Quelle: Archiv MG - BRD GEWERKSCHAFT TARIFPOLITIK - Von Lohnrunden ohne Lohn
zurück Stahltarifrunde:DIE UNTERNEHMER MACHEN EIN BILLIGANGEBOT - DIE GEWERKSCHAFT WARNT VOR STREIK. TYPISCH
Die Unternehmer haben in der laufenden Stahltarifrunde ein Ange- bot zur Lohnerhöhung von 4,8% gemacht. Das ist insofern typisch, da sie bei Tarifverhandlungen genau das machen, was sie auch sonst das ganze Jahr über tun: sie rechnen mit jedem Pfennig, weil sich schließlich die eingekaufte Arbeitskraft ihrer "Mitarbeiter" für sie optimal lohnen soll. Typisch ist aber auch, daß die Gewerkschaft das wieder einmal ganz anders sieht. Im Unterschied zu den Unternehmern will die Interessenvertretung der Arbeiter nicht zur Kenntnis nehmen, daß in einer Ausein- andersetzung um den Arbeitslohn Interesse g e g e n Interesse steht. Im Gegenteil. Die Gewerkschaft hat ja auch in dieser Ta- rifrunde mal wieder die irrige Erwartung in die Welt gesetzt, ihre Lohnforderung würde sich mit dem Gewinninteresse der Unter- nehmer bestens vertragen. Das ist einerseits ohnehin sehr bescheiden gemeint - schließlich sollen die Unternehmer nur das an Lohnerhöhung herausrücken, was sie nach Meinung der Gewerk- schaft auch wirklich verkraften können -, andererseits müssen selbst solche bescheidenen Erwartungen ganz zwangsläufig immer wieder ein wenig enttäuscht werden: die Unternehmer kennen näm- lich keine Lohnforderung, die mit ihrem Interesse vereinbar ist. Sie wollen einen möglichst billigen Abschluß, und das ist auch schon ihre ganze "Taktik", mit der sie in die Tarifverhandlungen mit der Gewerkschaft gehen. Zudem bemerken sie an der Reaktion der Gewerkschaft auf ihre "Angebote", daß sie mit ihrem "sturen" Beharren auf ihrem Interesse ganz und gar richtig liegen. Nichts schöner als ein Gegner, der immer wieder betont, daß ihm an nichts so sehr liegt wie an einem "sozialpartnerschaftlichen Ein- vernehmen" mit den Unternehmern. Der deswegen noch jeden Warn- streik mit der Beteuerung anleiert, daß ihm nichts ferner liegt als eine "Störung des sozialen Friedens", der also lieber heute als morgen zu einer gütlichen Einigung am Verhandlungstisch kom- men möchte. Ist das nicht ein eindeutiges Signal für die Unter- nehmer, daß die Gewerkschaft an einem Streit in der Sache namens Lohn nicht sonderlich interessiert ist? Daß ihr vielmehr an einem Abschluß gelegen ist, bei dem sie ihre verantwortliche Mitwirkung gebührend herausstreichen kann. Eben. Deshalb ist auch die Forde- rung des gewerkschaftlichen Verhandlungsführers nicht mißzuver- stehen: "Die Unternehmer sollten wenigstens einmal ein brauchbares Lohnangebot für zwölf Monate machen." (IGM-Bezirksleiter Brock- hues) "Brauchbar" für die Gewerkschaft ist ein solches Lohnangebot dann, wenn sie sich darin ausreichend als Verhandlungspartner von den Unternehmern respektiert sieht. Dazu gehört bekanntlich nicht viel. Deshalb haben die Unternehmer das bei der Festlegung eines für sie vorteilhaften "Kompromisses" längst einkalkuliert. Inwie- weit der Abschluß für die Mitglieder brauchbar ist, spielt also dabei keine Rolle. Diese haben wie immer zu sehen, wie sie mit den Gewerkschaftserfolgen zurechtkommen. zurück