Quelle: Archiv MG - BRD DEMOKRATISCHES-LEBEN SPD - Von den noch besseren Deutschen
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SPD-Parteitag
AUS VERANTWORTUNG ZURÜCK AN DIE MACHT
"Der Weg zurück in die Regierungsverantwortung hat schon begon-
nen." (Altbundeskanzler Schmidt)
Eine beeindruckende Demonstration demokratischer Qualitäten: Die
SPD hat sich voll im Griff und nimmt sich selbst in die demokra-
tische Pflicht, zu ihrer Verantwortung in der Tradition der Ar-
beiterbewegung zu stehen und im Namen Deutschlands die Macht wie-
der ganz in die eigenen Finger zu kriegen.
Der Weg dahin ist nicht etwa der ganz ordinäre Daseinszweck jeder
Partei, sondern moralische Schwerstarbeit. Der Parteivorsitzende
Brandt:
"Wir müssen hart arbeiten und dürfen es uns nicht erlauben, eine
Weile auszuscheren, um erst die Welt richtig zu ergründen. Statt-
dessen müssen wir, vielleicht früher als erwartet, bereit und in
der Lage sein, auch im Bund, wenn es sein sollte, die Verantwor-
tung aus dem Stand zu übernehmen."
Dieses überzeugend schlichte Programm: Wir wollen wieder regie-
ren, erfordert natürlich tiefgründigste Programmdiskussionen.
Dazu sind Parteitage da und "diskutiert" wird folgendermaßen.
Eppler:
"Wir wollen klären, wie die Politik der großen linken Volkspartei
für den Rest dieses Jahrhunderts aussehen soll. Und wenn uns das
gelingt, dann wird der Betriebsrat bei Bosch so wenig daran vor-
beikommen wie die Lehrerin in der Friedensbewegung. Und wer
meint, diese Interessen- und Bewußtseinslagen ließen sich nicht
verbinden, der hat vor unserer Aufgabe schon kapituliert."
Aus j e d e r Schweinerei, die passiert, von Entlassungen bis
zu Raketen, einen guten Grund für die SPD zu drechseln, das wird
sich doch noch schaffen lassen.
Zum Beispiel mit dem trostlosen Jahrhundertbeschluß der 35-Stun-
den-Woche.
"Schulterschluß mit den Gewerkschaften"
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Passend zur Arbeitskampffarce marschieren die DGB-Bosse und die
dekorativen Streikproleten mit Transparent und Blaumann auf und
mit den vollmundigen Solidaritätsparolen der SPD wieder ab. Wenn
die C-Parteien mit Gewerkschaftshetze Punkte machen, macht die
Opposition mit Gewerkschaftslob die ihren. In Richtung Gewerk-
schaftsstimmvieh heißt es Sympathie heucheln für das nationale
Arbeitsbeschaffungsprogramm des DGB:
"Wir werden uns so konkret wie möglich mit der Forderung 'Arbeit
für alle' zu identifizieren haben." (Brandt)
Und für die Gegner heißt es "volkswirtschaftliche Vernunft" de-
monstrieren, wozu die SPD - dramaturgisch geschickt einen
"Linken", Lafontaine, vorschickt und erklären läßt, daß das mit
dem vollen Lohnausgleich natürlich nicht geht. Was niemand stört,
weil es die Gewerkschaften ja auch gar nicht vorgesehen haben.
Dafür bietet ihnen die SPD wiederum unglaublich viel Perspektive.
Seit' an Seit' in die Regierungsverantwortung.
"Arbeit für alle - Gemeinsam die Zukunft gestalten"
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Erstens hat nämlich die Regierungskoalition den Aufschwung ge-
pachtet, weshalb die SPD dem etwas "entgegensetzen muß". Und
zweitens lassen sich auf dem Feld der "Zukunftsgestaltung" wun-
dervoll nach der Epplerschen Forderung "Interessenlagen verbin-
den". D.h. Phrasen dreschen, wie vorzüglich s ä m t l i c h e,
aber auch wirklich alle nationalen Fragen bei der SPD aufgehoben
sind.
Selbstverständlich überläßt die SPD das "Vorwärts mit Deutsch-
land" nicht den Schwarzen, bei ihr heißt es "Modernisierung" und
"Neue Technologien", die "wir" unbedingt brauchen.
Gleichzeitig pflegt die SPD Problembewußtsein mit der Lüge, wie
leicht die neuen Technologien die Leute entlassen, wenn nicht die
SPD auf Fluch und Segen aufpaßt:
"Unsere Parole ist weder das Chip-Chip-Hurra der Technikfetischi-
sten, noch kann sie lauten, Stecker raus, Computer aus. Wir beten
Technik nicht an, aber wir sind auch keine Maschinenstürmer!"
Was sind wir? Wir sind Sozialdemokraten und machen einen auf Mit-
bestimmung:
"Wer Modernisierung will, muß auch mehr tatsächliche Mitbestim-
mung wollen. Technologischen Wandel wird es sozialverträglich nur
geben, wenn Arbeitnehmer, Betriebsräte und Gewerkschaften die
technologische Entwicklung mitgestalten."
So sozialverträglich sind schließlich auch bisher schon die Ar-
beitslosen produziert worden:
"Wer diesen Zusammenhang nicht sieht, der verweist die Arbeitneh-
mer auf Stören und Verhindern."
Wer ihn sieht, kann frei drauflosschwafeln:
"Wie wäre es, wenn Gewerkschaften selbst zum Träger von innovati-
onsorientierten Einrichtungen, von Technologiezentren oder von
Technologietransfereinrichtungen würden, wenn sie selber eine ar-
beitnehmerorientierte Technologiepolitik mitentwickelten und in-
novative Existenzgründungen mitgestalteten..." (Rau)
Und bei dieser großangelegten Eingemeindung dürfen auch die
Ökofritzen nicht ausgelassen werden.
"Es ist falsch, Ökonomie und Ökologie als Gegensatz zu sehen. Die
Chancen für mehr Arbeitsplätze durch mehr Umweltschutz müssen ge-
nutzt werden." (Vogel)
Schließlich "hat die SPD es sich mit den Umweltfragen unnötig
schwer gemacht und dadurch große Teile einer Generation verlo-
ren." (Brandt)
Die werden jetzt wieder eingesammelt durch das Programm "Arbeit
und Umwelt":
"Finanziert werden soll das Sondervermögen durch zusätzliche
Steueraufschläge auf den Verbrauch von Energie. Die Mehrbelastung
der privaten Haushalte ist vertretbar." (Vogel),
denn die sind zum Schröpfen da. Das heißt auf sozialdemokratisch
Solidarität. Sie wurde insbesondere auch immer wieder den Ar-
beitslosen zugesichert, weil sie "im letzten Jahr die Bundesrepu-
blik etwa 55 Milliarden Mark gekostet" haben.
"Es ist vernünftiger, dieses Geld in die Modernisierung der
Volkswirtschaft und in Aktionsprogramme für den Umweltschutz zu
stecken." (Ehrenberg)
"Die konkrete Utopie sozialdemokratischer Sicherheitspolitik"
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war die konkrete Antwort auf die konkrete Frage,
"warum die SPD nicht zum eigentlichen Kristallisationspunkt in
der Friedensbewegung geworden ist. Geben wir es offen zu, unsere
friedenspolitische Glaubwürdigkeit hätte noch glaubwürdiger sein
können." (Brandt)
Und so wie Eppler seine Friedensdoofis kennt -
"Meine Diskussionen mit der Friedensbewegung kreisen nicht mehr
um die Frage, ob wir die richtigen Beschlüsse beschlossen haben,
sondern sie kreisen immer um die Frage, ob man uns diese Be-
schlüsse auch glauben kann" -,
hatte es die SPD nicht schwer, die allerglaubwürdigste Glaubwür-
digkeit in Sachen Frieden aufs Parkett zu legen. Wieder die
"Verbindung sämtlicher Bewußtseinslagen". E r s t e n s mit der
originellen Neuauflage der Methode "Doppelbeschluß" für die kon-
ventionelle Rüstung. Bahr:
"Jedenfalls muß erprobt werden, ob Moskau und seine Verbündeten
bereit sind, auf das Konzept der gemeinsamen und gleichen Sicher-
heit einzugehen und daraus die Konsequenzen für ein annäherndes
konventionelles Gleichgewicht zu ziehen. Erst wenn das abgelehnt
wird, muß der Westen sich schützen, so gut er kann..."
Z w e i t e n s mit einem kräftigen Ja zur konventionellen Auf-
rüstung, weil sie
"die Abhängigkeit von taktischen Atomwaffen immer mehr abbaut",
unter der ja bekanntlich die NATO gleich nach der Anschaffung der
neuesten Generation so leidet. D r i t t e n s darf es sich bei
der Verwirklichung des Rogers-Plans keinesfalls um eine Aufrü-
stung handeln, sondern um "allenfalls eine Umstrukturierung",
weshalb die SPD eine "Begrenzung des Rüstungshaushalts" auf die
zuletzt in ihrer Regierungsverantwortung erreichte Quote ver-
langt. Das ist glaubwürdig, solange die Koalition die noch von
der SPD bestellten Waffen bezahlt, und gut, weil die Koalition
die Mehrheit für den Beschluß der neuen Waffen hat. V i e r-
t e n s hat Peter Glotz für die Friedensheuchelei der SPD extra
ein neues Wortmonster erfunden:
"Worauf wir hinarbeiten müssen, ist die strukturelle Nichtan-
griffsfähigkeit der Armeen der NATO bei zweifelsfreier Verteidi-
gungsfähigkeit",
also die Panzerarmee ohne Vorwärtsgang und die Jagdbomber, die an
der Zonengrenze Halt machen. Für die andere Klientel ließen sich
die Genossen durch Apel vor "Neutralitätsträumen" warnen,
"weil EG und NATO eine derartige Entwicklung schwerlich überleben
könnten, die Bundesrepublik zum Spielball der Interessen der Su-
permächte würde... Eine atomwaffenfreie Bundesrepublik wäre von
der Mitwirkung in der NATO ausgeschlossen."
Und darauf kommt es ja schließlich auch an. Dasselbe noch einmal
den Friedensfreunden von Eppler verdolmetscht:
"Kein Weglaufen aus den Gefährdungen der NATO in die Isolierung",
und von Bahr mit der nationalistischen Pointierung versehen, die
in der heutigen bundesdeutschen Linken so gerne gehört wird und
zum gestiegenen Selbstbewußtsein einer Raketenrepublik gehört:
Die BRD gehört in die NATO "nur" dann,
"wenn sie ihre eigenen Sicherheitsinteressen innerhalb des Bünd-
nisses definieren, einbringen und durchsetzen kann."
Das garantiert selbstredend nur die SPD, während der US-Lakai
Kohl überhaupt kein gescheiter Führer ist:
"Wer die Beziehungen zur jeweiligen amerikanischen Regierung zur
Staatsraison erklärt, darf sich eben nicht wundern, so behandelt
zu werden... Für Unterlassung, Fehler und Schwäche dieser Regie-
rung, wenn es um die Sicherheit geht, wird es weder vor der Ge-
schichte noch vor den Wählern 1987 eine Amnestie geben."
Bei soviel sozialdemokratischer Sicherheitspolitik gab es nicht
viel zu diskutieren - im Unterschied zum letzten Parteitag, wo
man sich noch den eigenen Raketenkanzler abarbeiten mußte. In Es-
sen erregte sich die Partei weitaus mehr über die überfällige
"Erneuerung in sozialer Verantwortung"
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Wenn der CDU ihre "Wende" recht ist, ist der SPD die "Erneuerung"
billig. Wenn Kohl das Verarmungsprogramm für Wirtschaft und Staat
mit "geistiger Führung" durchzieht, entdeckt die SPD "in sozialer
Verantwortung", daß gar nicht geistig-moralisch genug geführt
wird und daß die Schmutzfinken in Bonn unsere saubere Demokratie
beflecken:
"Wo sind die persönlichen Beispiele für die geistig-moralische
Kraft der Regierung? Wo ihre Beiträge zu zentralen Themen unserer
geistig-moralischen Entwicklung?... Gerade der Amnestie-Plan für
Parteispenden-Sünder verdeutlicht, wie diese Regierung mit Staat
und Recht umgeht, als sei ihr beides nicht zu treuen Händen auf
Zeit anvertraut, sondern als Beute zum willkürlichen Gebrauch
überlassen worden." (Vogel)
D i e Konkurrenz, wer besser geistig-moralisch führen kann, ist
noch lange nicht ausgestanden. "Auf den Klassenkampf von oben"
antwortet die SPD "nicht mit der Klassenkampfrhetorik von ge-
stern" (Roth), beileibe nicht. Sondern mit der Ein-Volk-ein-
Reich-ein-Führer-Rhetorik von heute:
"Liebe Freunde, 1972 hat auch niemand gefragt, wem wir denn nun
nachliefen, sondern man hat andere gefragt, ob sie uns nachlie-
fen. Und damit sind wir die stärkste Partei im Bundestag gewor-
den. Und wir werden es wieder werden." (Eppler)
Werte, Grundsätze, neue Ideen, Programme - um was alles angeblich
auf Parteitagen unserer niveauvollen Parteien gestritten wird -,
sie lassen sich kaum besser zusammenfassen als durch den Partei-
vorsitzenden der SPD:
"Wähler brauchen und wollen wir von der einen wie von der anderen
Seite."
Von der linken, von der rechten, und "um das Erbe und den Auftrag
eines sozial verpflichteten Liberalismus" muß die SPD sich jetzt
auch noch kümmern. Und wenn mit solchen Ankündigungen, mit der
Pose der Siegesgewißheit, mit Seufzern, wie schwer doch die Ver-
antwortung ist, nach der man geiert, wenn mit diesem Politiker-
kult Wahlwerbung betrieben wird, kann von Volksbetrug eigentlich
nicht die Rede sein. Die weihevolle Verabschiedung des alten Füh-
rers und die ostblockmäßige Wahl des neuen mit 99,9% demonstrie-
ren vorbildlich, was die gewaltige Alternative SPD ist:
"Unser Programm ist nicht rechts und nicht links, sondern vorn,
wo die Sozialdemokratie schon immer steht." (Eppler)
Dem Volk bleibt da nur eins: Nachlaufen.
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