Quelle: Archiv MG - BRD GEWERKSCHAFT IG-METALL - Gleiche Arbeit und Armut für alle
zurück Lobboda will nicht mehr meckern:EINE GEWERKSCHAFT DANKT AB!
Daß die Arbeiter in ihrer Gesamtheit vom Kapital nicht einmal le- ben können, wird von der Gewerkschaft nicht verschwiegen. Sie zieht daraus nur andere Schlüsse als Kommunisten es tun. Sie en- gagiert sich nicht für die Überwindung einer solchen Wirtschafts- weise, sondern macht sich S o r g e n: Zuerst um die Ar- beitsplätze, dann um die Gewinne, schließlich um die Konjunktur des Kapitals überhaupt und um die Attraktivität der Heimat als Industriestandort. So bewegt sie sich in der Sorge um den Lebens- unterhalt ihrer Mitglieder immer weiter von ihren Problemen weg. Am Schluß präsentiert sie sich - ganz wie die Kapitalisten selber - als radikaler Anhänger des Wirtschaftswachstums, wegen dem ihre Mitglieder öfter mal arbeitslos werden, und entdeckt ihr eigenes leises Klagen über Mißmanagement und herzlose Kahlschlagsanierung als die eigentliche Gefahr für die Arbeitsplätze. Der Nürnberger IG-Metall Chef Lobodda jedenfalls ist zu diesem Schluß gekommen. Bei seiner Analyse der Lage hat er ganz neue Probleme entdeckt, denen sich die Arbeiterorganisation widmen sollte, nämlich "Strukturprobleme des Nürnberger Raums" --------------------------------------- Faktum ist, daß es in Nürnberg massig arbeitslose Arbeiter gibt. Deswegen aber von einer K r i s e zu sprechen, von einer S t r u k t u r k r i s e zumal, ist keine Umbenennung des Sach- verhalts, sondern eine i n t e r e s s i e r t e V e r d r e- h u n g der Tatsachen. Die IG Metall will nämlich gar nicht behaupten, die ortsansässi- gen Firmen mit ihren Geschäften seien in der Krise. In der Krise sind vielmehr nur die Arbeitslosen, - aber um die geht es in d e r W i r t s c h a f t nicht, sonst würde man sie ja sowieso nicht heuern und feuern, gerade wie das Geschäft es braucht. Von der "Strukturkrise" eines ganzen Wirtschaftsraums wegen der Arbeitslosen zu reden, ist falsch und tut so, als sei das W o h l d e r G e s c h ä f t e doch irgendwie dasselbe, wie massenhafte Beschäftigung und B e z a h l u n g v o n L ö h n e n. Dabei ist das Gegenteil der Fall: Das Mittel der Kapitalisten, "Strukturprobleme" ihrer Firmen und Niederlagen in der Konkurrenz zu überwinden sind R a t i o n a l i s i e- r u n g u n d E n t l a s s u n g e n. Sie lösen die Profit- Probleme der Geschäftsleute, indem sie den Arbeitslosen und Entlassenen Existenzprobleme schaffen. An dieser ökonomischen Stellung ihrer Mitglieder hat die IG-Me- tall längst nichts mehr auszusetzen, wenn sie jetzt über S t r u k t u r p r o b l e m e d e s N ü r n b e r g e r R a u m e s klagt. Entlassungen, die dem Profit und damit der Zukunft des Geschäfts dienen, müssen sein; die IGM hat sich da nie quergelegt und auch das begleitende Gemecker eingestellt; heute fordert sie die rationalisierung unter dem Titel "Zukunftsinvestitionen" ausdrücklich. Das P r o b l e m, bei dem Klagen erlaubt ist, hat sie eine Stufe höher angesiedelt und damit noch einen Schritt weiter von den Betroffenen entfernt: Schlimm, meint Lobodda, ist nicht, daß die Leute rausfliegen, schlimm ist; daß sie dann nichts mehr fin- den! Nicht das Rausschmeißen für den Profit soll die Scheiße sein, sondern daß gerade kein anderer Unternehmer da ist, der die Leute nach dem gleichen - für sie unsicheren - Prinzip wieder einstellen würde: Ersatzarbeitsplätze fehlen! sagt Lobodda, der Spinner: Wenn es um Entlassungen geht, weiß er genau, daß die Ar- beiter nicht so tun dürfen, als seien die Fabriken mit ihren Ar- beitsplätzen für sie da. Da gehen Gewinn und W e t t b e- w e r b s f ä h i g k e i t immer vor. Beim E r s a t z- Arbeitsplatz aber soll man auf einmal glauben, die Profitwirtschaft werde für die Beschäftigten veranstaltet und w e g e n der Arbeitslosen sollten und müßten Z u k u n f t s- i n v e s t i t i o n e n i n d e n N ü r n b e r g e r R a u m kommen. Die Rede von der "Strukturkrise" heißt also: "Wir haben die falschen Industrien hier in Nürnberg." H ä t t e n wir in Nürn- berg neben solchen Betrieben wie z.B. MAN oder Hercules auch Fir- men aus blühenden Zukunftsbranchen wie z.B. Nixdorf, w ä r e n die Arbeitslosengelder vielleicht niedriger. Gerade weil "es immer auch um den Arbeitsplatz geht", fordert Gerd Lobodda: "Nürnberg braucht endlich einen geplanten Struktur- wandel. Bevor wir ein Rheinhausen bekommen, muß der Wandel syste- matisch und planmäßig vorbereitet werden." (NN) Wenn es m e h r und mehr wachsendes Geschäft in Nürnberg gäbe, dann wäre der Kapitalismus für die Nürnberger Arbeiter vielleicht weniger schlimm, denkt sich der brave Lobodda und diagnostiziert messerscharf die totale Ohnmacht der Gewerkschaft. Die Gewerkschaft ist das Unglück der Arbeiter! ---------------------------------------------- Der Nürnberger IG-Metall stellt sich nun die Frage, was sie denn eigentlich in dieser lage tun kann, denn tun muß sie irgendetwas, schon um ihre Existenzberechtigung zu beweisen. Nur was? Was kann man noch gegen Arbeitslosigkeit tun wenn man keine einzige Ent- lassung verhindern will? Für (Ersatz-)Beschäftigung sorgen, müßte die Antwort lauten. Nur kann das die Gewerkschaft? Wenn sie das Kapital hätte, die Leute zu beschäftigen, dann gäbe es doch gar keine Arbeitslosen. Auf die Frage, was da zu tun sei, heißt die Antwort der IGM: 1. Gar nichts! 2. Könnte man ja neue Geschäftsmöglichkeiten entdecken und Kapi- talisten dafür begeistern. Nur, ob die auf solche Ratschläge ge- wartet haben? Und die Geschäfte, die gehen, nicht selber schon - und viel professioneller - auskundschaften? Das bringt also ab- sehbar wenig, kann die deutsche Gewerkschaft aber nicht wenig- stens 3. Radikaler Fürsprecher des Kapitalwachstums werden, den Indu- striestandort Nürnberg laut ausloben und die heimischen Arbeiter als tolle Profitbringer feilhalten: "Lobodda fordert alle Kräfte im Nürnberger Raum zum 'großen Dialog' auf. Damit Nürnberg nicht wie Rheinhausen und das Ruhrgebiet, der Entwicklung hoffnungslos hinterherhinkt." (NN) Das theoretische Feilbieten der Arbeiter bringt natürlich nichts, aber die Gewerkschaft kann praktisch etwas für ihre Attraktivität tun: Das Verhältnis von Lohn und Leistung fällt in ihre Verant- wortung, da läßt sich ein Angebot machen und der Industriestand- ort Nürnberg aufwerten: in Sachen Lohnsenkung, Leistungssteige- rung und Schichtregelung wird man nun großzügiger denn je sein, wegen der Industrieansiedlungen und Arbeitsplätze, versteht sich. So gibt man für die Arbeitsplätze immer mehr das auf, warum man sie überhaupt einmal haben wollte. Und für noch etwas ist die IGM praktisch zuständig. 4. Für den sozialen Frieden und das Unterlassen gewerkschaftli- cher Gegenwehr kann sie sorgen! Schließlich ist sie ja die Ge- werkschaft. "Wenn wir wegen Produktionsverlagerungen Rabbatz ma- chen, kriegt die Region zunehmend den Ruf einer Krisenregion. Dann kommt auch niemand mehr gerne her." Also aufgepaßt, ihr Patzelts! Man darf nicht nur nicht sagen, daß Nürnberg eine Krisenregion ist; das wäre Rufschädigung. Man muß auch jeden Schein von Dagegehalten gegen die Unternemerkalku- lation vermeiden - wie harmlos das auch immer gemeint war. Am Ende der gewerkschaftlichen Abdankung geht ihr sozialfriedli- cher Ordnungswahn auch noch mit einem Größenwahn einher: Lobodda glaubt allen Ernstes, daß seine Linie von gestern, sein Geschrei über die Krisenregion an der Arbeitslosigkeit von heute schuld sei. Also "Auf geht's!" mit Optimismus und verstärktem Vertrauen in die kapitalistische Wirtschaft. Das hilft den Arbeitslosen! zurück