Quelle: Archiv MG - BRD GEWERKSCHAFT TARIFPOLITIK - Von Lohnrunden ohne Lohn


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       Bremer Hochschulzeitung Nr. 77, 07.06.1983
       
       Wochenschau
       

DER TARIFABSCHLUSS IM ÖFFENTLICHEN DIENST

wird sich noch etwas verzögern, obwohl in der Sache weitgehende Übereinstimmung herrscht. Partnerschaftlich sind die Tarifkontra- henten nämlich längst übereingekommen, daß für Arbeiter und Ange- stellte bei Bund, Ländern und Gemeinden auch im nächsten Jahr m a t e r i e l l nur eins drin ist, nämlich noch weniger als bislang schon. Die ÖTV schluckte selbst die unverfrorene Sprach- regelung, daß es sich bei den Z u s a t z v e r- s i c h e r u n g e n, für die schließlich b e z a h l t worden ist, um nach Ausscheiden aus dem öffentlichen Dienst ein paar Mark mehr zum Leben zu kriegen, um eine "Überversorgung" handeln soll. Diese werden auf maximal 90% des letzten Nettoeinkommens 'runtergestrichen, und die Einzahler können sie als verlorenen Staatshaushaltskostenzuschuß abschreiben. Frau Wulf-Mathies stieß in der Großen Tarifkommission keineswegs deswegen auf Widerspruch, weil sie ausgerechnet "die von den öf- fentlichen Arbeitgebern eingeräumten großzügigen Übergangsrege- lungen bei der Begrenzung der Zusatzversorgung" lobend hervorhob. Diebstahl a u f R a t e n - das ist 1983 die "Großzügigkeit" der öffentlichen Hand. Was die Tarifkommissionäre störte, ist al- lein die M o d a l i t ä t des und Gehaltabzwackens, die sich im öffentlichen Dienst auf 18 Monate erstrecken soll. Damit es nicht so a u s s i e h t, als habe die ÖTV bereits dieses Jahr das von Stoltenberg vorgesehene Tarifmoratorium im nächsten Jahr ratifiziert, legte sich die Große Tarifkommission mit knapper Mehrheit zunächst einmal quer. Wer für F o r m a l i t ä t e n "kämpft", seine Mitglieder womöglich gar dafür und für höchstens ein paar Dezimalstellen hinter dem Komma antreten läßt, der muß sich in der Tat sagen lassen, daß er einen Streik r i s k i e r t, weil dabei, gleichgültig wie's ausgeht, für Ar- beiter und Angestellte nichts Bares zu holen ist. Für journali- stische Schleimschlecker, die die Bonner Wende "saltissimo" mit- vollzogen haben, ist es aber schon d e r S k a n d a l, daß aus Stuttgart überhaupt ein Nein laut geworden ist. Am gleichen Abend noch Holger Obermann in den ARD-"Tagesthemen": "Ein Schlag ins Kontor, der absolut nicht in die Landschaft paßt!" Und in der "Süddeutschen Zeitung" vom 3.Juni leitartikelt Herr Barbier den jetzt fälligen Faschismus an der Arbeitsfront ein: "Wenn die Be- schäftigten des öffentlichen Dienstes sich nicht durch die Bor- niertheit ihrer Funktionäre zu einer s c h m a r o t z e n d e n R a n d g r u p p e der Gesellschaft degradieren lassen wollen, dann muß die... Basis nun das Heft in die Hand nehmen." Die ge- sunden Kräfte im Volk mobilisieren, um den Parasiten am Staats- körper das Handwerk zu legen - das ist heute liberal. zurück