Quelle: Archiv MG - BRD INNENPOLITIK AUSLAENDER - Von der Sortierung der Leute
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AUSLÄNDERFEINDLICHKEIT
1. Ein Staatsprogramm und kein Staatsauftrag
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Wenigstens soweit man davon absieht, daß der moderne Staat man-
chen Nationen seine Feindschaft anträgt und über deren Bevölke-
rung ein Feindbild in Umlauf setzt. In diesen Fällen ist Auslän-
derfeindschaft Staatsauftrag, sonst nicht. Der moderne Staat ist
nämlich ein praktizierender Kosmopolit, Ausländer gelten ihm als
Manövriermasse der eigenen, sowie der in seiner Gesellschaft gül-
tigen privaten Interessen. Er befindet darüber, in welcher Weise
und in welchem Umfang Angehörige anderer Nationen im eigenen
Herrschaftsbereich ihren Interessen nachgehen dürfen. Beschränkt
ist diese Freiheit einmal durch die Herkunftsstaaten der Auslän-
der, die ihre Bürger als natürliche Staatsgrundlage betrachten,
sie nicht, nicht gerne oder nicht ohne weiteres abziehen lassen
und in Verträgen mit dem Gastland ihren Vorteil aus dem Menschen-
export suchen. (Militärdienst, Devisenüberweisungen und Renten-
zahlungen werden zwischen den beteiligten Staaten geregelt.) Zum
anderen findet diese Freiheit ihre Grenzen an der Bedingung eines
besonderen Interesses, das am Aufenthalt Fremder von seiten der
Gastnation bestehen muß. Im Ausländerrecht unterscheidet der
Staat zwischen Inländern und Ausländern: die ersteren sind per
Geburt und staatlicher Eingemeindung unmittelbar s e i n e
V o l k s s u b s t a n z; sie gehören u n b e d i n g t hier-
her und können jenseits aller Konjunkturen von Arbeitsmarkt und
Bundeswehr gar nicht zahlreich genug sein An Ausländern, die we-
gen ihrer anderen nationalen (Zu-ge-)Hörigkeit nicht vollständig
und bedingungslos zur Verfügung stehen, besteht, wenn überhaupt,
ein b e d i n g t e s Interesse, welches dieselben dadurch zu
spüren bekommen, daß für sie schlechterdings alles zur Frage ei-
ner E x t r a - G e n e h m i g u n g wird, die sie erhalten
oder auch vorenthalten bekommen können: Leben und Wohnen, Arbei-
ten, Verdienen, Studieren, Bewegungsfreiheit und politische Betä-
tigung - alles genehmigt die Ausländerbehörde gemäß "d e n B e-
l a n g e n d e r B u n d e s r e p u b l i k D e u t s c h-
l a n d".
2. Ein nationales Volksbedürfnis
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Wo sich ein Staat zu solchen Genehmigungen herbeiläßt, kommt der
Inländer mit Ausländern in Berührung. Die unterscheidet sich in
nichts von dem Hin und Her zwischen Konkurrenz und Mitmenschlich-
keit, das Inländer untereinander pflegen, die Rechte und Pflich-
ten schon mit Geburtsurkunde und Paß zugeteilt bekommen haben.
Wenn die Inländer jedoch aus der p a s s i v e n
S t e l l u n g - aus dem Stempel eben, der sie für die Nation
ihrer Geburt mit Beschlag belegt eine a k t i v e
E i n s t e l l u n g zu verfertigen belieben, wird der Unter-
schied zum Ausländer enorm und zum Gegensatz. Diese Umdeutung
kriegen moderne Staatsbürger schier ausnahmslos hin: Wer gewohnt
ist, seinen Staat als die p o s i t i v e Bedingung seines
Fortkommens zu nehmen, wer ausgerechnet bei der öffentlichen Ge-
walt das Negative und Beschränkende dieser "Chance " ignoriert,
hat die Umkehrung schon geschafft. Sie ist die Elementarform des
falschen Bewußtseins und die pure Idee der Freiheit der Regier-
ten: Daß sie von der politischen Herrschaft als lebendiges Natio-
nalinventar requiriert werden, deuten sie dahingehend, daß dies
auf Gegenseitigkeit beruhe und der Staat deshalb der ihre sei.
Daß sie der Nation unbedingt angehören, soll dasselbe sein wie,
daß die Nation für sie eingerichtet ist. Wer so aus
D i e n s t e n, die er leistet, R e c h t e ableiten möchte,
die ihm zustehen, anstatt den Rechten zu entnehmen, daß sie die
eigenen Dienste definieren, der hat sich ein eigentümliches "Do
ut des" einleuchten lassen. So einer will nicht einfach dienen,
sondern auch verdienen; aber er gibt jeweils, was verlangt ist
und das Gemeinwesen, von dem er zu leben meint, braucht. Er ver-
langt, was "drin" ist - je nach den Zeitläufen und danach, was
von oben als realistisch angesehen wird. Nur noch negativ kann so
ein braver Nationalist die absurde Gleichung festhalten, derzu-
folge sich die Bereitschaft, den Gemeinnutz vor den Eigennutz zu
setzen, schließlich doch auch vom Standpunkt des eigenen Nutzens
aus lohnt: Wie immer die Inländer lebensstandardmäßig dastehen,
wie immer sie gerade vom Staat behandelt werden - daß dies ein
Dienst an ihnen und ein Vorrecht ist, erkennen sie daran, daß
diese Vorzugsbehandlung Ausländern nicht zusteht.
3. Domestizierung I: Vom Staat angeregt und bedient.
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Zwar nicht das ausländerfeindliche Resultat, wohl aber das Ver-
fahren, das dazu führt, sollizitiert und billigt die Politik. Und
zwar mit jeder Verlautbarung zu jedem Thema. Daß die Renten im
Interesse der Rentner und Beitragszahler gekürzt, befristete Ar-
beitsverträge im Interesse der Arbeitslosen erlaubt werden usf.,
daß kurz alles, was gegen die Interessen der zahlreichen Normal-
bürger durchgesetzt wird, für deren Interessen geschieht, ist
ebenfalls die Normalform der politischen Bildung, die von oben
betrieben wird. In der Ausländerfrage verhält sich das nicht an-
ders: Zwar haben die Bonner Entscheidungen über den Umgang mit
Ausländern nichts mit den p r i v a t e n I n t e r e s s e n
der deutschen Untertanen zu tun, aber so dargestellt wollen sie
schon sein. Seit den ersten Gastarbeitern 1955 tritt die Bundes-
regierung dem ihr vertrauten Mißtrauen gegenüber Ausländern mit
einem Argument entgegen, das das Recht guter Deutscher auf einen
Unterschied zum Ausländer schwer respektiert und ihn als den
Herrn im Haus sowie den Profiteur der Arbeitsimmigration an-
spricht: G a s t a r b e i t e r n ü t z e n u n s! E i n e
w a c h s e n d e u n d v o l l b e s c h ä f t i g t e
d e u t s c h e W i r t s c h a f t b r a u c h t s i e,
s i e m e h r e n u n s e r n W o h l s t a n d u n d
m a c h e n u n s e r n D r e c k w e g, w o z u s i c h
d e r D e u t s c h e l ä n g s t z u s c h a d e i s t!
Dafür d ü r f e n s i e h i e r l e b e n, ihre
D u l d u n g ist der fällige Lohn für ihre Dienste. Auf diese
Weise ist den lieben Bürgern Toleranz abgehandelt worden, als es
um die Benützung internationaler Reservearmeen ging. Aber auch
etwas anderes ist passiert: Ein P r ü f v e r f a h r e n ist
zur geltenden Ideologie erhoben worden, die Deutschen wurden zu
ideellen Warentester in Sachen Ausländer ernannt. So sehr demo-
kratische Politiker das Selbstbewußtsein von Nationalisten schät-
zen, die Ausländer kritisch beäugen und damit ihre Zugehörigkeit
zur Nation wie ein Lebensmittel akzeptieren, also auf die passiv-
ste aller sozialen Eigenschaften stolz sind, so sicher war die
Retourkutsche dieses Volkserziehungswerks.
4. Mißtrauen - aus Glauben an Politikerlügen
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Das kleine Zerwürfnis zwischen der rechten Regierung und ihren
braven Nationalisten, das sich jetzt in den falschen Wahlstimmen
niederschlägt, kam nicht dadurch zustande, daß man der Bonner
Mannschaft ihre Lügen nicht abgenommen hätte, von wegen: Auslän-
der rein zwecks Wohlstandsmehrung der Einheimischen. Im Gegen-
teil, die Lügen wurden geglaubt und an ihnen wurde die Politik
gemessen: Die herrschenden Inter-Nationalisten hatten Tauglich-
keitskriterien für Ausländer vertreten, und s i e s e l b s t
haben sie später als nicht mehr gültig ausgegeben: Bei hoher Ar-
beitslosigkeit verdienen die Gastarbeiter die Rechte nicht mehr,
die sie in Anspruch nehmen. Jedenfalls nicht so viele von ihnen,
und nicht alle Rechte, bei der Familienzusammenführung etc. So
konnten sich die Herren Politiker immer mit einer Ausländerfeind-
lichkeit "konfrontiert" sehen, die sie e r n s t n e h m e n
mußten, schon "u m d e r A u s l ä n d e r f e i n d l i c h-
k e i t v o r z u b e u g e n". Auf Volkes Stimme konnten sie
sich stets berufen, wenn sie ihre konjunkturgemäßen Änderungen am
Ausländerrecht vornehmen wollten; aber doch i h r e
Ä n d e r u n g e n! Das "Volk" meinte es aber ein wenig anders.
Es wollte genau seinen, den ideologisch gelernten Maßstab
angewandt sehen. Den aber hat die Regierung gründlich abgewiesen,
was Enttäuschung stiftet unter braven Wählern.,
5. Ausländerpolitik - für Nationalisten unbegreiflich
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Erstens ist von einem V o r g e h e n gegen die Gastarbeiter
hinten und vorn nichts zu sehen. Der schon ältere Anwerbestop,
aber auch die kleinlichen Regelungen bei dem Familiennachzug und
sogar die einige Jahre gewährten Rückzugsprämien haben gar nicht
auf eine deutliche Absenkung der Zahlen der Gastarbeiter gezielt.
Kleinere Nachteile hier, kleinste Vorteile bei der Rückkehr ins
Heimatland waren mehr ein Signal an Einheimische und Fremde, wie
die Nation den Bedarf jetzt abschätzt, als daß sie einen Zwang
zum Rückwandern der Gastarbeiter hätten darstellen sollen. Für
eine Weltwirtschaftsmacht ist eben eine gewisse überzählige und
unbeschäftigte Arbeitsbevölkerung keineswegs ein Problem und
Schaden, sondern eine Produktionsbedingung des Standorts BRD,
dessen Arbeitsmarkt so für alle denkbaren konjunkturellen und
Wachstumsbedürfnisse gerüstet ist. Diese Rechnungsart versteht
ein treuer CDU-Wähler natürlich nie und nimmer: Aber das macht
erst einmal nichts. Er hat gelernt, daß die Nation seine Lebens-
grundlage ist, der er dient, damit sie ihm je nachdem, w a s
d i e Z e i t e n z u l a s s e n, ein Leben ermöglicht. Wenn
es dem demokratischen Staat, der jedem die Freiheit garantiert,
sein Glück zu machen, praktisch nichts ausmacht, wenn Millionen
Erwerbsloser das Resultat sind? Dann wird es wohl a n d e r s
nicht gehen. Allerdings gibt es die a n d e r e n, gegen deren
Anwesenheit die staatliche Gewalt doch durchaus einiges ausrich-
ten könnte. Wie soll ein Patriot verstehen, daß die Rechtsord-
nung, die das kapitalistische Wirtschaftsleben behütet, stur und
schematisch nach gesellschaftlichen Klassen unterscheidet und
eben nicht - zumindest gar nicht automatisch nach der Nationali-
tät? Daß nicht nur Unternehmer praktizierende Kosmopoliten sind,
sondern auch die staatliche Arbeitsverwaltung ihn nichts von ei-
ner Vorzugsbehandlung spüren läßt? Da ist nun der völkische Un-
tertan stolz auf die Einbildung, daß es um i h n geht - und
plötzlich merkt er am Umgang mit den überflüssigen Ausländern,
wie ihn sein Staat pflegt, daß da ganz andere Kalkulationen gel-
ten, z.B. Rücksichten auf die Herkunftsländer, denen die BRD ja
nicht gleich den Krieg erklären, sondern die sie weiterhin ge-
deihlich nutzen will.
Zweitens gibt es eine Abteilung Ausländer, wo alle Tests auf die
Brauchbarkeit, die recht und schlecht akzeptiert wurden, gründ-
lich gegen die Probanden ausschlagen. Die Asylanten sumpfen zwar
nur in Lagern herum, kriegen nichts - aber sie s i n d d a.
Sie klauen keine Arbeitsplätze, des Deutschen höchstes Gut, denn
sie haben Arbeitsverbot. Das entschuldigt sie freilich überhaupt
nicht, sondern macht die Sache um so schlimmer, denn nun
l i e g e n s i e u n s e r m S t a a t a u f d e r
T a s c h e, was die Regierung ja selbst und höchstoffiziell für
übertrieben hält. Schwer umständlich aber geraten die Maßnahmen,
die verhindern, daß sie sich hier herumtreiben.
Am Thema Asyl und Asylanten kann niemand einen eigenen, nationa-
len oder sonst einen Nutzen entdecken. Auch von oben gab's dazu
nur die Stichworte "Humanismus" und "Lehre aus der leidvollen Er-
fahrung deutscher Emigranten" zu lernen. Brave Nationalisten ha-
ben einfach keine Ahnung davon, daß das Asylrecht mit seinem La-
gerleben keine Gnade gegenüber Gefolterten und Verfolgten ist,
sondern den Standpunkt des freien souveränen Urteils über Rechts-
system und Rechtspraxis anderer Staaten ausdrückt. Als aufrechte
Antikommunisten mögen sie bestenfalls noch Verständnis für die
imperialistische Technik aufbringen, ab und an mal ein paar Dis-
sidenten aus dem "Ostblock" aufzunehmen. Das steht der BRD gut
an, sich als Schutzmacht der inneren Opposition unbeliebter Staa-
ten aufzuspielen. Wenn allerdings über diese Technik ganze Kolon-
nen von Polen rüberkommen und jede Menge Opfer des Imperialismus
hier ihre Überlebenschancen suchen, dann ärgert das einfache
deutsche Volksgenosssen noch mehr als den Friedrich Zimmermann.
Der Mißbrauch des Asylrechts liegt auf der Hand, der Innenmini-
ster selbst befindet es für reformbedürftig, zumal der im Zuge
der "Vergangenheitsbewältigung" ins Grundgesetz geratene Asyl-Ar-
tikel jedem Bewerber die Prüfung seines Antrags garantiert, der
es überhaupt schafft, ihn deutschen Dienststellen vorzutragen.
Die Reformen richten sich also einerseits darauf, es für Uner-
wünschte schwerer zu machen, an deutsche Dienststellen heranzu-
kommen: Immer weiter ausgedehnte Visumspflicht für einreisende
Ausländer und Strafen für Fluglinien, die Passagiere ohne Einrei-
seerlaubnis auf deutsche Flughäfen befördern, tun eine gewisse
Wirkung. Andererseits wird das Wirtschaftsasylantentum dadurch
bekämpft, daß der Staat den Asylanten erfahrbar macht, daß sie
wirklich nur dem Tod entronnen sind: Lagerleben, schlechtes und
fremdartiges Essen, absolute Mittellosigkeit wirken der Propa-
ganda vom Wohlstandsparadies entgegen, das so viele Hungerleider
anlockt. So dämmt Bonn "d i e F l u t" etwas ein, ohne das
Asylrecht endlich ganz abzuschaffen; wegen fortschreitend schlim-
merer Zustände im imperialistischen Hinterland - Krieg und Hun-
gerkatastrophen hören nicht auf - wächst die Zahl der Flüchtlinge
im nächsten Jahr dann wieder; Zimmermanns Experten basteln an
neuen Unterscheidungstechniken zwischen den Gewollten und - immer
wieder neudefinierten - Scheinasylanten, und deutsche Menschen
verstehen je länger desto weniger, warum "d e r S t a a t
n i c h t s u n t e r n i m m t".
Drittens sind die Aussiedler weder mit den vorgetäuschten noch
mit den wirklich angewandten Tests vereinbar, wie sie die beiden
ersten Abteilungen Ausländer zu spüren kriegen. Was an denen bes-
ser als an den regierungsamtlich so definierten Scheinasylanten
und Wirtschaftsflüchtlingen sein soll, ist gänzlich unersicht-
lich. Hier fällt die Brauchbarkeitsabwägung endgültig außerhalb
des gesunden nationalen Verstandes: Da gibt es, der Staat sagt es
selbst, ohnehin schon bedenklich viele Ausländer hier, und dann
werden die noch mutwillig und aktiv hereingeholt; gebraucht wer-
den die nicht, ein ökonomischer Nutzen ist nicht abzusehen, dafür
sind aber die Kosten, manche werden ja sogar freigekauft, erheb-
lich. Noch nicht einmal das Humanitäre spricht für sie, Lebensbe-
drohung können sie nicht vorweisen - dafür Bedrohung eines deut-
schen Volkstums, das an diesen Leuten unkenntlich ist; als erstes
müssen die neuen Volksgenossen in Deutschkurse gesteckt werden.
Das Mutwillige dieser Volkstums-Definition wird vom Bürger be-
merkt, aber nicht, um auf das ostpolitische Kalkül zu schließen,
das die Regierung zu dieser kleinen Völkerwanderung beflügelt
hat, sondern um endgültig nicht mehr zu verstehen, wozu "wir" die
herholen und ihnen auch noch Renten zahlen. "Die" haben doch im
ganzen Leben keine Sozialleistung verdient.
Insgesamt hat das staatliche Bedürfnis, deutschen Interessen ent-
sprechend einerseits wirkliche Unterschiede zwischen Ausländern
zu machen und andererseits vorgeschobene, populäre dazu, erhebli-
chen Zweifel daran geweckt, ob die Regierung überhaupt noch genü-
gend Wert auf den Unterschied In-/Ausländer legt.
6. Fremdenhaß - Ersatz für alle sozialen Fragen
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Grund des nun eingerissenen Zerwürfnisses von Regierung und Volk
ist die Radikalität der ideologischen Einheit beider. Es sind die
Leute, die an den Fehler von Nation fest glauben und sich nie
über die fälligen Opfer beklagt haben, die jetzt auf einmal
"extrem" wählen. Wegen ihres Glaubens an die Nation verstehen sie
die Ausländerpolitik nicht mehr. Die Mischung von Reinholen,
Reinlassen, Fernhalten und Abschieben, das Nebeneinander von
staatlichem Mißtrauen gegen Ausländer, von Sonderaufsicht und Ge-
währenlassen ist weder faschistisch noch liberal, sondern absolut
normal für einen imperialistischen und so erfolgreichen Staat,
der sogar schon in Sri Lanka für seinen Reichtum bekannt ist und
dort als Nische gehandelt wird. Das Blöde ist, diese Benutzung
von Ausländern, ökonomisch und politisch kreuzweise, k a n n
keinem Menschen plausibel bleiben, der die
S o n d e r b e h a n d l u n g für das einzig Senkrechte hält.
Ausgerechnet darüber werden aufrechte Deutsche jetzt an der Na-
tion irre, d.h. an der nationalen Verantwortung der Chefs; anläß-
lich der vermeintlichen, höchst u n g e r e c h t e n
G l e i c h b e h a n d l u n g der Ausländer mit "uns" kommen
ihnen Zweifel an der Vernunft der Opfer, über die man ja nie ge-
klagt hatte. Allerdings auch nur aus diesem Anlaß: 90000 Arbeits-
lose stellte Schönhuber im Berliner Wahlkampf 90000 Ausländern in
der Stadt gegenüber. Eine Behauptung über die Ursache der Ar-
beitslosigkeit hat das gar nicht sein sollen. Wenn Entlassungen
sein müssen, für die Wettbewerbsfähigkeit "unserer" Wirtschaft
etwa, dann müssen sie eben sein. Nur d i e s e 9 0 0 0 0
d e u t s c h e n A r b e i t s l o s e n müßten nicht sein!
Daß am Sozialen gespart werden muß, und "wir" uns eh' schon wun-
dern, wie "wir" "uns" den Luxus mit den höchsten Löhnen noch lei-
sten können, ist dem BILD-Leser klar, wenn seine Zeitung ihm zur
Gesundheitsreform die Kosten der Asylantenverwahrung auflistet
und anläßlich von verteuerten Brillengestellen die Frage auf-
wirft, "o b d a n i c h t a n d e n F a l s c h e n
g e s p a r t w i r d". Die Prüfung, ob es denn die Asylanten
sind, die jetzt die Brillen teuer machen, stellt sich gar nicht,
solange welche, die einfach so hierher kommen und zu g a r
n i c h t s b e r e c h t i g t sind, überhaupt etwas kriegen,
wo "es" doch schon für die Deutschen nicht reicht, die immer ihre
Pflicht getan haben. Auch die Frage, ob die lächerlichen Pfen-
nige, mit denen Asylanten durchgefüttert werden, ihre Brillen
echt billiger machen würden, bewegt Leute nicht, die ihrem sozia-
len Neid einen viel prinzipielleren Ausdruck verschaffen: Jeden-
falls stünde das Geld für deutsche Aufgaben zur Verfügung - und
wenn man auch selbst nichts davon sähe, verarschen lassen brau-
chen sich brave Steuerzahler von Bonn nicht: Am Sozialen sparen
und trotzdem Ausländer durchfüttern, das geht nicht! So ersetzt
der Ausländerhaß alle sozialen Fragen, und mit jeder Verschlech-
terung, mit der sich die Nation weniger als Lebensgrundlage ihrer
Kinder bewährt, wird der Glaube an diese Lebensgrundlage giftiger
und eifriger bei der Suche nach unberechtigten Nutznießern.
7. Domestizierung II:
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Nationaler Idealismus als Waffe gegen nationalen Materialismus
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Das ist in Bonn einerseits nicht ungern gesehen. Der kleine Mann,
der die systembedingten Härten seiner Lage bereitwillig auf die
Ausländer schiebt, kommt der Regierung gerade recht. Solches Den-
ken sichert ihre Freiheit und die Gefolgschaft der Basis, gleich-
gültig was ihr verordnet wird. Unrecht ist der Regierung dieses
Gedankengut erst dann, wenn "Volkes Stimme" sich als Konkurrenz
i n d e r P o l i t i k geltend macht, ein Wahrmachen der aus-
länderfeindlichen Anschauungen einklagt und die geschlossene
Stimmabgabe für die erfolgsgewohnten Parteien der Mitte zu zer-
splittern droht. Bis Schönhuber hatte sich - außer den historisch
diskreditierten Nazis niemand dafür hergegeben, deshalb gab es
das Problem für die Bonner Parteien nicht; die Bürger denken
längst so.
Die Volksbildungsbemühungen, die jetzt anstehen, konzentrieren
sich auf die Domestizierung des Ausländerhasses im brutalsten
Sinn: Die Bürger sollen ihn ruhig bei sich zu Hause pflegen, aber
nicht meinen, sie könnten sich damit in die Politik einmischen.
Der Anwurf, Ausländer würden uns Arbeitsplätze, Wohnungen und
Kindergeld wegnehmen wird nicht widerlegt - ein wenig müßte man
da nämlich auf die Gründe der Knappheit jener beliebten Güter zu
sprechen kommen - sondern argumentfrei der Inkompetenz bezich-
tigt: "D u m p f e G e f ü h l e" sollen sich da aussprechen
und allzu "e i n f a c h e L ö s u n g e n" propagiert werden.
Verstehen können die Volkserzieher solche elementaren Regungen
schon, aber sie müssen sie aus der Politik heraushalten. Den Ge-
genangriff führen sie dann mit dem Schlagwort vom
S o z i a l n e i d. Unter diesem Stichwort legen sie den braven
Mitläufern sogar noch deren radikale Form von Ergebenheit an die
Anliegen der Nation - eben die Sehnsucht nach national gerechter
Verteilung der Opfer - a l s M a t e r i a l i s m u s aus und
zur Last. So geben sie der ausländerfeindlichen Diagnose in der
Sache sogar recht, wenn sie der Brutalität eines
n a t i o n a l e n M a t e r i a l i s m u s mit de Aufruf zu
n a t i o n a l e m I d e a l i s m u s entgegentreten: "Wir
Deutschen sind Mitglieder einer zivilisierten Nation!" Alle Werte
des Humanismus werden dem Ausländerfeind als seine deutschen Na-
tureigenschaften präsentiert, damit er zugibt, daß Türken auch
Menschen sind, gegen sie der kategorische Imperativ in Anschlag
zu bringen sei. Der bekommt auch prompt ein schlechtes
n a t i o n a l e s G e w i s s e n, hat "e i g e n t l i c h
a u c h n i c h t s g e g e n A u s l ä n d e r", und fragt
nur bescheiden oder frech an, ob und wie lange "wir" uns die, von
allen so gesehene, Großzügigkeit gegen Fremde noch leisten sol-
len, wenn es doch schon für die Deutschen nicht reicht.
Ihre absolute Unfähigkeit und Unwilligkeit, ausländerfeindliche
Standpunkte zu kritisieren, wenden die berufsmäßigen Demokraten
offensiv: Sie machen eine nationalistische Stilfrage auf, um noch
einmal den Deutschen und Verantwortungsdeppen im Ausländerfeind
gegen den nationalen Materialisten zu mobilisieren: "Welche
Behandlung dieser Fremden steht u n s am besten zu Gesicht?"
8. Domestizierung III:
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Wahlkampf um die rechte Einstellung zu Ausländern
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So bringt keine Partei oder Richtung etwas gegen Schönhuber zu-
sammen außer dem Vorwurf, daß er Faschist sei, also nicht rein-
paßt. Alle stellen sich dem "Ausländerproblem" und wälzen die
Frage, wie "wir" mit "denen" umgehen sollen: Differenzen stellen
sich ein über Optionen bezüglich dessen, wie w i r u n s
Deutschland am würdigsten vorstellen. Wenn dann ein munterer Par-
teienstreit über die Frage anhebt, durch welche symbolischen Akte
und Erkennungsmarken sich das deutsche Volk am besten repräsen-
tiert sieht, dann interessiert sich längst kein Mensch mehr für
die Ausländerpolitik und ihre Varianten. Dann hat die Politik
ihre Freiheit wiedergewonnen - und zwar dadurch, daß s i e
Wahlkampf mit dem Ausländerthema macht: Ausländerwahlrecht, in
den Kommunen, wo es garantiert nichts ausmacht? Oder "Politik in
erster Linie für die Deutschen"? Wer blamiert sich an dem Thema,
wer lehnt sich zu weit aus dem Fenster? Wer kocht sein Süppchen
darauf? Wie deckt man ab, versteht ohne zu billigen? Kurz: Wer
findet die Formel, die Stimmen bringt?
"M a n k a n n w i e d e r w ä h l e n!" heißt ein Spruch von
rechts - und von links findet er volle Zustimmung: Die Deutschen
haben eine nationale Werte- und Stilfrage entdeckt, über die sie
wieder Differenzen zwischen den Parteien entdecken und die Poli-
tik interessant finden können. Fast alle politischen Instanzen
freuen sich über die neue "Sachfrage". Ein Erziehungsprogramm zu
noch verantwortlicheren Nationalisten als politische Konkurrenz
um Stimmen - das ist das letzte Ende der Ausländerfeindlichkeit.
Nebenher verbrennen ein paar von den Fremden in angezündeten Woh-
nungen. Nicht alle Bürger verstehen eben die Demokratie.
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