Quelle: Archiv MG - BRD GEWERKSCHAFT BETRIEBSRAT - Institution des sozialen Friedens
zurück Wie einmal die Dortmunder Stahlarbeiter dem kapitalistischen ------------------------------------------------------------ Geschäft, der Bonner Weltpolitik und dem Nobelpreiskomitee ---------------------------------------------------------- auf die Sprünge helfen mußten ----------------------------- So mancher wird sich schon mal gefragt haben: Was treiben freige- stellte Betriebsräte eigentlich? Seit Donnerstag voriger Woche ist die Antwort endlich auch einem breiteren Publikum bekannt. Gorbatschows Besuch im Stahlwerk Hoesch in Dortmund brachte es an den Tag. 1. Betriebsräte reisen durch die Welt, z.B. in die Sowjetunion, um A u f t r ä g e f ü r i h r e F i r m a h e r e i n- z u h o l e n. Da staunte sogar die Fernsehreporterin nicht schlecht. "Ja, sagen Sie mal, ist das jetzt üblich, daß Arbeiter ihrer Firma die Auf- träge besorgen?" "Das machen wir doch schon seit Jahren!" Verstehen wir richtig: Die Betriebsräte besorgen die Aufträge; die Arbeit im Betrieb organisieren sie sowieso; - und dann über- lassen sie das ganze Geld, das hereinkommt, freundlicherweise dem Unternehmen und seinen Aktionären? Sie erledigen mit links die Aufgaben der Manager mit - und lassen denen dafür das dicke Geld? Naja. Vielleicht ist es ja auch nur so, daß die Betriebsräte mal kund- geben wollten, wie w i c h t i g u n d n ü t z l i c h sie f ü r d i e A r b e i t e r sind. Und weil ihnen in dieser Hinsicht so direkt nichts einfällt, erzählen sie der staunenden Umwelt, wie u n e n t b e h r l i c h sie f ü r d e n B e t r i e b sind: Der verstünde sich gar nicht aufs Geldver- dienen, wenn s i e nicht dahinterher wären. Betriebsräte bilden sich ein, sie würden ihren "Arbeitgeber" dazu zwingen, Geschäfte zu machen, und geben damit an. Damit wäre auf alle Fälle schon mal klar, womit die freigestell- ten Betriebsräte sich eigentlich beschäftigen. 2. Nebenher müssen sie übrigens auch noch die Arbeit miterledi- gen, die die Außenpolitiker in Bonn liegenlassen: "Diplomatie von unten ..., nachdem die Bonner Regierung auf die Politik von Gorbatschow ja vornehmlich kleinkariert und borniert reagierte ..., reicht bei Hoesch zurück bis in die 60er Jahre..." Da vertun die Machthaber in Bonn ihre Zeit mit Aufrüsten, mit dem Offenhalten der deutschen Frage, mit Erpressungskunststücken per Handel und Kredit, mit Hineinregieren ins "sowjetische Imperium" ...Und da bleibt deutschen Betriebsräten natürlich gar nichts an- deres übrig, als selber mal im Osten nach dem Rechten zu sehen. Oder ist es vielleicht bloß so, daß diese "Diplomaten von unten" sich die offiziellen Parolen von wegen "Völkerverständigung" ganz besonders gut gemerkt haben? Solche Parolen geben unsere Bonner Politiker nämlich immer aus, wenn sie dafür sorgen wollen, daß ein fremder Staat sich immer mehr für deutsche Geschäftsinteres- sen und deutsche Vorschriften beim Regieren "öffnet". Ihre Er- pressungsunternehmen, die zur Verarmung auf der ganzen Welt und auch im "Ostblock" viel beitragen, möchten die bundesdeutschen Machthaber am liebsten verstanden haben wie einen riesengroßen Schüleraustausch. Diese alberne Schönfärberei der Außenpolitik muß den Betriebsrä- ten der Dortmunder Stahlindustrie ein wenig zu Kopf gestiegen sein. Jetzt können sie ihr bißchen T o u r i s m u s und den wirklichen Bonner I m p e r i a l i s m u s nicht mehr richtig auseinanderhalten. Das kostet natürlich manche Sonderschicht... 3. Schließlich und endlich: Wenn die Dortmunder Betriebsräte sich nicht in die Bresche geworfen hätten, wer hätte dann "unseren Gorbi" für den F r i e d e n s n o b e l p r e i s vorgeschla- gen?! All die Komitees, die mit diesem schönen Preis regelmäßig ein leibhaftiges Aushängeschild der freiheitlichen Weltordnung ehren, hätten diesen Genieblitz wahrscheinlich verpennt! Aber Gottseidank haben wir ja den Hoesch-Betriebsrat. Der macht sich Tag und Nacht Gedanken, was deutschen Arbeitern nützt. Und wenn er mitkriegt, daß die Regierung in Bonn von einem abweichen- den Sowjetführer eine gute Meinung hat, weil dessen Politik d e r d e u t s c h e n S a c h e enorm voranhelfen könnte - den bundesdeutschen Ansprüchen nämlich auf den Besitz Europas -: dann fällt es einem solchen mitdenkenden Betriebsrat wie Schuppen von den Augen: Na klar, ein Lob für sowjetische Nachgiebigkeit, ausgesprochen an den smarten Managertyp im Kreml, der unserem Genscher so prima gefällt; ein Preis, ein Friedenspreis, ein Friedensnobelpreis für den ersten Russen seit 70 Jahren, der es den deutschen Geschäftsleuten und Weltpolitikern endlich mal wie- der recht macht: Das hat den Hoesch-Arbeitern zu ihrem Lebens- glück gerade noch gefehlt! Hat er sich jedenfalls so ausgedacht, der Betriebsrat. Der tut eben was für sein Geld! zurück