Quelle: Archiv MG - BRD INNENPOLITIK AUSLAENDER - Von der Sortierung der Leute


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       Bremer Hochschulzeitung Nr. 55, 17.05.1982
       
       Iraner prügeln sich in Mainz
       

EINE SCHLÄGEREI - DREI AUFRUFE AN DIE STAATSGEWALT

In Mainz haben Iraner sich verprügelt. Die Behörden haben etliche von ihnen inhaftiert und wollen sie in den Iran ausweisen. Die Liebhaber demokratischer Staatsgewalt überschlagen sich derweil in Aufrufen an eben diese. Der Rektor ---------- Beispielhaft der scheidende Uni-Rektor Wittkowsky: "Wenn sich der Vorwurf erhärten läßt, daß iranische Agenten mit rechtswidrigen Mitteln und Gewaltaktionen gegen Iraner in der Bundesrepublik vorgehen, müssen solche Aktivitäten mit politi- schen Maßnahmen unterbunden werden." (WK) Ein kritisches Wort über die Ziele der prügelnden Parteien kann er sich gleich sparen. "Rechtswidrig" ist für ihn die Schädigung von Leib und Leben, d.h. sie wurde nicht zur Vollstreckung eines gesetzlich beschlossenen staatlichen Interesses vorgenommen. Die- ses Urteil ist für ihn dann verbürgt, wenn "iranische Agenten", also Angehörige einer f r e m d e n Staatsmacht, und nicht Agenten deutscher Staatsmacht zuschlagen, die "in der Bundesrepu- blik" allein dazu befugt sind. Die letzteren sollen jetzt aber auch zuschlagen, fordert der Rektor. Sicher fühlt sich der Rektor mit seinem Plädoyer sehr erhaben über jene Anhänger des iranischen Gottesstaates, die in Mainz ihre Landsleute zusammengeschlagen haben. Dabei haben die sich als Vertreter iranischer Staatsgewalt exakt so aufgeführt, wie der Rektor es von seinen Staatsagenten verlangt. Sie haben das Urteil exekutiert, daß Opponenten gegen die Herrschaft des Ayatollah gegen deren Recht verstoßen, und haben zugeschlagen, weil ihr Urteil der Sache nach gewalttätig ist. So gesehen bliebe ein einziger Unterschied, und der ist gar nicht mal sicher: die "iranischen Agenten" in Mainz waren Amateure staatlicher Gewal- tausübung. Aber schließlich ist die Bundesregierung mit ihrer "Rechtshilfe" gegenüber Khomeini auch weniger freigiebig als zu Zeiten des Schah. Die Iraner vom Koordinationsrat ------------------------------- Nicht zu helfen ist den Iranern vom "Koordinationsrat", deren Sympathisanten in Mainz verprügelt wurden. Leute, denen zu Zeiten des Schah auf mancher antiimperialistischen Demonstration einge- prügelt worden ist, wofür der demokratische Rechtsstaat BRD ein- tritt, lassen sich zu folgendem Appell hinreißen: "Wir fordern, daß die Mitglieder der Schlägertruppe gerichtlich verfolgt werden." (VV-Resolution der Iraner) Daß ihnen dabei nicht die Sorge um ihre körperliche Unversehrt- heit die Feder fahrt, erhellt, daß ihnen eine Ausweisung der Khomeini-Anhänger durchaus nicht reicht - dann würden diese ja nicht bestraft! Auf die Spitze getrieben geben diese "Antiimpe- rialisten" kund, was schon immer ihre Kritik am Schah geleitet hat und sie heute zu Gegnern der Islamischen Republik macht. Leuten, denen auch heute "Bücherverbrennung", Schleierzwang und Pressezensur ein mindestens ebenso großer Skandal ist, wie das Verheizen der iranischen Massen in einem "heiligen Krieg", sind Fans der westlichen Herrschaftsprinzipien, deren Erfolg sie während ihres Auslandstudiums bewundern und als Nationalisten partout in ihre Heimat importiert sehen wollen. So vergessen sie auch rasch ihre "antiimperialistische" Kritik, der Westen ver- stoße gegen seine eigenen Prinzipien, wenn er sich den Schah als Freund einrichtet und sich mittlerweile auch gegenüber dem Mullahregime Gelassenheit leistet, weil er sich der Zugerichtet- heit dieser Weltregion sicher ist. Gegen ihre Konkurrenten in Sa- chen iranischem Nationalismus, den frommen Parteigängern des neuen Iran, gilt ihnen der vorbildliche bundesdeutsche Staat dann kurzerhand als zu ermahnender Bündnispartner - inclusive seines Imperialismus: "Die Bundesrepublik dürfe vor der Situation im Iran nicht länger die Augen schließen und müsse auf das dortige Unrecht mit dem Ab- bruch der politischen und wirtschaftlichen Beziehungen reagie- ren." (WK) ASTA/MSB -------- Berufen zu einer Stellungnahme fehlen sich auch die Vertreter der Bremer Studentenschaft. Für den MSB bemüht sein Außenminister die Klipplogik des Kräfteverhältnisses: "Herauswurf amerikanischer Militärs und ausländischen Kapitals... Stärkung einer eigenständigen Entwicklung des Iran - insofern an- tiimperidistisch." Unter dem Attribut "eigenständig", verschwindet als Belanglosig- keit, was die neuen Machthaber mit ihrer Gewalt anstellen. Gleichgültig gegen die Lebensumstände der ansonsten immer zitier- ten "Massen", denen Heldentod im Heiligen Krieg und ein Elend zur Ehre des gerechten Allah verordnet ist, bekennt dieser "Antiimperialist" seine reine Liebe zu einer garantiert nationa- len Staatsgewalt. Also - so seine Logik - stehen die Khomeini-An- hänger irgendwie auf der richtigen Seite, wo eigentlich alle Per- ser stehen müßten. Tun sie es nicht, wie die Leute vom "Koordinationsrat", dann müssen sie "koordiniert" sein, von der anderen Seite des Kräfteverhältnisses. Also kriegen sie eigent- lich z u R e c h t einen drauf? Aber der MSB ist ja zugleich der Vertreter deutscher Studenten. Und die haben ihr eigenes Recht auf Ruhe und Ordnung: "Die Studenten der Bremer Universität fühlen sich dafür verant- wortlich, daß die Auseinandersetzung über die Verhältnisse im Iran mit politischen Mitteln geführt werden kann und daß es dabei nicht weiter zu Gewaltanwendung kommt." (ASTA-Resolution) zurück