Quelle: Archiv MG - BRD GEWERKSCHAFT ALLGEMEIN - Politik auf Kosten der Arbeiter
zurück Bremer Hochschulzeitung Nr. 53, 04.05.1982 Der 1. Mai des DGBDEUTSCHLANDFAHNEN ÜBER DEM ARBEITSLOSENHEER
Dieses selbst war auf den zahllosen Maikundgebungen des DGB zwar nicht sehr zahlreich vertreten. Dafür aber um so würdevoller. Es wurde nämlich unermüdlich z i t i e r t. In wohlgesetzten Reden von Gewerkschaftsführern und kleinen und großen Staatsmännern herbeibeschworen. "Die Arbeitslosigkeit", darin waren alle Redner sich einig, wäre "das Problem Nr. 1". Ein Problem - für wen eigentlich? Und inwiefern? Für die Entlassenen - das ist klar. Bloß: die brauchten wahrhaf- tig etwas anderes als Festreden, in denen ihnen versichert wird, wie wichtig man sie findet. Dir bräuchten eine Gewerkschaft, die ihre M a c h t einsetzt, um E n t l a s s u n g e n z u v e r h i n d e r n. Die den Unternehmen einen Strich durch ihre Gewinnkalkulationen macht, in denen immer Löhne als Kosten, Ent- lassungen als Einsparung vorkommen - statt erst alles für den Ge- winn Nötige "mitzubestimmen" und anschließend die "entsetzlichen" Folgen zu bejammern. Und w a s da an der Arbeitslosigkeit bejammert worden ist! Daß den Entlassenen Geld fehlt: so einfach wollte kein DGB-Festredner -------------- die Sachlage sehen. Die haben allesamt die "Arbeitslosigkeit" nur zitiert, um dann sofort an H ö h e r e s zu denken: - Eine Beleidigung wäre es für den redlichen A r b e i t s w i l l e n der arbeitslosen Lohnarbeiter, wenn kein Unternehmen sie benutzt. "Aus der Gesellschaft ausgestoßen" würden da ehrenwerte Mitbürger, an deren hemmungsloser D i e n s t b e r e i t s c h a f t kein Zweifel erlaubt sei. Ja wissen denn bundesdeutsche Gewerkschaftler von dem Zwang, sich als Lohnarbeiter für fremde Interessen benutzen zu lassen, gar nichts anderes mehr zu melden, als daß er eine ungeheure Ehre für das benutzte Menschenmaterial wäre?! - Staat und Wirtschaft würden im Grunde und am allermeisten doch s i c h s e l b e r s c h a d e n, wenn sie sich die Erträge emsiger Lohnarbeit entgehen lassen und noch dazu aus den ge- sammelten Abgaben der Beschäftigten doch wahrhaftig einen Bruch- teil an Arbeitslosenunterstützung wieder auszahlen. Bundesdeut- sche Gewerkschaftler wissen also schon recht genau, wer von der Benutzung der Lohnarbeiter seinen Vorteil hat. Daß das aber für die Lohnarbeiter lauter N a c h t e i l e einschließt - viel Leistung für wenig Lohn, oder gar keinen für Entlassene -, das wollen sie nicht wahrhaben. Im Gegenteil: allen DGB-Festrednern ist zum E l e n d d e r L o h n a r b e i t gleich als größte Sorge eingefallen - die angeblich gefährdete W o h l f a h r t i h r e r N u t z n i e ß e r. - S o l i d a r i t ä t m i t den Arbeitslosen wäre das Gebot der Stunde. Also nicht: "solidarisch" verhindern, daß es über- haupt zu Millionen Arbeitslosen kommt. Sondern: jeder soll sich an ihnen e i n B e i s p i e l n e h m e n, was Dienst- und Verzichtsbereitschaft betrifft. Und: durch Lohnverzicht und Ex- traabgaben an die Staatskasse soll jeder dazu beitragen, daß die Benutzung von Lohnarbeitern sich für "die Wirtschaft" noch mehr lohnt - v i e l l e i c h t könnte sich dann ja auch die Benut- zung von m e h r L o h n a r b e i t e r n lohnen! "Solidarität" heißt also im Klartext: alle leisten gemeinsam Ver- zicht für ein H i l f s p r o g r a m m f ü r d i e N a t i o n! Klar, daß die bundesdeutschen Politiker ------------------------- sich bei solchen Festreden der nationalen Arbeitswut und Ver- zichtsbereitschaft, bei soviel gewerkschaftlichem Selbstlob für die Untertänigkeit der Untertanen, bestens aufgehoben fanden. Sie durften ihrem Arbeitsvolk versichern, seine Opfer lägen bei ih- nen. in den besten Händen - und durften sich für diese Unver- schämtheit auch noch feiern lassen. Der Feind --------- stand bei soviel Einigkeit zwischen Führern und Geführten, zwi- schen Staatsmacht und Arbeitsvolk, natürlich schon längst fest. Wen kann ein deutscher Arbeitsmann nicht leiden? 1. U n t e r n e h m e r, die ihren Laden dicht machen und ihre Belegschaft auf die Straße setzen - vorausgesetzt es sind A u s l ä n d e r. Denn wenn d e u t s c h e Unternehmer das- selbe im Ausland machen, dann ist das nur gerecht: das "sichert deutsche Arbeitsplätze". Wenn deutsche Unternehmer dasselbe im Inland machen, ist das zwar bitter, aber auch gerecht: da "sichert" die "Abschaffung von Arbeitsplätzen", die nicht abge- schafften Arbeitsplätze (so lange, bis die an der Reihe sind). Wenn aber deutsche Unternehmer ihr Kapital ins Ausland schaffen oder a u s l ä n d i s c h e Kapitalisten d e u t s c h e Ar- beiter entlassen dann ist das ein Skandal für den DGB: ein An- schlag auf die deutsche Wirtschaftskraft. Adolf läßt grüßen! 2. Die "Neokonservativen" und "Ewiggestrigen". Darunter soll der Mensch sich Politiker vorstellen, die das herzliche Einvernehmen zwischen Staatsgewalt und Gewerkschaftsvolk stören wollen. Wo- durch? Nicht dadurch, daß sie irgendetwas anderes machen als die hierzulande regierenden Sozialdemokraten - Verarmung der Lohnemp- fänger, Verelendung der Ausgemusterten -, sondern dadurch, daß sie das angeblich o h n e R e s p e k t s erweise vor der deutschen Arbeiterehre, angeblich ohne Liebeserklärung an den DGB durchziehen wollen. 3. Kritiker, die "bloß alles kaputtmachen wollen": die die BRD nicht für die Vorstufe zum Arbeiterparadies und den DGB für des- sen Schutzengel halten wollen. Die den DGB möglich nach der schlichten Frage beurteilen. W a s nützt dieser Verein und wem? Für solche "Nestbeschmutzer" ist natürlich kein Platz mehr, wo die ganze Nation zur Bewältigung der "schweren Zeiten" enger "zusammenrücken muß". Wo diejenigen, auf deren Kosten die Wohl- fahrt der Nation geht, gerade den ersten Preis in S e l b s t l o s i g k e i t erringen wollen. D a f ü r wird ja tatsächlich a n d e r e s benötigt. Vor al- lem ein Verein, der Armut und Ehre der Opfer ganz selbständig or- ganisiert. Und fürs Gemüt eine Vereinsfahne. Die war am 1. Mai überall zu sehen, wo der DGB zugange war. Die Arbeitsfront zeigte sich in schwarz-rot-gold. zurück