Quelle: Archiv MG - BRD GEWERKSCHAFT ALLGEMEIN - Politik auf Kosten der Arbeiter


       zurück

       Bremer Hochschulzeitung Nr. 110, 21.01.1985
       
       DGB-Solidarität mit englischen Bergarbeitern:
       

ALMOSEN FÜR FRAUEN UND KINDER - ORGANISIERTER STREIKBRUCH GEGEN DIE NUM

Der DGB hat eine Solidaritätsveranstaltung für die streikenden Bergarbeiter abgesagt und den Redner der Scargill-Gewerkschaft NUM, die den Streik organisiert, ausgeladen. Bei den Arbeitern, die gegen die Entlassung von mehreren tausend Bergleuten kämpfen, hat der DGB nämlich einen M i ß b r a u c h des Arbeitsplatz- Arguments entdeckt. Was haben die englischen Arbeiter verkehrt gemacht? "Doch Scargills Bergarbeiter sind... durch den destruktiven ener- giepolitischen Kurs, der sich allen notwendigen Anpassungen ver- schließt, aus der internationalen Solidarität der Arbeiterbewe- gung ausgeschert." (DGB-Begründung laut FAZ v. 10.1.85) Sie verschließen sich doch glatt der "Anpassung" der Beschäftig- tenzahl an die Profitinteressen der englischen Kohleindustrie, weil sie die Entlassung von 70.000 Bergleuten v e r h i n- d e r n wollen! So darf man doch laut DGB den "Kampf um Arbeitsplätze" nicht verstehen. Stattdessen hat man es wie der DGB zu halten: Jeder Entlassung z u s t i m m e n, die dem Wachstum der Wirtschaft gut bekommt - i m N a m e n der ver- bleibenden Arbeitsplätze natürlich! Entsprechend sieht auch der Solidaritätsbeitrag der deutschen Ge- werkschaft aus: "Humanitäre Hilfe für die notleidenden Familien der streikenden Bergarbeiter ja - aber keine Unterstützung fÜr Arthur Scargill." (ebd.) Also Almosen an die Familien der Streikenden, aber keine Unter- stützung für den Streikführer Scargill und seine Gefolgsleute - den Kampf der Arbeiter will die Gewerkschaft ja gerade nicht be- fördern. Das ist allerdings noch eine harmlose Ausdrucksweise für den wirklichen Streikbeitrag des DGB. Diese Gewerkschaft tut nicht nur n i c h t s für den Streik der Bergarbeiter - sie be- tätigt sich aktiv als S t r e i k b r e c h e r. In deutschen Kohlegruben, wo die IG Bergbau das Sagen hat, wird nämlich mas- senhaft Kohle für England gefördert. So verfügt die englische Re- gierung über reichlich Import-Kohle als Ersatz für die Streikaus- fälle. Den englischen Bergleuten wird damit ihr Erpressungsmittel gegenüber der Regierung aus der Hand geschlagen - die Verknappung der Kohle in England. So hilft der DGB mit, den Streik w i r k u n g s l o s zu machen - und erlaubt seinen Mitgliedern großzügig für die auch von seiner Politik betroffenen Bergarbei- ter-Familien zu spenden. Die leiden nämlich laut DGB-Logik nicht unter dem Klassenkampf der englischen Regierung. Vielmehr gelten ihm Frauen und Kinder der Bergarbeiter als Opfer des Berg- arbeiterstreiks selbst. Deshalb gibt es offizielle Geldzu- wendungen der IG-Bergbau auch nicht für die streikende Gewerk- schaft NUM, sondern für die Gewerkschaft Nacods, die den Streik boykottiert und Streikbrecher organisiert. Eine wirklich fiese Logik: Schuld an der Verarmung ihrer Familien sollen ausgerechnet die Arbeiter sein, die sich gegen ihren wirtschaftlichen Ruin zur Wehr setzen. Hätten sie sich doch gleich feuern, also das Einkommen streichen lassen, dann hätten sie auch keinen Lohnausfall durch den Streik! So heißt der Standpunkt des DGB. Daß diese Politik des DGB den Streik boykottiert, wissen die deutschen Arbeiterführer übrigens nur zu gut: An Polen hat die IG Metall nämlich entdeckt, daß Kohlelieferungen als Ersatz für die Streikausfälle das glatte Gegenteil von Solidarität sind. So fährt die IG Metall unter der Überschrift "Polen liefert Kohle statt Solidarität" Klage: "Polnische Offizielle und Vertreter der neuen Bergarbeiter-Ge- werkschaft lassen keine Gelegenheit aus, um sich mit den strei- kenden Kumpel solidarisch zu erklären. Es trafen sogar Lebensmit- tel ein. Die Vertreter der Ministerien für Bergbau und der Berg- arbeitergewerkschaft hatten schon im Sommer versprochen, keine Tonne Kohle an Großbritannien zu liefern, die über die in lang- fristigen Verträgen vereinbarten Liefermenge hinausgeht. Doch Po- len braucht dringend Devisen... schon im ersten Halbjahr 1984 die für das gesamte Jahr vereinbarte Menge geliefert." (metall, Dez. 84) Den Polen wird also hier genau die Politik v o r g e w o r- f e n, die der DGB in der BRD mitträgt und propagiert! Aber für antikommunistische Hetze gegen ein Ostblockland sind dieser Gewerkschaft eben sogar Klassensolidaritäts-Parolen recht, die sie für sich nie akzeptieren würde. Wahrscheinlich hat sich der DGB gedacht: 'Wenn die Polen aus Solidarität weniger Kohle liefern würden, dann könnte die deutsche Kohleindustrie noch mehr nach England exportieren. Dann würde sich die Streikbrecher-Rolle des deutschen Kohlebergbaus so richtig für Deutschland lohnen!' Und das sichert nach DGB-Logik ja bekanntlich Arbeitsplätze - natürlich immer nur die, die deutsches Kapital nicht weg- rationalisiert, versteht sich. zurück