Quelle: Archiv MG - BRD GEWERKSCHAFT ALLGEMEIN - Politik auf Kosten der Arbeiter


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       Gewerkschaftspolitik
       

UNSER DGB SCHLÄFT NICHT!

Das kann und will er sich gar nicht erlauben angesichts der vielen "Probleme", von denen nach Auffassung des DGB die Nation heimgesucht wird. Alles, was Politiker und Öffentlichkeit an "Schwierigkeiten", "Sachzwängen" und "Herausforderungen" entdec- ken, die eine verantwortliche Staatsführung zu machtvollem Han- deln zwingen, das fordert auch die Gewerkschaftspolitiker zu kon- struktiven Antworten heraus. Da heißt es gewerkschaftliche Alter- nativen entwickeln und in Umlauf bringen. Immer im Namen der Be- troffenen, versteht sich. Denn die sind im christlich-liberal-so- zial fortschreitenden "Modell Deutschland" nicht nur sehr zahl- reich vorhanden, sondern auch der gute Grund für alles, was die Gewerkschaft unternimmt. In diesem Sinne macht sich der DGB Tag und Nacht an der Lösung von "Aufgaben" zu schaffen, an denen die Regierung und die Unter- nehmer seiner Meinung nach kläglich versagen. Sein diesbezügli- ches Interesse geht dabei über die Sorgen der Verantwortlichen nicht selten weit hinaus und über die der Betroffenen stets unge- rührt hinweg. 1. Der Kampf um billige Beschäftigung ------------------------------------- Der Kampf um die "35-Stunden-Woche" ist bei seinen Erfindern, den Tarifexperten der Gewerkschaft, nach wie vor in guten Händen. Ei- ner von ihnen z.B., H. Janßen von der IG Metall, führt diesen Kampf energisch fort, indem er dem Unternehmerblatt "Wirtschafts- woche" ein Interview über den richtigen Umgang mit dem Tarifvertrag gibt, der aus der Tarifauseinandersetzung her- vorgegangen ist. Irgendwie hat der Mann gemerkt, daß der Abschluß den Unternehmern sämtliche Freiheiten eröffnet: "Unser Ziel ist es, aus einem Tarifvertrag, der die Flexibilität zuläßt, eine betriebliche Praxis zu machen, die die 38,5 Stunden- woche als regelmäßige Arbeitszeit möglichst für alle fest- schreibt." Das ist ja interessant. Was die IG Metall mit ihrer 'neuen Beweg- lichkeit' nicht durchsetzen wollte - eine geregelte Verkürzung der Arbeitszeit samt Erhaltung des Lohns -, das will der Fachmann für Bedürfnisse von "Arbeitnehmern" jetzt nachträglich erstrei- ten. Ab er nicht gegen die Unternehmer, die gerade den für sie so vorteilhaften Vertrag daraufhin abklopfen, was sich aus ihm alles machen läßt ab Frühjahr 1985. Sondern durch Aufklärungsarbeit über die wahren Gegner einer vernünftigen Unternehmensführung. Die sitzen nämlich in den Funktionärssesseln der Unternehmerver- bände: "Es sind in erster Linie die Ideologen des Arbeitgeberverbandes, die ein Interesse daran haben, daß die Flexibilität die Regel wird." Diese Chefideologen nun haben nichts zu lachen, wenn H. Janßen ihnen im Namen ihrer Basis den Marsch bläst. Sie schädigen, wenn sie den Herren "Arbeitgebern" ihre unsinnigen Verbandsinteressen aufschwätzen, eben diese ehrenwerten Geschäftsleute mit ihrem In- teresse an lohnender Beschäftigung: "Jede Abweichung von 38,5 Stunden kostet eine Menge Geld." Das sitzt! Der IG Metaller packt die "Bosse", die mit Mark und Pfennig rechnen, instinktiv dort, wo sie zu packen sind - beim Geld. Er rechnet ihnen vor, daß nur der kostensparende Umgang mit den Löhnen in ihrem Interesse liegen kann und daß die flexible Verwendung von Belegschaften sich nie und nimmer lohnt - und er traut ihnen dabei seinen gewerkschaftlichen Menschenverstand zu: "Es muß sich erst noch zeigen, ob die Arbeitgeber die Ideologie von Gesamtmetall mit Hunderttausenden von Mark zu bezahlen bereit sind." Diese Entdeckung ist genial. Der Mann, der kein Problem hat, die eigene Basis zum Wohle der Wirtschaft kräftig draufzahlen zu las- sen, verbreitet allen Ernstes das Gerücht, die Unternehmer müßten sich von einem Gewerkschaftsideologen die Augen öffnen lassen, daß sie bei der "Flexibilisierung" nur draufzahlen. Das muß doch jeder Betriebsleitung einleuchten, daß sie bei einer Arbeitszeit- regelung nach (ihrem) Maß immerzu nur die Leute eher nach Hause schickt und dafür auch noch Geld bezahlt: "Wer nur 37 Stunden arbeitet, muß gleichwohl für 38,5 Stunden be- zahlt werden. Die Arbeitgeber müssen also für jeden, der weniger arbeitet, erhebliche Beiträge aufbringen." Ja dann! Wenn die Sache so ist, muß doch jeder vernünftige Ge- schäftsmann noch einsehen, daß die Tarifrunde eigentlich ein dum- mes Mißverständnis war - heraufbeschworen durch einen unver- zeihlichen Fehler von Ideologen. Die haben nämlich nicht kapiert, daß gewerkschaftliche Forderungen nur gutgemeinte Vorschläge sind, die Bilanzen der Unternehmer zu festigen. Und schon gleich ganz haben sie übersehen, daß gewerkschaftliche Tarifexperten lauter e r l o g e n e R e c h n u n g e n in die Welt setzen, nach denen "Arbeitnehmer" und "Arbeitgeber" in haargenau demsel- ben Boot sitzen: "Die 38,5 Stundenwoche für alle ist sowohl für die Arbeitnehmer als auch für die Betriebe das Beste." Von dem Schlag werden sich die Ideologen von Gesamtmetall so schnell nicht erholen. Zumal, wenn sie auch noch hören, wie die- selben Gewerkschaftsfunktionäre darüber lamentieren, daß ihre Ba- sis zu unflexibel ist, um die Notwendigkeit flexibler Arbeitszei- ten und Löhne umstandslos einzusehen: "Geklagt wird auch darüber, wie schwer es sei, den Tarifkompromiß verständlich zu machen, ihn in die Praxis umzusetzen. Wie solle man zum Beispiel klarmachen, daß der eine 40 Stunden arbeiten 'darf', der andere 37 Stundan arbeiten 'muß', mit später einmal ungleichen Löhnen." H. Janßen jedenfalls weiß längst wie! Indem man vorführt, daß die Unternehmer leider, leider wieder einmal nicht aus politischer Verantwortung, wirtschaftlicher Vernunft und sozialer Partner- schaft handeln, sondern durch ihren eigenen Interessenverband verführt werden. Da kann ja für die Gewerkschaft einfach nichts mehr tabu, da muß sie flexibel sein! 2. Der Kampf um eine gute Wirtschaftspolitik -------------------------------------------- Was die wirtschafts- und sozialpolitischen Taten der Bonner Füh- rungsriege so an "sozialen Folgen" zeitigen, steht täglich in der Zeitung - und zwar so, daß man sich ausgerechnet um "die Gesell- schaft", "den sozialen Frieden" und um die Politik besorgen soll, die sich hier angeblich den größten Belastungsproben und Schwie- rigkeiten gegenüber sieht. Der DGB meint, als Vertreter der geschädigten "Arbeitnehmer" die Sache ziemlich ähnlich sehen zu müssen: In Bonn, so klärt er auf, verwalten nicht Politiker zielstrebig das Wirtschaftswachstum, mehren ihren Staatshaushalt und verordnen den Opfern Sparsamkeit und Fleiß. Nein, da sehen sich die Macher den härtesten Heraus- forderungen so eigenartiger Instanzen wie "die Wirtschaftslage", "die mittelfristiqe Entwicklung", "das gesellschaftliche Problem der Arbeitslosigkeit", "die Zukunftsaufgaben" ausgesetzt - und v e r s ä u m e n jede Menge, vor allem aber schlicht "das Han- deln": "Die Bundesregierung steht der mittelfristigen Entwicklung hilf- los gegenüber." "Bonns Untätigkeit beließ Hunderttausende ohne Arbeit." Auch im Umgang mit der politischen Macht spielt diese Gewerk- schaft den eifrigen Ratgeber und macht auf verpaßte C h a n c e n für Beschäftigung aufmerksam, als hätte sie keinen blassen Schimmer Ahnung davon, daß die Regierung die nationale Konkurrenzfähigkeit, also auch dauernde Rationalisierung mit Entlassungen, nach Kräften fördert. Nach dem Urteil der geistigen Wirtschaftspolitik aus den Gewerkschaftseigen hat die Regierung Kohl das Ansteigen der Arbeitslosengelde nicht verhindern können, "obwohl ihm die weltwirtschaftliche Entwicklung eine einzigartige Chance bot, die Arbeitslosigkeit kräftig abzubauen". Gestandene Gewerkschaftsideologen kennen sich da aus: Für die Er- nährung des Arbeitnehmerstandes braucht es schon eine "Entwick- lung" in der "Wirtschaft", und zwar eine extra günstige. Wenn die da ist, dann erst haben Arbeiter ein Recht, das die Anwälte der Arbeit für sie einklagen, das Recht auf "Beschäftigung" nämlich, für das die Gewerkschaft sie schließlich manches Opfer bringen läßt: "Davon profitierte die deutsche Wirtschaft; der Export wird 1984 real um rund 10% ansteigen. Doch Kohl nutzte diese Chance nicht. Statt eine aktive Beschäftigungspolitik zu betreiben...", müssen sich verantwortliche Gewerkschaftler schon jetzt Gedanken bezüglich des kommenden Abschwungs machen, der "mit einem Sockel von voraussichtlich 2,2 Millionen beginnen" - also zu drei und mehr Millionen führen wird. Wirtschaftliche M i ß e r f o l g e können sie sich gar nicht anders vorstellen - die "Arbeitnehmer" müssen sie allemal ausba- den, und der DGB sagt ihnen, daß das seine Richtigkeit hat. Und noch eine andere, von Helmut Kohl und den Unternehmern ganz unab- hängige Quelle der Arbeitslosigkeit hat B r e i t entdeckt, eine schicksalhafte Entwicklung, mit der Politiker und Arbeiter Unternehmer und Gewerkschafter, kurz "wir" alle fertig werden müssen ein ganzes Buch mit dem saudummen Titel "Schaffen wir das Jahr 2000?" hat ihr der DGB Vorsitzende gewidmet: "Mit dem Segen der Technik war immer der Fluch des Arbeitsplatz- verlustes verbunden." Mit dem Fluch der deutschen Einheitsgewerkschaft war eben schon immer die gesegnete Dummheit ihrer Vorstände verbunden... 3. Der Kampf um eine souveräne und starke Führung ------------------------------------------------- In demselben Buch legt Breit seiner Klientel die Republik mit dem Argument ans Herz, es handle sich recht verstanden um eine wohl- geordnete "Diktatur des Proletariats": "Als Staatsbürger können die Arbeitnehmer in ihrer Gemeinde, in ihrem Bundesland und in ihrem Staat inzwischen mit darüber ent- scheiden, welche Politiker welche Politik machen." Allzu ernst ist diese Lüge über die Demokratie mit ihren Wahlen, in denen das Staatspersonal ermächtigt wird, allerdings auch nicht gemeint. Breit versteht sie gleich in dem Sinne, daß sich die "Arbeitnehmervertretung" um ordentliches Regieren kümmert und ihren Mitgliedern die entsprechenden Figuren zur Wahl an- empfiehlt. Sorgen macht sich der Gewerkschaftschef um die Auswir- kung der Parteienkonkurrenz auf die R e g i e r u n g. Kaum wählen einmal ein paar Prozent nicht sozial-liberalchristlich, kaum sagt eine politische Partei nicht "Sparprogramm", "Wachstum", "Sicherheit", schon ist für einen Funktionär der Ge- werkschaft "nicht zu erkennen, was die Grünen wirklich wollten und wie die Partei einzuordnen sei". "Die Grünen sind derzeit nicht regierungsfähig... Daran, wie sich die Grünen gegenwärtig präsentieren, kann man deshalb keine Ge- werkschaftspolitik ausrichten." Nein, nicht einmal eine bescheidene parlamentarische Alternative mag die demokratische Staatsgewerkschaft unterstützen. Und am al- lerwenigsten gefällt ihr bei diesen "Basisdemokraten", daß doch wahrhaftig die Basis ein Wort mitzureden hat, "welche Politiker" der Partei "welche Politik" machen. "Mit Vorstandsmitgliedern (der Grünen) will ich" (der Breit) "nicht sprechen, weil man nicht weiß, was die überhaupt zu melden haben." Der IG-Chemie-Vorsitzende und SPD-Abgeordnete Rappe denkt das po- litische Führungsprogramm konsequent zu Ende: "Eine große Koalition verspricht bessere Lösungen von Grundfragen als ein Zusammengehen mit kleineren Parteien, die dauernd ihren Klientelen verantwortlich sind und keine für das Ganze vernünf- tige Politik machen können." Vor lauter Sorge um die Souveränität der Regierung gegenüber ih- rem Wählervolk und deren Interessen plaudert Rappe gleich das ganze Geheimnis vernünftiger demokratischer Politik aus: Sie dient allein dem Staatsganzen und duldet dabei nicht die kleinste Störung durch abweichende Ansprüche, mögen die auch noch so demo- kratisch und durch Wähler legitimiert daherkommen. Abhängigkeit von der 'Basis' ist undemokratisch! Da kennt die Gewerkschaft sich aus. 4. Der Kampf um eine saubere Führung ------------------------------------ Freilich, auch bei der führungsstarken großen Regierungspartei entdeckt die deutsche Arbeitervertretung deshalb Schwächen. Die Neue-Heimat-Unternehmenssaubermänner haben nämlich noch von einer anderen Seite her Zweifel an der Unabhängigkeit der Politik. Der "Flick-Affäre" wollen sie nämlich die "A b h ä n g i g k e i t e i n z e l n e r Politiker vom großen Geld" entnommen haben. Damit haben sich einige verantwortungslose Politiker an den höchsten Gütern vergangen, die der Gewerkschaft vor allem anderen am Herzen liegen; - "das Vertrauen zum Staat": "Das erschütterte Vertrauen zum Staat und zum Parlament läßt sich nur durch Einsicht und durch klare Konsequenzen wiederherstel- len." Die Gewerkschaft hat es also sicher nicht verloren und läßt sich die geliebte Republik durch ihre Repräsentanten nicht madig ma- chen. Im Gegenteil: Sie verteidigt sie um so mehr, und zwar ihre Führungsriege eingeschlossen, gegen die 'schwarzen Schafe'. - "die politische Kultur": "Mit dem Anspruch auf moralische Erneuerung angetreten, sind die 'Wendepolitiker' inzwischen als Wegbereiter für den Verfall der politischen Kultur entlarvt worden." Da haben sie doch wahrhaftig die Wende verpaßt! So macht sich eben die Gewerkschaft ersatzweise und diesmal im Werbedienst der SPD zum besseren Anwalt der Verwechslung von Macht und Machtaus- übung mit 'geistiger Führung', moralischem Anstand und Sauber- keit. - "die parlamentarische Demokratie": "Außerdem haben sie die parlamentarische Demokratie aufs Spiel gesetzt: Die Weimarer Republik wurde auch durch Flick-Spenden an die Totengräber der Demokratie zugrunde gerichtet." Daß demokratische Politiker faschistischen Führern in nichts nachstehen, will Mayr damit natürlich nicht behauptet haben. Er will nur sagen, die SPD soll dran. - "das Instrument der politischen Schlichtung": "Können wir uns überhaupt noch auf eine politische Schlichtung einlassen bei all dem Sumpf, der in dieser Republik zutage tritt?... Welcher Politiker, der Millionenbeträge aus den Kassen der Industrie erhalten hat, ohne dafür Leistung zu erbringen, kann noch frei davon sein, eine Dankesschuld abtragen zu müssen?" Das können die Fürsprecher eines politisch verordneten Tarifer- gebnisses ganz und gar nicht leiden, wenn an dem Schein von Über- parteilichkeit der Politiker gekratzt wird, den die Gewerkschaft gemeinsam mit den Herren in Bonn nach Kräften pflegt. Da werden H. Janßen und Konsorten wohl für alle Zeiten auf die tätige Mit- hilfe des ehemaligen Bundestagspräsidenten Barzel bei der Eini- gung über Lohnverzicht und Leistungssteigerung verzichten müssen. 5. Der Kampf um eine saubere Heimat ----------------------------------- "Großkundgebung und Demonstration gegen das Waldsterben Samstag, 10. November 1984, in München Es sprechen: Jakob Deffner, Vorsitzender des DGB, Landesbezirk Bayern Fritz März, 1. Vorsitzender des Deutschen Alpenvereins Michael Häsch, Senator und 1. Vorsitzender des Bayerischen Wald- besitzerverbanddes... Aktionsgemeinschaft 'Kampf geben das Waldsterben' Mitgliedsver- bände:... Bayerischer Bauernverband... Bayerischer Forstverein... Bayerischer Waldbesitzerverband... Bayerischer Holzhandelsver- band... Deutsche Ameisenschutzwarte... Landesverband Bayerischer Imker... Verband der Bayer. Säge- und Holzindustrie... Weltbund zum Schutz des Lebens... Deutscher Gewerkschaftsbund." 6. Der Kampf um die deutschen Interessen in der Welt ---------------------------------------------------- Dort, wo es darum geht, aus den Arbeitsleistungen und dem Gehor- sam des Arbeitsvolkes international das Beste zu machen, da ist auch die Gewerkschaft zu Hause. Da kennt sie nur noch nationale Rechte und Pflichten - Dienst p f l i c h t e n der verschie- denen Stände g e g e n ü b e r i h r e m G e m e i n w e s e n und R e c h t e d e s S t a a t e s gegenüber anderen Natio- nen. Beide werden vor den Augen einer wachsamen Gewerkschaft lei- der nur allzuoft verletzt. Was die Pflichten angeht, sind manche Leute leider hoffnungslose Fälle. Zum Beispiel gewisse deutsche Unternehmer. In jeder Ta- rifrunde warnen sie vor zuviel Lohn, weil das "unsere" Konkur- renzfähigkeit gegenüber "den Japanern" kaputtmache. Ja, sie ver- dächtigen sogar die Gewerkschaft, den asiatischen Konkurrenten in die Hände zu spielen. Und was muß die so des Landesverrats ver- dächtigte, die diesem Argument längst durch "tarifpolitische Ver- antwortung" überreichlich Rechnung getragen hat, erfahren? Einen Abgrund von Landesverrat auf der Gegenseite! Betont fassungslos steht sie vor der Tatsache, daß "der Verhandlungspartner der IG Metall bei Tarifverhandlungen, Stihl, japanische Interessen vertritt, indem er auf Erzeugnisse der japanischen Metallindustrie seinen Namen klebt und sie in Deutschland vertreibt." Daß die Geschäftswelt international zu Gange ist, haben Gewerk- schafter ja wohl schon gemerkt, die ansonsten für deutschen Ex- port und die dazugehörigen Arbeitsplätze sind und bei Kanzlerrei- sen nach China und anderswo dem Abschluß von deutschen Milliar- dengeschäften im Ausland beiwohnen. Wenn sie den "Verhandlungspartner" zu mehr nationaler Gesinnung und mehr Re- spekt vor wahrem "made in Germany" anhalten, dann doch wohl, weil sie an nichts mehr etwas auszusetzen haben, wenn es d e u t s c h ist. Daß mit billiger Arbeitskraft gute Geschäfte gemacht werden - kein Problem. Aber wehe, es kommt nicht der ei- genen Herrschaft zugute. Und den Verdacht hegen Arbeitervertreter öffentlich ganz schnell, weil da nicht Arbeiter ihre Interessen anmelden, sondern Nationalisten, die ganz fest daran glauben, daß sie vom Erfolg ihres Vaterlandes leben - bzw. das Vaterland von ehrlicher und fleißiger deutscher Hände Arbeit. Deren Benutzung für den Fortschritt Deutschlands klagen sie also bei den Verant- wortlichen ein. Was die R e c h t e der Bundesrepublik angeht, so fühlen sich die DGB-Oberen des öfteren dazu aufgerufen, sie entschieden zu verteidigen. Da reden Arbeitervertreter wie der Wirtschaftsmini- ster und mischen sich mit Lob und Tadel bei anderen Ländern ein: "In Ungarn und in der Volksrepublik China... hat sich durch ein Mehr an privater wirtschaftlicher Autonomie, durch ein Mehr an individueller Verantwortung und Gestaltungsfreiheit die Landwirt- schaft überraschend gut entwickelt, was auch vielen Ländern in der Dritten Walt zu wünschen wäre." Klar, daß hier weniger an Getreide und andere Güter für die Be- völkerung als an die "sehr offene Atmosphäre", also die guten Be- ziehungen zur deutschen Wirtschaft und Politik, gedacht ist. Für deren Prinzipien reist auch die Gewerkschaft durch die Welt, mit Vorliebe durch die östliche - als selbsternannter Repräsentant aller Segnungen der sozialen Marktwirtschaft und einer ihr zuge- tanen demokratischen Einheitsgewerkschaft. Und was muß sie bei ihrer Propaganda für das bundesrepublikanische Modell eines Ar- beiter- und Bauernstaates drüben hören? Den "Vorwurf des Revan- chismus". Kaum gehört, schon führt sie sich staatstreuer als die 'Staatsgewerkschaften' drüben auf und weist diesen Vorwurf ent- schieden zurück, ausgerechnet im Namen ihrer antikommunistischen Agit-Prop-Feldzüge drüben: "Dieser Dialog sollte nicht durch den Vorwurf des Revanchismus gestört werden. Diesen Vorwurf kann man nicht je nach Laune und politischer Wetterlage aufwärmen... Die IG Metall hat derartig pauschale Anschuldigungen im Namen aller deutschen Gewerkschaften stets zurückgewiesen." Nicht "pauschal" ist es nämlich nur, wenn die Russen und unsere Arbeiter-Brüder und -Schwestern einsehen, daß "wir" ein Recht auf Wiedervereinigung haben; das braucht der Arbeitsmann hüben wie drüben unbedingt. 7. Der Kampf um die Institution Gewerkschaft Die DGB-Oberen machen sich gegenwärtig allergrößte Sorgen um den Fortbestand der Gewerkschaftsorganisation - also um sich. Ihnen kommt immer mehr "Basis" abhanden und die Öffentlichkeit deutet auch noch hämisch darauf hin. Das macht die Herren in den Chefe- tagen der Arbeitervertretung unzufrieden. Ihre Basis gefällt ih- nen ganz und gar nicht mehr: Die Zunahme der Zahl der Ausbildungsplätze bei kleinen und mitt- leren Betrieben ohne Betriebsräte und Vertrauensleute, die Unsi- cherheit am Arbeitsmarkt, die Unsicherheit wegen der Lehrstellen - das alles dämpft die Bereitschaft, sich zu organisieren und zu engagieren." "Aus der Beschäftigungskrise wächst die Angst um den eigenen Ar- beitsplatz und die Furcht vor persönlichen Nachteilen bei einem offenen Bekenntnis zur gewerkschaftlichen Solidargemeinschaft." Die ungemütlichen Folgen des Wirtschaftswachstums, die hier unter "Krise" angeführt werden, kommen Gewerkschaftsfunktionären offen- sichtlich gar nicht mehr als Gründe in den Sinn, die eine organi- sierte Gegenwehr erforderlich machen, sondern als schlechte Be- dingung für den Willen von Arbeitern, ihre Vertretung zu stärken. So sortieren Gewerkschaftspolitiker die Konjunkturen des Ge- schäfts, des Arbeitsmarktes, Auf und Ab der Arbeitslosengelde und Lehrstellen nach günstig und ungünstig für die Zahlen der zahlenden und vorweisbaren Mitglieder, in deren Namen die Gewerk- schaftsvorstände am öffentlichen Leben teilnehmen können. Deswegen fällt Breit auch noch ein ganz anderer Umstand ein, der seiner Organisation das Leben schwer macht: die "Wende": "Die Arbeit der Gewerkschaft ist in schweres Wetter geraten. Ihre Leitbilder - soziale Sicherheit für jeden, Solidarität, Chancen- gleichheit und Mitbestimmung auf allen Ebenen - haben keine Kon- junktur, und auch die meisten der wirtschafts- und sozialpoliti- schen Konzepte stehen im Widerspruch zur gewerkschaftlichen Pro- grammatik." Gewerkschaftler können sich den Erfolg ihrer Organisation gar nicht mehr anders vorstellen, als daß die Regierung und die Öf- fentlichkeit sie respektieren, ihr anerkennend auf die Schulter klopfen und ihre Anliegen per Parlaments- und Kanzlerbeschluß verordnen. Alles das, was da an "Leitbildern" aufgeführt wird, ist denn auch das Werte-Einmaleins, mit dem einst die SPD unter tatkräftiger Wahlhilfe der Gewerkschaft diese Republik regiert und vorangebracht hat. Die Arbeitslosen, Lohn- und Leistungsfra- gen, all das betrachtet die Führungsmannschaft als nebensächlich, wenn nur das Einvernehmen der Gewerkschaft mit der Regierungs- mannschaft stimmt. Die eigentliche Basis der Gewerkschaft sitzt eben in Bonn. Und deswegen sieht sie zu, daß auch unter Kohl die Gewerkschaftskar- rieren auf Parlaments- und Ministersesseln nicht abreißen. Der Christdemokrat Blüm, der Sozialdemokrat Rappe und andere liberale Arbeiterführer sind da die lebenden Beweise, daß Gewerkschaftspo- litiker auch unter der Christenregierung eine gesicherte Zukunft haben. Und wenn dann einer in die "große Politik" aufsteigt, wie der DGB-Vize Pfeiffer, der jetzt EG-Kommissar geworden ist, dann findet er nicht nur in der bekannt gewerkschaftsfreundlichen "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" einen lobenden Lebenslauf, son- dern auch von seinem 1. Vorsitzenden Breit in den Gewerkschafts- blättern die passende Würdigung "als ein Wirtschaftspolitik, der mindestens in europäischen Di- mensionen denkt, überzeugungskräftig, logisch und zielbewußt ar- gumentiert." Der DGB schläft eben nicht. Er regiert mit! zurück