Quelle: Archiv MG - BRD GEWERKSCHAFT BETRIEBSRAT - Institution des sozialen Friedens


       zurück

       3-Schicht-Betrieb im Motorenbau
       

DIE "KLEINEREN ÜBEL" WERDEN IMMER GRÖSSER

Die Lage der MAN erfordert in großen Teilen des Motorenbaus Ar- beit rund um die Uhr. So sagt es die Firma, die die tollsten Ab- satzerfolge bei ihren eigenen LKWs erzielt und zudem noch als Zu- lieferer von LKW-Motoren für DAIMLER-BENZ einen wahren Auftrags- boom aufs gewinnträchtigste abwickeln möchte. Zwar ist längst die Motorenproduktion von 110 am Tag auf 130 hochgeschraubt worden mit Überstunden und ab und zu Samstagsschichten. Aber ein "Rückstand" von 400 bis 500 Motoren, die man längst hätte ein- bauen, liefern und verkaufen können, ist inzwischen trotzdem an- gewachsen. Kurz: Ein prima Geschäft ist zu machen - das stellt hier seine Forderungen. Und die Mittel dieses Geschäfts sind vorhanden: 1. Die Arbeiter. Sie müssen natürlich ran zu jeder Tages- und Nachtzeit, wenn das der Profit braucht. Das Kommando dazu gibt die Firma. Sie hat es ja auch - durch die Bezahlung ihrer Mann- schaft, inklusive der gesetzlichen Zuschläge. Damit gilt als ent- golten, daß auch zu bisher unüblicher Zeit kein Rad stillsteht. Und was eine Rund-um-die-Uhr-Produktion d i e A r b e i t e r k o s t e t an Gesundheit und Freizeit - das geht schließlich das Kapital nichts an. 2. Die Maschinerie. Sie ist da und steht bisher für einige Stun- den pro Tag still. Eingesetztes Kapital, für Maschinen ausgegebe- nes Geld, das sich gar nicht immerzu und ununterbrochen vermehrt! Für etliche Stunden liegt es glatt brach, ohne etwas beizutragen zum Profit der MAN! Eine Firma hält das immer für eine Art Miß- stand, der allzu oft halt in Kauf zu nehmen ist. Aber jetzt kann man ihm abhelfen - durch ununterbrochene Arbeit. Nicht nur, daß sich dann die Maschinen eben 24 Stunden am Tag rentieren und das Ihre dazu beitragen, daß sich so die Anzahl der Motoren und der Gewinn der Firma erhöht. Ihre auf 24 Stunden täg- lich ausgedehnte Anwendung v e r b i l l i g t auch noch jeden einzelnen Motor für die MAN, senkt seine Herstellungskosten, so- daß die Gewinnspanne pro Motor sich für die Firma erhöht. Das kommt ganz einfach daher, daß in die Kosten einer Tagespro- duktion anteilig gerechnete Maschinenkosten eingehen, d.h. ein Tageswert der Maschinerie, der sich errechnet aus ihren Einkaufs- und Unterhaltungskosten einerseits und ihrer geplanten Verwen- dungsdauer von soundso viel Jahren andererseits. Dieser pro Tag in Anschlag zu bringende Wert bleibt - abgesehen von einer gewis- sen Erhöhung der Wartungskosten - natürlich gleich, ob nun 8, 16 oder Stunden am Tag produziert wird. Und er verteilt sich auf um so mehr Motoren, sinkt also pro Produkt, je mehr täglich herge- stellt wird. Daß mit anderen Worten - die Maschinerie in der Ar- beitszeit k o s t e n l o s wirkt, die ihre als normal einkal- kulierte tägliche Benutzungsdauer überschreitet, ist die große Quelle von Kostenersparnis, die noch jeden Überstunden- und Nachtzuschlag zu einem vergleichsweise lächerlichen Beglei- tumstand gelungener Ökonomisierung des Kapitaleinsatzes für den Betrieb macht. Eine Alternative ---------------- Eines stand so für die Geschäftsleitung der MAN von vorneherein fest: Zu ihrem Plan einer Rund-um-die-Uhr-Produktion im Motoren- bau gibt es keine Alternative. Sehr wohl aber sah sie eine, wie diesem Bedürfnis des Geschäfts Rechnung getragen werden kann - eine Alternative, die auch, was die Kosten der Firma für Über- stunden- und Nachtzuschläge betrifft, so ungefähr auf dasselbe hinausläuft. Und die präsentierte sie dem Betriebsrat: Entweder zwei 11-Stunden-Schichten hintereinander pro Tag oder 3-Schicht- Betrieb! Und der Betriebsrat wußte tatsächlich zu wählen! Zwischen d i e s e n b e i d e n Alternativen! Nein, er hat nicht b e i d e Varianten für eine Zumutung an die Arbeiter gehalten, die man sich schlechterdings nicht bieten läßt. Er hat auch da noch ein "kleineres Übel" entdeckt. Eines steht eben für einen IGM-Betriebsrat von vorneherein fest: Wenn es ein Bedürfnis des Profits gibt, wie jetzt bei der MAN zur 24-Stunden-Produktion, dann ist er der letzte, der angesichts der damit angekündigten Zumutungen an die Arbeiter NEIN sagt. Er re- det vielmehr von w i r t s c h a f t l i c h e n E r f o r- d e r n i s s e n u n d N o t w e n d i g k e i t e n und ist der erste, der zu ihnen JA sagt. Das vorausgesetzt, fängt er das Rechten an und entdeckt Unter- schiede, wo man die Hand nicht umzudrehen weiß. In der Betriebs- versarnmlung vor einigen Tagen hat er glatt erklärt, er wäre ja einverstanden gewesen mit täglich 2 Überstunden und ab und zu Samstagsarbeit. 46 Überstunden im Monat, das wäre ja noch akzep- tabel - aber 70 Überstunden und mehr? Sollen das eigentlich Argumente sein, in die irgendeine Art Ar- beiterinteresse Eingang gefunden hat? Wären wirklich 70 Überstun- den noch viel schlimmer als ein 3-Schicht-Betrieb? 46 Überstunden aber jeder 3. Schicht glatt vorzuziehen? Daß Gesundheit und Frei- zeit der Arbeiter für den Profit der MAN draufgehen - und zwar doch wohl in allen diesen Fällen! - daran kann bei solchem Abwä- gen doch wirklich niemand gedacht haben! Es ist halt auch anders: Die Erlaubnis zu 70 Überstunden paßt eben wirklich schlecht in eine Kampagne, die auf eine 35-Stunden- Woche als "Solidarbeitrag zum Arbeitslosenproblem" abzielt. Ganz anders der 3-Schicht-Betrieb: Da werden doch glatt ein paar zu- sätzliche Mann eingestellt - befristet, versteht sich! - weil nur mit MAN-intern umgesetzten Turbinen- und Schienenfahrzeugbauern die 3. Schicht nicht ganz aufzufüllen ist. Und schon hat die eine der beiden angebotenen Zumutungen ihr gewerkschaftliches Plus. zurück