Quelle: Archiv MG - BRD GEWERKSCHAFT ALLGEMEIN - Politik auf Kosten der Arbeiter
zurück Bremer Hochschulzeitung Nr. 51, 08.02.1982NACHBEMERKUNGEN ZUR DGB-DEMO AM 2.2.
1. Was mag sich wohl der Straßenmusikant in der Sögestraße gedacht haben, der sein "Lustig ist das Zigeunerleben, faria..." sofort unterbrach, als er die mit roten Transparenten garnierte Spitze des Demonstrationszuges erblickte und prompt auf die "Internationale" umschaltete, dann aber seinen Irrtum schnell korrigierte und beim ersten DGB-Emblem die Nationalhymne into- nierte? Wer weiß! Auf jeden Fall lag er schwarz-rot-gold-richtig. 2. Was mag sich wohl die Funktionärsriege unter dem Haupttransparent des Zuges - "DAS GELD IST DA: DIE REICHEN SOLLEN ZAHLEN" - ge- dacht haben, als auf dem Domshof zehn Köche in weiß im Gänse- marsch, ansehnliche kalte Platten über ihren Köpfen balancierend, eilig den Weg des Demonstrationszuges kreuzten und in der Deut- schen Bank verschwanden? Wer weiß! Auf jeden Fall ließen sich die Herren Gewerkschafter nicht provozieren und schleppten ihr Trans- parent bis zum Marktplatz. 3. Was sich der FRIEDRICH von der IG Bau, Steine, Erden gedacht hat, als der Zug an der Bank für Gemeinwirtschaft, der Deutschen Bank, der Commerzbank, der Bremer Landesbank und an einigen anderen Geldinstituten vorbeibewegte, das wissen wir. Das hat er nämlich später in seiner Rede ausgeplaudert: "Die Reichen sollten nicht ihr Geld, sondern die Leute arbeiten lassen!" Natürlich ist es nicht dasselbe, wenn ein Gewerkschafter im Jahre 1982 dasselbe erzählt wie der Hitler vor 50 Jahren; der war auch der Meinung, daß vom "gierigen Finanzkapital" nur Unheil, vom Kapital, welches die "schaffende Arbeit" ausbeutet, nur Heil zu erwarten sei. Warum es nicht dasselbe ist? Wem gehört denn das "gierige Finanz- kapital" der Bank für Gemeinwirtschaft? 4. Was mag sich wohl die Rednerriege von SCHMIDT (DGB) bis WEINKAUF (IGM) dabei gedacht haben, als sie die Kapitalisten einerseits abwechselnd als "Steuerbetrüger, Bodenspekulanten, Zinstreiber, Arbeitsplatzvernichter und Profithaie" beschimpfte, andererseits aber den Staat aufforderte, ausgerechnet diesen "Steuerbetrügern, Bodenspekulanten, Zinstreibern, Arbeitsplatzvernichtern und Profithaien" ganz viele Millionen für Investitionen zu geben? Nichts! 5. Was mögen sich wohl die Träger des Transparents mit der Auf- schrift: "Arbeitslosigkeit für alle bei vollem Lohnausgleich" ge- dacht haben? Hoffentlich dasselbe wie die MAZ-Redaktion bei ihrem Wahlspruch: "Wer keine Arbeit hat, soll wenigstens gut essen!" 6. Was mag sich wohl der Erwin SCHMIDT (DGB) gedacht haben, der den Gegendemonstranten der MARXISTISCHEN GRUPPE "Mißbrauch der von den Arbeitnehmern erkämpften Freiheit" vorwarf, als diese mit Sprechchören und Transparenten "DAS BESCHÄFTIGUNGSPROGRAMM MACHT DOCH NUR DIE LEUTE ARM" "ALLE REDEN VOM LOHNVERZICHT! WIR SETZEN IHN DURCH, EUER DGB" "DER DGB HILFT DER NATION BEIM SANIEREN UND MARSCHIEREN" "DREI JAHRZEHNTE DGB UND DER LOHN SCHMILZT WEG WIE SCHNEE" den Versammelten einige Wahrheiten über die DGB-Politik nahe bringen wollten? Sicher denkt er: Wo kommen wir denn da hin, wenn die Meinungsfreiheit einfach für Gewerkschaftskritik mißbraucht wird! Ja, wohin wohl! *** "Das Geld ist da, die Reichen sollen zahlen!" --------------------------------------------- Unter dieses Motto stellt der DGB seine Vorschläge für ein Be- schäftigungsprogramm: Was hat denn der Arme davon, wenn der Staat den Reichen auch in die Tasche greift? Mehr Lohn? Eine Einkommensgarantie? Kürzere Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich? Oder was? Nichts davon. Aber es wäre mehr soziale Gerechtigkeit in der Welt! Was hat der Arbeiter denn davon, wenn mehr soziale Gerechtigkeit in der Welt wäre - außer einer g l e i c h m ä ß i g e r e n Verteilung von Schädigungen? Nichts aber es gäbe mehr Vertrauen in die Politiker. Was hat denn so ein arbeitender Bürger dieser Republik von mehr Vertrauen in die Politiker? Nichts. Aber er muß sich von den Politikern nicht immer ungerecht behandelt fühlen, wenn die ihm das Geld aus der Tasche ziehen und es den "Reichen" als Investitionshilfe zur Vermehrung ihres Kapi- tals anbieten. Was hat sich denn für den Arbeiter dadurch geändert? Nichts. Aber jetzt ist er soweit, daß seine Gewerkschaft ihn auf eine Demo mitnehmen kann, auf der die bodenlose Ungerechtigkeit der Sparvorschlüge bejammert wird, daß es immer nur die Armen und nie die Reichen treffe! Was hat denn der Arme davon, wenn dem Reichen auch in die Tasche gegriffen wird? Mehr Lohn? Eine Einkommensgarantie? Kürzere Ar- beitszeit bei vollem Lohnausgleich? Oder was? Nichts. Aber... Von wegen nichts'! Als ob so eine Gewerkschaft nichts wäre! Drei Jahrzehnte DGB sind genug! zurück