Quelle: Archiv MG - BRD GEWERKSCHAFT ALLGEMEIN - Politik auf Kosten der Arbeiter


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       Marxistische Schulzeitung Bremen, 17.09.1981
       
       Bundeswehr und Gewerkschaft
       

GETRENNT MARSCHIEREN, VEREINT...

Genau das fehlte noch! Genau das war dem DGB noch ein Dorn im Auge, daß er als anerkannte, linientreuer vaterlandsliebende na- tionale Kraft, die das Interesse der Millionen ihrer Mitglieder ganz in die Hände des Wohls der deutschen Wirtschaft und Helmut Schmidts gelegt hat, noch mit dem Makel behaftet ist, vielleicht doch etwas, gegen unsere Friedens- und Verteidigungsarmee zu ha- ben. Damit, mit solchen unbegründeten Vermutungen, ist jetzt offiziell Schluß. Der DGB hat jetzt - nach seinem Unvereinbarkeitsbeschluß - einen V e r e i n barkeitsbeschluß gefaßt - mit der B u n- d e s w e h r, diesem höchsten Unterpfand des Friedens. Denn da ist sie ja, damit sie nie schießt; deshalb wird sie ja gerade kräftig aufgerüstet. 1. Der DGB hat entdeckt, daß sein Verein und die Bundeswehr, je- der an seinem Platz, ziemlich ähnliche Aufgaben für die Nation zu erfüllen haben. Der DGB sorgt dafür, daß seine Arbeiterarmeen das Wachstum der BRD sichern und hält mit der Sicherung des sozialen Friedens die Arbeitsfront gerade - die Armeen von Soldaten (die sich glücklicherweise größtenteils aus den schon auf Vordermann gebrachten Arbeiterarmeen rekrutieren) verteidigen den Frieden nach außen und schießen auch notfalls zurück, weil sonst könnte der DGB im Innern nicht mehr den sozialen Frieden sichern. "Bundeswehr und Gewerkschaften haben beide ihren gesicherten Stellenwert in unserer Verfassung. Sie haben - jede auf ihrem Ge- biet - eine unverzichtbare Funktion für unseren demokratischen Staat." Stimmt, für den Staat schon, aber für die Arbeiter? Doch sollte niemand die erklärte Identität von DGB und Bundeswehr so weit in- terpretieren, daß an der Arbeitsfront, die der DGB geradehält, die Arbeiter über Arbeit für den Staat verheizt werden, daß an der wirklichen Front die Arbeiter als Soldaten für den Staat ver- heizt werden. Diese Wahrheit würde der DGB weit von sich weisen. 2. "Im Gegensatz zu langen Epochen der deutschen Geschichte, in der sich bewaffnete Macht und organisierte Arbeitnehmerschaft feindselig gegenüberstanden, betrachten heute Bundeswehr und Ge- werkschaften es übereinstimmend als ihre Aufgabe, unseren frei- heitlichen und sozialen Rechtsstaat zu erhalten und die vom Grundgesetz gewährleistete Freiheit politischer und sozialer Selbstverwirklichung zu schützen." Na also, ist diese unselige Tradition auch beendet. Und wir hat- ten immer gedacht, die Gewerkschaften wären dafür da, den Arbei- tern mehr Lohn und aushaltbare Arbeitsbedingungen zu verschaffen. Wahrscheinlich ist das veraltet und kommt erst ganz, ganz hinten, wenn der Staat innen und außen steht wie eine Eins - dann legt der DGB los mit der sozialen Selbstverwirklichung. Kennt ja je- der, diese Leistung des DGB. Was soll man auch dagegen sagen, wenn die Spitze der gewerkschaftlichen Arbeitsfront das Allpar- teienkonzept in Bonn zu dem ihren macht: "Frieden in Freiheit (klingt stark nach CDU/CSU) ist das höchste Gut und für ein menschenwürdiges Leben unverzichtbar. Freiheit von sozialer Not und Sorge läßt sich nur im Frieden verwirkli- chen." Für diese Lüge sorgt der DGB durch Erkämpfen von Lohnsenkungen, durch die Unterstützung des sozialdemokratischen Sparprogramms, durch die Anerkennung der Bekämpfung des Mißbrauchs der Arbeits- losenversicherung usw. 3. Natürlich auch damit, daß er die laufende Aufrüstung für not- wendig befindet. Denn "nur im Frieden..." denn "Wunsch und Sehnsucht nach Frieden reichen aber alleine nicht aus. Die Bundesrepublik Deutschland ist durch ihre geographische Lage (was macht da nur die Schweizer Gewerkschaft?) eingerügt in das internationale Spannungsfeld (Schmidt, ik hör dir trapsen!) mit seinen tatsächlichen und möglichen Gefahren. Sie kann sich dem nicht entziehen (der DGB auch nicht), sondern hat als Partner in dem kollektiven Sicherheitsbündnis der NATO mit anderen freien Völkern gemeinsam Verantwortung und Risiken zu tragen. Frieden muß erst möglich gemacht werden durch Selbstbehauptungswillen und Verteidigungfähigkeit. Dadurch wird eine auf Krisenbewältigung und Entspannung gerichtete Friedenspolitik möglich." Ein Schlag gegen die Friedensbewegung ist zugleich ein Votum für den Frieden aus der Position der Stärke heraus: Nachrüstung muß sein usw. Nur - wie verträgt sich das beim DGB mit seinem Genör- gel über die Neutronenbombe? Wie geht das zusammen mit seinem "Appell" für völkerrechtlich vereinbarte Abrüstung? Ganz einfach: neben dem offenen Bekenntnis zur friedensfördernden Aufrüstung macht sich der idealistische Friedensquark immer gut. 4. Was Wunder, daß der DGB am Schluß der Vereinbarung mit der deutschen Friedensarmee feststellen kann: "In unserer Geschichte war das Verhältnis von Militär und Gewerk- schaften starken Belastungen ausgesetzt. Bewaffnete Macht war auch ein Mittel des Obrigkeitstaats, die Forderungen organisier- ter Arbeitnehmer und die Entfaltung des demokratischen Willens der Bürger zu unterdrücken. Überkommene gegenseitige Vorbehalte aus diesem historischen Span- nungsverhältnis entbehren heute jeglicher Grundlage." Stimmt, heute ist es umgekehrt. Heute, 1981, 20 Jahre nach dem Mauerbau, kann sich der Obrigkeitsstaat freuen, daß sich der DGB mit seinen Millionen Arbeitern vor ihm und seinen Soldaten ver- beugt und nurmehr die Forderung hat, ja nicht als Antimilitarist angesehen zu werden. Im Innern gibt es also keinen Feind. De halb kann sich die Bundeswehr ganz auf ihren höheren demokratischen Auftrag konzentrieren: die russischen Roten aus der Welt zu schaffen. Vorbehalte gegen die deutsche Kriegsmaschinerie gibt es von Seiten des DGB also wirklich nicht mehr. Wetten, daß dieser saubere Verein der Vertretung der Arbeitnehmerinteressen auch heute einer Kriegsanleihe - wenn sie zur Entscheidung stunde wie im 1. Weltkrieg zustimmen würde! Braucht er aber auch gar nicht, denn heute läuft das Ganze unter dem Titel Sparprogramm. Unver- ständlich bleibt nur, warum im DGB weiterhin die Anrede "Kollege" üblich ist und die Spitzen "Funktionäre" genannt werden. Die Ein- heit der Arbeitsfront mit der deutschen Armee wäre doch auch for- mell besser klargestellt, wenn Viersternegeneral Vetter im Kreise seiner Brigadegeneräle Loderer, Klunker, Mahlein und wie sie alle heißen mit den Fähnrichen Hensche und Steinkühler und mit Hilfe der Vertrauensleute Unteroffiziere ihre Arbeiterarmeen zum mor- gendlichen Arbeits- und Friedensappell antreten ließen: "Zwei, drei - ein Lied: Väter, Mütter, Töchter, Söhne kämpfen für die deutsch Nationöne" - oder so ähnlich. zurück