Quelle: Archiv MG - BRD GEWERKSCHAFT TARIFPOLITIK - Von Lohnrunden ohne Lohn
zurück Das gar nicht überraschende Ergebnis der Metall-TarifrundeKEINE ARBEITSZEITVERKÜRZUNG FÜR EINE LOHNSENKUNG AUF JAHRE
Nun ist die langweiligste Frage dieses Frühjahrs 1987 auch beant- wortet, die Frage nämlich, ob es in der Metallindustrie einen Streik geben würde. Langweilig deshalb - zumindest für die Ar- beitnehmer -, weil vorher feststand, daß beide Varianten der Ta- rifpolitik: kein Streik oder ein Streik, weder eine bemerkens- werte Arbeitszeitverkürzung, noch eine spürbare Lohnerhöhung er- geben würden. Eine Gewerkschaft, die keine "Lohnmaschine" sein will und Ar- beitszeitverkürzung nur mehr wegen der Arbeitslosen und der Kon- junktur als Jahrhundertforderung entdeckt, treibt sich schließ- lich mit ihrer tarifpolitischen Taktik in anderen Höhen herum als in so banalen Niederungen, in denen es um das Wohlergehen ihrer Mitglieder geht. Das abgekartete Spiel --------------------- Nun ist nicht unbekannt, daß kein Schwein in der gesamten IG-Me- tall-Mitgliedschaft jemals daran geglaubt hat, daß die hell leuchtende Sonne der 35-Stunden-Woche auf einen Schlag als die Arbeitszeitverkürzung kommen würde, über die man sich tatsächlich freuen könnte. Die Sonne "35" funzelt ja schon seit 1984 in der bundesdeutschen Landschaft herum. Auch die gewerkschaftliche Lohnforderung von 5% mehr hat niemand für bare Münze genommen. Jeder weiß ja, welche wirkliche Zahl die Gewerkschaft mit so ei- ner Forderung anstrebt. Außerdem war von vornherein klar, daß die IG Metall selbstverständlich bereit sein würde, für ein bißchen Stunde ihres Arbeitszeitschlagers sich Lohngelder abkaufen zu lassen. Aber offensichtlich läßt sich diese Mischung aus gewerk- schaftlicher Taktik und Heuchelei noch steigern. Da schien wochenlang keine Einigung in Sicht zu sein: Steinkühler bereitet die Mitglieder dauernd auf einen Streik vor, sagt an, daß der noch schwerer würde als der Arbeitskampf von 1984; DGB- Chef Breit verbreitet gar Visionen einer gesellschaftlichen Volksbewegung, die den sozialen Frieden aufs schwerste erschüt- tern würde. Da werden die Gespräche abgebrochen, kommt die Schlichtung auf den Plan. Da wundert man sich dann schon, daß in einer solchen 'ausweglosen' Situation noch ein Treffen der Vor- stände der Tarifgegner zustandekommt. Obwohl man sich auf dieser höchsten Ebene um keinen Deut näher gekommen sein will, kommt doch ein zweites Treffen zustande, dem aber offiziell von beiden Seiten so gut wie keine Chance zu einem möglichen Kompromiß gege- ben wird. Noch vor Beginn des Gesprächs meint Steinkühler: "Uns trennen Welten in der Grundeinstellung." Sein Gegenüber, Stumpfe von den Metallindustriellen, quasselt so ähnlich, daß nämlich "beide Seiten noch meilenweit voneinander entfernt" seien. - Ir- gendwann in der Nacht sind sich die beiden getrennten Welten ei- nig; es ist nicht anzunehmen, daß übermäßiger Alkoholgenuß die Ursache für diese Überraschung war. Nein, die Kumpane, die tra- genden Säulen des Erfolgs der deutschen Wirtschaft, haben - gar nicht überraschend - die Inszenierung ihres abgekarteten Spiels zu Ende gebracht. Dafür loben sie sich, weil sie einen Streik verhindert hätten. Da dürfen sich die Arbeitnehmer aber freuen: Sie brauchen nicht zu streiken und haben ein Ergebnis. Das logische Ergebnis --------------------- Und das ist dabei herausgekommen. Die Wochenarbeitszeit bleibt ein Jahr dieselbe wie bisher; 1988 wird sie um eine Stunde redu- ziert; 1989 landet sie bei 37 Stunden. Aber selbst diese mickrige Arbeitszeitverkürzung für die Zukunft ergibt unter dem Strich, daß sie den Unternehmern nicht weh tut und die Arbeitnehmer sie vergessen können. Einmal sorgt die normale Zunahme der Intensität der Arbeit, die die Unternehmer als ihr gutes Recht betrachten, dafür, daß den Malochern in der Metallindustrie die ein wenig verkürzte Wochenarbeitszeit gar nicht kürzer vorkommen wird. Dann sind die Flexibilisierungsmöglichkeiten der Betriebe tarifver- traglich weiter ausgebaut worden: Die individuelle Wochenarbeits- zeit kann 1988 zwischen 37 und 39,5 Stunden variieren, 1989 zwi- schen 36,5 und 39 Stunden. Der Ausgleichszeitraum wurde von bis- her 2 auf 6 Monate verlängert; und nach wie vor gilt die verein- barte Normalarbeitszeit nur als Durchschnitt für die ganze Beleg- schaft. Beides bewirkt, daß die Betriebe je nach Kalkulation die Arbeit ausdehnen oder einschränken können, die Arbeiter aber überhaupt nicht mehr mit einer festen Wochenarbeitszeit rechnen können, sei sie nun kürzer oder länger. Ob in die der Samstag feierlich und offiziell oder "nur' per "Ausnahmeregelung" einbe- zogen wird, darüber dürfen sich die Tarifbezirke noch ein wenig weiterstreiten. Schließlich kommt diese Sorte getürkter Arbeitszeitverkürzung keineswegs mit einem "vollen Lohnausgleich" zustande, wie sich Steinkühler weiterhin nicht entblödet zu behaupten. Im Gegenteil: Zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik haben die Ta- rifpartner einer E i n f r i e r u n g der Löhne auf d r e i J a h r e zugestimmt, genauer: Sie haben für diese Dauer eine sichere Lohnsenkung beschlossen. Die Intensität der Arbeit steigt regelmäßig; die Preissteigerungen gehen weiter (die goldenen Zei- ten der Ölpreissenkungen sind vorbei). die Erhöhung der Beiträge an die Sozialversicherungen steht schon fest.. Dafür dürfen die Unternehmer "in einer Zeit zunehmender konjunktureller Unsicher- heit mit totaler Ruhe; an der Tariffront rechnen - so lobt Stein- kühler sich, als wäre er Unternehmerfunktionär und müßte denen klarmachen, wie großartig er zugunsten des Kapitals tarifverhan- delt hat. Am 22. April 1987 hat die IG Metall die langfristige und gesicherte Steigerung der Ausbeutungsrate für ihre Mitglieder beschlossen. Ein "großartiger Erfolg" (Steinkühler). zurück