Quelle: Archiv MG - BRD GEWERKSCHAFT TARIFPOLITIK - Von Lohnrunden ohne Lohn


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       Stahltarifrunde '88:
       

DIE UNTERNEHMER FORDERN LOHNSENKUNG - DIE GEWERKSCHAFT GIBT IHNEN RECHT!

Die noch laufende Stahltarifrunde ist inzwischen durch eine t a r i f p o l i t i s c h e O f f e n s i v e der Stahlkapi- talisten belebt worden. Mit einem Verhandlungsangebot, das gleich als "Ergebnisvorschlag" daherkommt, haben die Stahlunternehmer klargestellt, daß angesichts der von ihnen selbst ausgerufenen Stahlkrise sie überhaupt die einzigen sind, die an der Lohnfront etwas zu f o r d e r n haben. Das W a s ist nicht von Pappe: "1 Stunde Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnausgleich zum 1.1.1989; eine 1,5%ige Lohnerhöhung zum 1.1.1989 bis 30.4.1990 (16 Monate); eine 2-7%ige Lohnerhöhung ab 1.5.1990 bis 31.8.1991 (16 Monate); eine 3-7%ige Lohnerhöhung ab 1.9.1991 bis 30.9.1992 (13 Monate) (Handelsblatt, 22.1.) So wünschen sich das die Herren: Die Löhne auf viereinhalb Jahre festgelegt - jenseits aller gegenwärtigen und zukünftigen Infla- tionsraten; und was man an Arbeitsleistung für diese Löhne er- hält, bestimmt man sowieso selber durch die Gestaltung der Ar- beitsplätze. Dafür darf die Arbeitszeit pro Woche sogar um eine Stunde kürzer werden - wenn man diese Stunde dann ohnehin nicht bezahlen muß. Ein denkbar klarer, einseitiger Interessensstand- punkt! Die Antwort der Gewerkschaft ---------------------------- fällt dagegen schwer ab. Gegen die Unternehmeroffensive fällt den Tarifexperten der IG Metall ein, daß es doch eigentlich um etwas ganz anderes und viel Höheres zu gehen hätte als um Lohn, Lei- stung und Arbeitszeit. Wo die Unternehmer unverhohlen ihren Vor- teil fordern, da meint Steinkühler, die Kapitalisten ließen "eine Begründung dafür vermissen, was mit dem Lohnstopp wirt- schafts- und strukturpolitisch zu bewirken ist." "Wirtschafts- und strukturpolitisch Herumwirken" - da ist diese Gewerkschaft voll in ihrem Element. Statt sich um die wirkliche Finanzkrise der Stahlarbeiter zu kümmern, nimmt sie das Gerede von der "Stahlkrise" noch viel ernster als die Politiker und Ma- nager, die es aufgebracht haben, und ruft nach "Lösungen". Bloß: Warum leuchtet ihr denn da ein Lohnstopp nicht ein? In der Wirt- schaftspolitik und in sämtlichen kapitalistischen "Strukturen" geht es doch immer um ein- und dasselbe: darum, den Unternehmern ihr Geschäft rentabel zu machen. Und was leistet dafür ein Lohn- stopp? Na bitte! Argumente für die "Sanierung" der angeblich "krisengebeutelten" Stahlindustrie sind immer Argumente gegen den Lohn. Wer fordert, "Arbeitsplätze zu erhalten", "Beschäftigung zu retten", "Ersatzarbeitsplätze zu schaffen" - und was es sonst noch an Um- schreibungen für die Ideologie gibt, das Geschäft wäre für dessen Menschenmaterial gut -, der ist nicht bloß kilometerweit weg vom Lohn: Der hat sich schon dagegen ausgesprochen, den Lebensunter- halt von Lohnarbeitern jemals zum wirklich bestimmenden Gesichts- punkt für die Lohnarbeit und ihre Tarife zu machen. Das weiß die IG Metall ganz genau. Und genau deswegen verbringt sie die dies- jährige Tarifrunde damit, um diesen Zusammenhang, d e n s i e b i l l i g t, gelehrt drumherumzureden. Manchmal redet ihr Chef übrigens auch Klartext. Z.B. wenn er sich mit den Experten "Süddeutschen Zeitung" unterhält. Da verteidigt sich Steinkühler gegen den Vorwurf, Gewerkschaft hätte den Stahl- kapitalisten zu hohe Lohnkosten beschert, mit dem Hinweis, "daß für die Arbeitgeber ja nicht die Tarif-, sondern die Effek- tivlöhne als Kosten maßgebend sind. Und auf die Effektivver- dienste haben wir nur ganz bedingten Einfluß. Tatsache ist, daß die Effektivverdienste beachtlich über den Tarifvereinbarungen liegen; das haben allein die Unternehmer zu verantworten und nicht wir." In der Tat: Die Gewerkschaft hat sich nichts vorzuwerfen; "unverantwortliche" Lohnerhöhungen sind hierzulande nie erkämpft, sondern von den Kapitalisten als Konkurrenzmittel eingesetzt wor- den - und das sparsam genug, wie jeder weiß. Die Gewerkschaft aber hat sich immer schon um die K o s t e n gesorgt. Und dann leuchtet dieser Gewerkschaft ein Lohnstopp nicht ein?! Wem will sie das eigentlich weismachen? Den Unternehmern viel- leicht? Die wissen schon, bei welchen Lohneinfrierungs- und Lei- stungssteigerungsmaßnahmen sie sich mit den IG Metall-Experten diesmal wieder einigen werden. zurück