Quelle: Archiv MG - BRD DEMOKRATISCHES-LEBEN SPD - Von den noch besseren Deutschen
zurück Marxistische Schulzeitung Bremen, 15.11.1983 Bremen aktuell Der erste Beschluß der neuen Bremer BürgerschaftSPD-NEIN ZUR STATIONIERUNG, SPD-JA ZUM NATO-PROGRAMM
Bevor sich die neugewählte Bürgerschaft ans Regieren der Bremer machte, verabschiedete eine Mehrheit von SPD und Grünen einen "SPD-Antrag, der sich ohne Wenn und Aber gegen die amerikanischen Raketen wendet." (Weser-Kurier 10.11.) Was ist davon zu halten? Kann es einer SPD um Widerstand gegen die NATO-Kriegsvorbereitung gehen, die "ohne Wenn und Aber" - nicht nur in Bremen über die Produktion von kapitalistischem Reichtum herrschen will, für den sie in aller Herren Länder auf dem Anspruch besteht, diese hätten der "deutschen Exportabhängig- keit" stabil zu dienen? - die also mitmachen will am bundesdeutschen Imperialismus, des- sen Interessen erst kriegsträchtige Gegensätze in der Staatenwelt durchsetzen und dessen politische Sachwalter deshalb für lauter Verteidigungsfälle ihres Weltfriedens aufrüsten? - deren Chef Koschnick aus eigener Praxis weiß: "Wir stehen im Bündnis und mit dem Bündnis" (Weser-Kurier 9.11.), der die Dop- peloffensive des NATO-Kriegsbündnisses gegen den Osten miteinge- leitet hat und weiter mitträgt: "Bürgermeister Koschnick vertei- digt den Doppelbeschluß, weil dadurch erstmals die Großmächte über Abrüstung gesprochen hätten." (Weser-Kurier 10.11.) - über Abrüstung im Osten versteht sich. - die gerade in Bremen ihre Macht für das Florieren der Rü- stungsschmieden einsetzt? - die überall, wo sie an der Macht ist, mit ihrer Finanz-, Wirtschafts- und Sozialpolitik die Kosten der bundesrepublikanischen Verteidigungs-, Außen- und Innenpolitik eintreibt, indem sie für lohnende Geschäfte der Wirtschaft das arbeitende Volk einspannen läßt, auf die "Wirtschaftlichkeit" seiner Leistung und Billigkeit seiner Ernährung dringt und die Kosten für unbrauchbar gemachte Arbeitslose dämpft? - deren Innensenator Friedensdemonstrationen in der Freizeit er- laubt und mit einem bürgerkriegsähnlichen Polizeiaufgebot dafür sorgt, daß der innere Frieden des Regierens dadurch nicht gestört wird? - die in ihren Schulen eine Friedenserziehung durchsetzt, um "die Einsicht zu vermitteln, daß unter Umständen auch die Fähigkeit zum Krieg, zur Verteidigung da sein muß" (von Hassel)? Eine SPD, die alle bundesdeutschen Kriegsgründe teilt und, wo es in ihrer Macht steht, alle praktischen Schritte der Kriegsvorbe- reitung vollzieht, lehnt das mit Sicherheit nicht ab, wenn sie sich gegen "die Stationierung neuer eurostrategischer Waffen" ausspricht. Was bewegt die Bremer SPD dann? Aufrüstung - aber weniger riskant! ---------------------------------- "Seine Partei spreche sich gegen die Stationierung der US-Waffen aus, weil die Verhandlungen in Genf keine Aussichten auf Erfolg mehr böten." "Konrad Kunick... plädierte dafür, in Genf weiter zu verhandeln und zwischenzeitlich keine neuen Waffen aufzustellen." Die Bremer SPD bekräftigt also den unter ihrem Kanzler Schmidt zustandegekommenen NATO-Doppelbeschluß. Die Entwaffnung des Ostens abverlangen und dafür als Erpressungsmittel eine westliche Bewaffnung einsetzen, die das Genfer Verhandlungs"angebot" militärisch vollstrecken kann, die- ses NATO-Programm teilt auch die Bremer SPD. Folglich hat sie auch in einer Hinsicht nichts gegen die mittlerweile einsatzbe- reiten Kampfmittel des Westens: in Genf sollen die Pershing II und Cruise missile ja unbedingt in Anschlag gebracht werden. Al- lerdings wendet sich die SPD gegen eine Konsequenz der Durchfüh- rung des NATO-Doppelbeschlusses. Sie spricht sich gegen die an- stehende S t a t i o n i e r u n g Ende diesen Jahres aus. Ihre Begründung: "Überrüstung, Überlegenheitsdenken und technische Mängel könnten dazu führen, daß wir in einen Krieg hineinschliddern." "Auf Grund der kurzen Flugzeiten der Waffen wird ein technischer Irrtum mit Krieg beantwortet werden." Konrad Kunick und seine Mannen wollen also ein Risiko in der Durchführung des von ihnen gebilligten NATO-Programms entdeckt haben. Der Osten könnte dem Westen einen Krieg aufnötigen, den dieser so gar nicht kalkuliert hat. Diese erlesene Sorge kalku- liert mit dem Wissen um die tödliche Bedrohung, die der Westen der östlichen Staatenwelt aufmacht. Die aber legt man natürlich nicht westlichen Politikern, sondern einer störanfälligen Technik zur Last. Im Klartext spricht sich die Bremer SPD "ohne Wenn und Aber" für die mögliche Vermeidung jeden Risikos der NATO-Kriegs- vorbereitung für die Nation aus. Dafür möchte der Vorwärtsdenker Koschnick die Russen am Verhandlungstisch stillhalten: "Ich glaube, daß die wirklichen Entscheidungen in diesem Bereich erst dann fallen, wenn sich die Vereinigten Staaten von Amerika und die Sowjetunion im interkontinentalen Raketenbereich, START genannt, verständigt haben. Erst danach wären die Entscheidungen für den Bereich der Mittelstreckenwaffen zu treffen. Und das gilt dann auch für alle atomaren Waffensysteme, die auf beiden Seiten der Elbe eingerichtet sind, und auch für den Bereich der chemi- schen Waffen. Genauso müßte man über die Reduzierung der konven- tionellen Streitkräfte reden, was ihre Mannschaftsstärken und ihre Verbände betrifft.." (Weser-Kurier, 9.11.) Unbescheidener kann man das Verhandlungsideal des Westens nicht mehr aussprechen: Der Osten soll auf allen Gebieten seine Macht- mittel von einer "Verständigung" mit dem Westen abhängig machen, der überall die Entwaffnung der Sowjetunion verlangt. Natürlich weiß Koschnick, daß sich die Sowjetunion nicht am Verhandlungs- tisch unter diesen Anspruch beugen läßt. Seine Partei macht ihre Anhänger ja jetzt schon damit vertraut, daß "die Verhandlungen in Genf keine Aussichten auf Erfolg mehr böten". Aber als Methode zur Risikominderung bei der NATO-Aufrüstung schätzt die SPD den Verandlungstisch sehr hoch ein. Und da gibt sie zu bedenken, ob allein die vom Westen zum "Scheitern" gebrachten Genfer Verhand- lungen über die Raketenstationierung entscheiden sollten! Womit auch gleich klargestellt wäre, daß das SPD-Nein nicht einmal ei- ner Stationierung überhaupt, sondern der "s o f o r t i g e n Stationierung" dieser Geräte gilt. Klar, wenn mancher Friedensbewegte (SPD'ler) darin seine Ableh- nung der Kriegsvorbereitung vertreten sieht, ist es Koschnick, Kunick und Konsorten auch recht. zurück