Quelle: Archiv MG - BRD GEWERKSCHAFT TARIFPOLITIK - Von Lohnrunden ohne Lohn


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WUSSTEN SIE SCHON, DASS SIE ZUWENIG GELD VERDIENEN?

Wahrscheinlich nicht. Sonst hätten Sie sicher nicht abgewartet, bis Ihnen Ihre Gewerkschaft zur diesjährigen Tarifrunde Ihren diesjährigen Geldmangel ausrechnet. Aber jetzt wissen Sie Be- scheid: Sie verdienen ungefähr haargenau zwischen 6,1 und 7,05% zuwenig. Denn mit so einem Ergebnis wird die "Tarifbewegung" die- ses Mal zu Ende gehen. Das gilt dann wieder und ist gerecht, weil die Gewerkschaft es unterschrieben hat. Also wird es auch genau daran gefehlt haben. Jemand anderer Meinung? Nein? Na dann hat's die Gewerkschaft ja mal wieder prima getroffen. Übrigens, ganz unabhängig davon: Wußten Sie schon, daß Sie zuviel Geld verdienen? ------------------------------------------------ Nein? Noch nichts davon gemerkt? Die Regierung aber schon. Die hat nämlich ausgerechnet, daß ihr Haushalt in diesem Jahr so um die 60 Milliarden DM mehr an Steuern braucht und ihre Bundesan- stalt für Arbeit noch einmal ein paar Milliarden an Einnahmen. Und deswegen hat sie beschlossen, daß Sie Monat für Monat zuviel Geld aufs Konto kriegen, so zwischen 80 und 300 Mark, die eigent- lich wie geschaffen sind für die Lohnsteuer. Und außerdem noch einmal 1,5% zuviel, die der Arbeitslosenbetreuungsanstalt in Nürnberg zusätzlich zustehen. Übrigens findet die Regierung auch Benzin und Sekt zu billig und säuft daher ein bißchen mit. Damit stimmt's dann wieder, in der Staatskasse und in Ihrer. Deutschland hat, was es braucht; und Sie sind dieses lästige 13. Monatsgehalt los mit seinem Konsumterror. Wenn Sie gar kein 13. kriegen, sind Sie es trotzdem los. Denn wie gesagt: Sie verdienen einfach zuviel! *** Gegendarstellung ---------------- Der westdeutsche Steuerzahler traut sich zwar nicht, es laut zu sagen; aber er wird den Verdacht nicht los: Das viele Geld, das der Staat bei ihm einsammelt, kriegen die Zonis drüben; und das auch noch ganz unverdient. Diese Vorstellung ist verkehrt. Richtig ist vielmehr: - Auch in der Zone kriegt keiner Geld, außer er verdient es sich. Nach den Sitten und Maßstäben des gesamtdeutschen Kapitalismus, also durch Lohnarbeit oder durch ein Geschäft. Wer "drüben" ein dickes Geschäft aufzieht - mehr als eine Würstchenbude muß es schon sein! -, der kriegt d a z u Geld hinzugeschenkt; so ähn- lich wie hier Investitionen begünstigt werden. Und wer drüben keine Lohnarbeit findet, wird von Staats wegen eine Zeitlang aus Arbeitsamtsbeiträgen über Wasser gehalten, weil ihn vielleicht irgendwann ja doch ein Unternehmer brauchen kann; auch das wie hier, nur noch viel billiger. Also: - Das Geld, das der Staat einsammelt - übrigens gesamtdeutsch und keineswegs bloß im Westen, auch der Billiglohn der Zonis gibt ei- niges an Steuern und Abgaben her -, steckt er, "drüben" wie hier, erst einmal in s i c h s e l b s t, damit es ihn überall gibt mit seinen Behörden und Arbeitsämtern, seinem Verfassungsschutz und seinen Finanzbeamten. Und er steckt es zweitens in die Ge- schäfte, die seine reichen gesamtdeutschen Lieblingsbürger anzet- teln, damit wenigstens deren Geld "drüben" schon mal die gleichen hervorragenden Lebensbedingungen vorfindet wie im Westen des Vaterlands; dabei hat er höchstens die Sorge, daß die Geldvermeh- rung "drüben" doch nicht so schnell in Schwung kommt, wie er es sich wünscht. Richtig ist also: Die Regierung verschenkt die eingesammelten Gelder ausschließlich an ihr Vorhaben, aus Großdeutschland ein einheitliches D-Mark-Paradies für Kapitalisten zu machen und eine Staatsmacht mit größerem Gewicht in der Welt. Fragt sich nur, ob das richtig ist. zurück