Quelle: Archiv MG - BRD DEMOKRATISCHES-LEBEN SPD - Von den noch besseren Deutschen
zurück Bremer Hochschulzeitung Nr. 61, 02.11.1982 WochenschauEX-KANZLER SCHMIDT
hat sich letzte Woche erstmals öffentlich über die "lebensbedroh- lichen" Wirkungen eines hohen Staatsamts geäußert - natürlich exklusiv bezüglich des Befindens der eigenen Person. Die leichenproduzierende Wahrnehmung "unserer weltweiten Interessen" kommen in Schmidts Lamento in eigener Sache ebensowenig zur Sprache, wie die ganz normale staatliche Tätigkeit im Inneren mit ihren so eminent gesundheitsfördernden Wirkungen auf Arbeitende und Arbeitslose, Anwohner von AKWs, ganz zu schweigen von den po- tentiellen Adressaten "unserer Verteidigungsanstrengungen". Es ist natürlich kein Zufall, daß der Abgeordnete Schmidt-Hamburg j e t z t entdeckt, wie anstrengend die Ausübung der Macht sein kann, wo sie ihm andere abgenommen haben und er sich sicher ist, sie trotz aller persönlichen Anstrengung nicht zurückholen zu können. Der Mann will seinen Abgang durch eine bei Neuwahlen in Aussicht stehende Rolle als Oppositionsführer nicht verwässern. Der Verzicht auf die Spitzenkandidatur für die Oppositionspartei SPD --------------------- schließt jedoch keineswegs aus, daß Schmidt ihre Offensive gegen die Regierung mit seiner Person besonders "glaubwürdig" vertritt: Einer, der wie er das "Sparprogramm" nicht nur erfunden, sondern auch durchgesetzt hat, gerät nie und nimmer in den Verdacht, die SPD wäre auf einmal für Klassenkampf von unten, wenn sie den neuen Herren "Klassenkampf von oben" vorwirft. Der erste Entta- buisierer des "sozialen Netzes", der jahrelange Advokat von Real- lohnsenkungen unter dessen politischer Führung die deutsche Wirt- schaft bis jetzt 2 Millionen Arbeitslose freigesetzt hat, um im "internationalen Vergleich immer noch gut dazustehen" hat natür- lich nicht der Wahrheit das Wort reden wollen, daß "unsere" Wirt- schaft eine Veranstaltung ist, wo die eine Klasse auf den Knochen der anderen jenen nationalen Reichtum produziert, den der Staat für seine Politik braucht. Er wollte lediglich darauf hinweisen, daß die Kohl-Mannschaft das Geschäft der Schröpfung des Arbeits- volkes ungeschickt beherrscht. Wie kann man denn gleich eine Lohnpause fordern wie Herr Blüm, anstatt wie bisher jedes Jahr die Lohnsenkung kämpferisch und tarifautonom im vollsten Einver- ständnis mit den Gewerkschaften beschließen? Weil die SPD Opposi- tion ist, ist ab sofort gewerkschaftliche Kritik an der CDU/FDP- Regierung erwünscht. Je härter die T ö n e, um so besser für eine SPD, die sich anbieten kann, den "sozialen Frieden" wieder- herzustellen, den die Unionsführer mit ihrer Ellenbogenmentalität fahrlässig gefährden. Daß der Staat für sein Rüstungsprogramm bei denjenigen spart, die für die Produktion ohnehin nicht mehr oder noch nicht zu gebrau- chen sind, Rentner und Arbeitslose, bzw. Schüler und Studenten, ist keine CDU-Erfindung, und im Vorwurf, hier würde eine "Ellenbogengesellschaft" installiert, ist keineswegs irgendein Versprechen enthalten, die SPD würde es anders machen. Daß die a n d e r e n es machen, ist die Kritik der SPD, die sich als Opposition nun dafür für die Macht beim Wähler qualifiziert, daß sie das g l e i c h e anders macht, wenn man sie erst wieder läßt. Das schließt keineswegs aus, daß die nächste SPD-Regierung genauso an den Leistungen ihrer Vorgängerin nahtlos anknüpft, wie es die Christenregierung jetzt tut. Einig sind sich beide Seiten darin, daß in der BRD Klassenkampf n u r v o n o b e n ge- macht wird. Weil man demokratischerweise d a f ü r allerdings die Stimmen von unten gewinnen muß, wird um die gestritten - wenn es Erfolg verspricht auch mal mit "klassenkämpferischen" Parolen. zurück