Quelle: Archiv MG - BRD INNENPOLITIK AUSLAENDER - Von der Sortierung der Leute


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INLÄNDER UND AUSLÄNDER

"Ein guter Deutscher mag keinen Franzen leiden, doch seine Weine trinkt er gern." Seit den Zeiten des seligen Goethe hat sich einiges geändert: nicht nur hat sich die Bekanntschaft mit ausländischen Erzeugnis- sen vom Luxus der herrschenden Klasse emanzipiert, so daß inzwi- schen die ganze Wirtschaft einen Gutteil ihres Gewinns mit Aus- landsprodukten macht; auch "die Franzosen" und eine Menge anderer Völkerscharen mögen "wir" seit einiger Zeit gut leiden. Das fin- den "wir Deutsche" ganz normal. Anders wird es freilich, wenn Ausländer selbst sich "bei uns" einfinden. Da ist Mißtrauen angesagt - schließlich sind die ja aus eigenen Interessen hergekommen. Während die Sache bei Howard Carpendale und Madonna, bei Unilever und Ford, bei den Truppen unserer Bündnispartner im allgemeinen in Ordnung geht - zeitwei- lige Mißhelligkeiten wegen Gewinntransfers ins Ausland oder ande- ren schlechten Benehmens ausgenommen -, fällt der Befund deut- scher kleiner Leute über ausländische kleine Leute weithin nega- tiv aus: Mit ihren Kopftüchern verschandeln sie unsere schönen Städte, sie rauben uns unser Kindergeld besetzen unsere Ar- beitsplätze und wollen glatt unseren ihren Lohn in die Türkei mitnehmen. Kurz sie haben hier eigentlich nichts zu suchen. Daß die Türken und andere immer noch da sind, daß sie überhaupt hergekommen sind, zeigt freilich daß die staatlichen Maßstäbe in Sachen Ausländer offenbar andere sind als die seiner ausländer- feindlichen Untertanen - wiewohl sie mit denen von Ausländer- freunden, die es auch gibt, schon gar nicht übereinstimmen. Als Ausländerfreund gilt, wer öfter mal zu bedenken gibt daß "wir" ohne Ausländer unseren Müll nicht wegschaffen könnten, und wer nicht aus Vergnügen, sondern aus Prinzip deutsch-ausländische Kulturfestivals besucht, weil die Ausländer uns echt bereichern. Dieselben Leute wundern sich glatt darüber, daß der Staat die Ausländer wie ein Pferdehändler mustert, bedingt mit Rechten aus- stattet und teilweise kurz und für ihn schmerzlos heimverfrach- tet. Sie wünschen den Ausländern Gleichberechtigung an den Hals, so als ob Wahl- und Daueraufenthaltsrecht ein Heilmittel gegen gesundheitlichen Ruin für wenig Lohn wären - aber letzteres ist ja auch nicht ausländerspezifisch. Was die Asylanten betrifft, setzt sich die Teilung des deutschen Volkes fort: Die einen Deutschen sprühen "Asys raus" an die Wände und zünden auch schon mal eine Unterkunft an. Dem Staat machen sie wegen seiner laxen Haltung bezüglich Aufnahme und Anerkennung von Asylanten Vorwürfe. Offenbar halten sie den Einlaß von Asylanten für eine Wohltätigkeitsveranstaltung zugunsten dieser Leute, auf die, wenn schon nicht deutsche Normalbürger, am aller- wenigsten hergelaufene Flüchtlinge ein Recht haben dürften. Gegen die spricht ja schon, daß sie es daheim nicht ausgehalten haben: nicht opferbereit und anpassungsfähig, wollen sie sich ins ge- machte deutsche Bett legen. Dabei könnte man schon an den Unter- bringungsmodalitäten sehen, daß es um die armen Teufel von aus- wärts bei der Veranstaltung Asylrecht gar nicht geht. Die anderen Deutschen halten das Asylrecht für eine Art Nagel- probe der Demokratie. Nach dem Motto: Je mehr Nägel, desto wahrer die Demokratie, fordern sie offenere Grenzen für die Opfer von Hunger und Gewalt auf der Welt. Ausgerechnet mit dem Argument, daß die BRD nicht ganz unschuldig an der Erzeugung von Flüchtlin- gen sei, soll dieselbe BRD dann die Verantwortung per Asyl über- nehmen. Solange sich "ihr Staat" so asylantenfeindlich benimmt, können sie ihm den Ehrenpreis "bestes Staat von Welt" nicht ver- leihen. Aber gottseidank tun sie selbst mit der Freien Flücht- lingsstadt Nürnberg einiges für den guten Ruf der Demokratie, nach dem sie sich so sehr sehnen. Die dritten Deutschen, die in politischem Amt und Würden, treiben sich in der Welt rum und machen sich dort Mann und Maus zum Mit- tel des Reichtums. Ihre Grenzen haben sie entsprechend moderni- siert: durchlässig für Geld, Kapital und Waren, ein Riegel für die menschlichen Resultate ihrer Außenwirtschaftspolitik. Der Riegel wird nur gelöst, wenn es dem Nationalreichtum dient. Für die Ausgestaltung sorgt ein engmaschiges Ausländergesetz. Einen Teil dieser menschlichen Auslandserzeugnisse nennt der Staat Asylanten; mit denen macht er Außenpolitik. Kein Wunder, daß es den Ausländern nicht besser geht als den Inländern. Alles Wissenswerte dazu auf dem TEACH-IN der MG. zurück