik Deutschland - von innen heraus zu zerstören. Frage: Wie ernst muß man eigentlich die Zielsetzungen der Marxi- stischen Gruppe nehmen? Blum: Ich bin davon überzeugt, daß es sich nicht um etwas han- delt, was man als politische Spinner oder Sektierer abtun kann, sondern daß dahinter reale politische Ziele stehen. Naturgemäß kann ich nicht sagen, wann diese Ziele - die vorhanden sind - zum Tragen kommen. Aber durch den dauernden und immer wieder wieder- holten Angriff gegen das Wesen des Staates - insbesondere auch durch die Rede, man befinde sich im Vorkriegszustand - ist meines Erachtens klar zu erweisen, daß diese MG politisch werden will, politisch sein will und das heißt auf gut deutsch, dies wohl im Sinne von Marx und Lenin, irgendwie wohl auf die Revolution aus- gerichtet ist." 1. Herr BLUM gibt sein U n v e r s t ä n d n i s a l s A r g u m e n t zu Protokoll. Er v e r s t e h t diese Marxi- stische Gruppe nicht, lauter "ungeheuer schwer zu beantwortende Fragen" drängen sich ihm auf. Die will er sich aber nicht erst einmal beantworten, bevor er mit seinen "relativ eindeutigen" Er- kenntnissen in die Öffentlichkeit tritt. Seine Verständnislosig- keit ist nämlich schon das ganze fertige U r t e i l: Diese Marxisten e n t s p r e c h e n weder dem BLUMschen Ideal eines anständigen Staatsbürgers noch seiner Idee davon, was ein anstän- diger Marxist, der sich dieses Prädikat ohne Gänsefüßchen ver- dient, allenfalls hierzulande auszusetzen haben könnte. Das spricht ohne weitere Begründung g e g e n diese "Marxisten", die daher auch kein einziges Argument zur Widerlegung, sondern einschlägige Behandlung durch die Staatsgewalt verdienen. Denn: Was BLUM nicht versteht, also nicht als p o s i t i v e S t e l l u n g z u m S t a a t n a c h v o l l z i e h e n kann, das muß ja des Teufels sein! 2. Was Politologe BLUM vor allem nicht verstehen kann und für "zugegebenermaßen (?!) törichtes Gerede" hält, das ist "die immer wieder wiederholte" Rede "von den S t a a t s z w e c k e n". Von Berufs wegen damit befaßt, lauter g u t e G r ü n d e f ü r d i e S t a a t s g e w a l t zu behaupten, versteht BLUM gar nichts mehr, wenn behauptet wird, der S t a a t s e l b s t verfolge Zwecke. Als Politologe will BLUM lauter n ü t z l i c h e F u n k t i o n e n der Staatsgewalt entdeckt haben - von der Verhinderung allfälliger Gewaltätigkeit durch die überlegene Gewalt des Staates über den Dienst am Untertan, der dank Herrschaft weiß, woran er sich zu halten hat bis zu der Lei- stung, qua Hierarchie eine Ordnung in den ungeordneten Sauhaufen Mensch zu bringen: "...hierarchische Ordnung ist deswegen vonnöten, weil im Normal- fall einzig diese den Frieden garantieren kann - und der Bereich des Politischen ist der Normalfall! (Blum, Vermittlung und Poli- tik, Wadsassen '82, S. 85) Selbst einem "Marxismus" gängiger Prägung könnte er noch in sei- nem Weltbild einer umfassenden Nützlichkeit des Staats unterbrin- gen, solange dieser die einseitige B e n u t z u n g der Staatsgewalt durch das Interesse einer gesellschaftlichen Frak- tion beklagt: Solange die Staatsgewalt als neutrales I n s t r u m e n t gedacht und damit hochgehalten wird, das le- diglich bisweilen in die falschen Hände gerät, ist die Welt des Politologen in Ordnung. (Was freilich nicht heißt, daß BLUM nicht auch die DKP und andere "Sekten" nachdrücklich staatsschützeri- scher Entsorgung anempfehlen würde!) Wenn aber der S t a a t s e l b s t a l s K l a s s e n s t a a t bestimmt und ange- griffen wird - dann geht das eindeutig über den politologischen Verstand. Da hört alles Verständnis auf, sowenig man auch von den inkriminierten Argumenten verstanden hat. Schließlich sagt einem der politologische Instinkt alles, was man zum Verdikt wissen muß: Das f r a g l o s G u t e der Staatsgewalt soll in Zwei- fel und damit in den Dreck gezogen werden. Das passiert schon al- lein durch die Frage nach den Zwecken staatlichen Handelns. Die gehört sich nicht und der Frager deswegen verboten. 3. Dabei könnte selbst einem BLUM noch an der Inkriminierung b e s t i m m t e r von der BRD-Staatsdoktrin abweichender Mei- nungen, an Inhalt und Zielsetzung b e s t i m m t e r staatli- cher Maßnahmen auffallen: Daß der Staat sich eine Wiedervereini- gung, eine Atompolitik und eine Gesundheitsreform vornimmt; daß er mit Notstandsgesetz und Berufsverboten gegen b e s t i m m- t e abweichende Meinungen seiner Bürger vorgeht; daß der Staat sich schließlich zur Bekämpfung b e s t i m m t e r äußerer Feinde eine Bundeswehr zulegt - das muß schon etwas damit zu tun haben, daß dieser "unser" Staat im Unterschied zu seinesgleichen weiter östlich oder südlich eben b e s t i m m t e Vorhaben für unverzichtbar, andere hingegen für staatsschädlich hält! Wer wie BLUM ungeprüft an jeder Staatsmaßnahme sein Vorurteil exekutiert, es handle sich per se um einen zweck- und selbstlosen Dienst an Krethi und Plethi, weiß über deren Inhalt nichts. Mit seinem Vorurteil fragloser Nützlichkeit der Staatsgewalt ist sein "Wissen" ja bereits komplett: Der Staat ist gut zu und für (irgend)was - und deswegen gut und nicht schlecht. (Es fragt sich freilich schon, was das für ein seltsamer Nutzen ist, den die Staatsgewalt da angeblich immerzu stiftet, wenn man sich schon durch dessen Überprüfung den Verdacht staatsfeindlicher Gesinnung zuzieht!) 4. Wenn Herr BLUM Wert auf die Feststellung legt, er habe sich n i c h t als Erfüllungsgehilfe des Verfassungsschutzes zu Wort gemeldet, s o n d e r n als Wissenschaftler, tut er seiner Wis- senschaft schwer Unrecht. Als O r d n u n g s w i s s e n- s c h a f t kennt die Politologie schließlich lauter gute Gründe dafür, zersetzende Elemente zu eliminieren - der übergeordneten Prinzips allfälliger Ordnung wegen, versteht sich. Versteht sich ebenso, daß sie die K r i t e r i e n "ordnungs"zersetzender Umtriebe immer erst noch gesagt kriegen muß - von der b e- s t i m m t e n staatlichen Ordnung eben, die sie in das Reich menschennaturnotwendiger Orientierungsleistungen übersetzt. BLUM sollte sich deswegen aber nicht dazu hinreißen lassen, eine unnatürliche Kluft zwischen Politologie und Verfassungsschutz aufzureißen. Hat er nicht vor Jahren bereits als W i s s e n s c h a f t l e r mit der "Erkenntnis" geglänzt, daß dem Reich des Bösen entstammt, wer wider den staatlichen Stachel löckt: "Eine Bewegung, der das Moment von Taxis (Ordnung) völlig fehlt, ist von Übel; sie stammt vom Bösen, von Satan. Und genau dasselbe gilt für alle Bewegung, die einzig und allein im Menschen... ih- ren Ausgang hat." (a.a.O., 87) ?! "Der Mensch" muß sich halt unterordnen - so lautet d i e wis- senschaftliche Auskunft der Politologie. Da ist es nur gerecht, wenn sie der gelobten staatlichen Ordnungsmacht auch dann und wann einmal praktisch gegen zersetzende Elemente zur Hilfe eilen darf. Wir erlauben uns also den Verdacht, daß die zugegebenermaßen tö- richten Argumente BLUMs weniger seiner Person als der Sache ge- schuldet sind, der er und seine Wissenschaft sich verschrieben haben. Darüber wird zu streiten sein auf dem öffentlichen Streitgespräch --------------------------- zurück