Quelle: Archiv MG - BRD INNENPOLITIK INNERE-SICHERHEIT - Vom demokratischen Kontrollwesen


       zurück

       Marxistische Schulzeitung Bremen, 04.11.1980
       

HELMUT FRÖHLICH, SOZIALDEMOKRATISCHER POLIZEISENATOR

"Wir wissen nur zu genau, daß innere Sicherheit nicht nur (!) mit dem Polizeischlagstock zu produzieren oder zu gewährleisten ist." Einem (sozial)demokratischen Politiker ist der bleibende Grund für die Notwendigkeit des von ihm befehligten Gewaltapparats nicht nur vertraut - "eine Gesellschaft, in der noch (?) materi- elle Not herrsche" - sondern auch so wichtig, daß er das nicht allein der Polizei überläßt. "Gesellschaftliche und politische Konflikte... sind, so der In- nensenator, in erster Linie Herausforderung an die Politiker." Die wissen nämlich schon vorher, welche Gründe Bürger haben könn- ten, ihnen zum "Sicherheitsproblem" zu werden. Das ist kein Wun- der, schließlich tragen sie Verantwortung dafür, daß all das auch eintritt, worüber sie mit den Betroffenen in einen Dialog einzu- treten sich herausgefordert fühlen. Mit Mut hat es freilich wenig zu tun, wenn sie in aller Offenheit dem Staatsvolk Auskunft ge- ben, daß sie alles andere vorhaben, als die Beseitigung der Gründe für inneren Unfrieden: "Nach Meinung des SPD-Politikers wird die Polizei (ach die!) bis zur Jahrhundertwende keinesfalls sogenannten herrlichen Zeiten entgegengehen. Die Grenzen des Wachstums seien erkennbar. Die heute schon spürbaren Folgen: Arbeitslosigkeit und soziale Unzu- friedenheit... Auch ein weiterer Anstieg der Kriminalität und eine Zunahme durch ideologische oder gruppenegoistische Motive ausgelöster Demonstrationen sind zu befürchten. Das könnte bedeu- ten: Die Polizei kann mit ihrer herkömmlichen Struktur der Situa- tion nicht mehr Herr werden." Das Schöne an diesem fröhlichen Dialog ist, daß gleich klarge- stellt wird, daß ein Politiker sich gar nicht darauf zu verlassen braucht, daß seine Maßnahmen in Sachen Armut und Reichtum mittels solcher demokratischer Willensbildung reibungslos über die Bühne gehen. Echt demokratisch wird dem Publikum mitgeteilt, daß es als potentielles Polizeiproblem schon im Griff ist und bleiben wird, falls die freiwillige Unterordnung ausbleibt. Dann werden eben die Sicherheitskräfte "den nötigen Freiraum garantieren, damit sich Änderungsprozesse ständig vollziehen könnten." Daß sie dafür nicht nur wie die "am 6. Mai" mit Schlagstöcken an- treten müssen, das darf dem Senator als Versprechen abgenommen werden. Sich als Aufrüstungssenator darzustellen, ist deshalb das schärfste Argument im Dialog, weil sich seine Schlagkraft im Auf- führen des technischen Geräts zur lückenlosen Überwachung und zum perfekten Abräumen aller Einwände ansehen läßt. "Grenzen des Wachstums"? - Hier doch nicht. (Weserkurier 25.10.80) zurück