Quelle: Archiv MG - BRD DEMOKRATISCHES-LEBEN SPD - Von den noch besseren Deutschen


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       Die SPD kommt ihrem parteipolitischen Bildungsauftrag nach
       

DEN NATIONALISTEN AUFS MAUL SCHAUEN

Seit geraumer Zeit unterhält die SPD das Publikum mit der Frage "Kosten der Einheit". Der SPD-Kanzlerkandidat rechnet im Bundes- tag vor, daß der durchschnittliche Häuslebauer aufgrund der ge- stiegenen Kreditzinsen seit letztem Jahr rund 300.- DM monatlich mehr berappen muß. Gibt es einen klareren Beweis für die "Fehler der Regierung Kohl"? Egal, daß die Bausparer einen größe- ren Teil ihres Einkommens bei guten Banken und Sparkassen vor- beitragen und nicht im Kanzleramt. Die SPD kennt die Zusammen- hänge des Kapitalmarkts und deckt im Detail auf, unter welchen Titeln und durch welche Stellen die Regierung die Geldwelt ange- pumpt hat. Fast könnte einem die Idee kommen, wie geschickt die CDU den gestiegenen staatlichen Kreditbedarf auf dem Markt un- tergebracht hat, fast so, als hätte der Markt die gestiegene Nachfrage nach Geld gar nicht bemerkt. "Höchst unsolide" oder et- was in der Art soll wohl das Urteil sein, das sich beim Hörer festsetzen soll, so daß darüber direkt aus dem Blickfeld gerät, daß ja auch die SPD einen gehörigen Bedarf an staatlichen Vor- schüssen für ihr Konzept der Einführung bundesdeutscher Verhält- nisse im Osten angemeldet hat. "Kosten der Einheit" zwei: "Nach dem 2. Dezember erhöht die CDU/CSU/FDP-Koalition (sofern sie darf) die Steuern. "Wieder klopft die SPD auf den Geldbeutel des Volkes und fordert bei der Regierung "Ehrlichkeit" ein. Und dann? Hat sich im Ernst schon mal jemand die nächste Jahrhundertsteuerreform der SPD für den "Umbau der Industriegesellschaft" durchgerechnet? Recht populistisch versucht die SPD hier die Kosten, die das Er- weiterungsprojekt einer Nation nun einmal mit sich bringt, für sich sprechen zu lassen. Dabei schreit sie so sehr "teuer", daß sie sich von Regierungsseite den Vorwurf eingehandelt hat, sie wäre gegen das Anschlußprojekt. Und tatsächlich schürt sie die Ressentiments westdeutscher Bürger gegen ihre Brüder und Schwe- stern im Osten, die nur Kosten verursachen. Auf diese Weise hat sie sogar die ziemlich komplizierte Sichtweise, der Anschluß ginge "zu schnell" von statten, populär gemacht. Dritter Einfall in der Reihe, den geschröpften Bürger aufzuhet- zen: "Kohl zahlt für Nichts-tun!" Gemeint sind die Zahlungen der Arbeitslosenversicherung und Kurzarbeitergeld in der Zone. Ge- dacht ist darüber hinaus an den Vorschlag, in Form von "Beschäftigungsgesellschaften" nicht benutzte Arbeitskräfte für das Aufbauwerk im Osten heranzuziehen. Ausgerechnet den fürs ge- samtdeutsche Geschäft nicht brauchbaren Zonis, also an Sozialfäl- len, fällt Oskar ein, daß es im Kapitalismus deutscher Nation Mü- ßiggang gibt: Als ob er nicht wüßte, daß im fortgeschrittenen Ka- pitalismus weder eine Autobahn noch ein Haus mit bloßer Händear- beit gebaut oder auch nur repariert wird. So fällt auch der Bau all der schönen Einrichtungen, die man drüben vermißt, in den Be- reich der zuständigen Unternehmen und der entsprechenden staatli- chen Aufträge. Mit dem Einfall solcher Beschäftigungsgesellschaf- ten wird weder etwas beschleunigt noch am Haushalt etwas gespart; dafür befriedigen sie einen anderen Bedarf: daß man es nicht ha- ben kann, daß zu viele fürs Nichtstun gezahlt werden. Volksge- nosse Lafontaine hat den Gehalt der "Beschäftigungsgesell- schaften" fürs bundesdeutsche faschistische Gemüt griffig auf den Punkt gebracht. "Im Zentrum der Politik einer von uns geführten Bundesregierung wird auch die Organisation der Arbeit in der DDR stehen. Es geht nicht an, Millionen für Nichtstun zu bezahlen in Bundesländern, in denen die Arbeit geradezu auf der Straße liegt. Wir müssen Ar- beit organisieren und diese Arbeit bezahlen." (Das Parlament, 12.10.) * Für die neudeutschen Bürger drüben hat die SPD auch etwas zu bie- ten, natürlich ist das ebenfalls etwas für hier: Die SED muß ver- folgt werden. Kaum hält der SPD-Ehrenvorsitzende Willy Brandt zum höchsten Feiertag der Nation eine Rede im Reichstag, kommt er zu seinem Übrigens: "Die rechtsstaatliche Bereinigung des Regimes der SED und ihrer Blockparteien, zumal des elenden Kapitels Stasi, muß zügig voran- kommen, aber bitte, bitte, bitte nicht als fundamentalistische Verfolgungsjagd. (Beifall bei der SPD, der FDP und der PDS sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU). Die Seilschaften der alten Kameraden an der Spitze großer Unter- nehmen müssen aufgebrochen werden. (Beifall im ganzen Haus)" (Das Parlament, 19.10.) Der Anschein, daß es sich bei dem Fanatismus, mit dem die SPD bei jeder Gelegenheit "Stasi, Stasi" ruft. um eine "fundamentalisti- sche Verfolgungsjagd" handelt, muß entschieden dementiert werden, aber Rache, äh Recht muß sein. Lafontaine auf dem SPD- Parteitag: "Es geht darum, wie Tucholsky es formuliert hat, mit einer Situa- tion fertig zu werden, in der die Verurteilten zu Richtern gewor- den sind. Ich wiederhole: Mit dieser Situation werden wir nur dann nicht fertig, wenn diejenigen, die unter dem System gelitten haben, erleben, daß es da einige gibt, die immer Richter sind, egal welches System gerade an der Macht ist..." (Das Parlament, 12.10.) Das Argumentationsmuster kennt man von der Ausländerpolitik der SPD, als sie noch an der Regierung war. Damals wurden ausländi- sche Arbeiter mit "Rückkehrhilfen" aus der Republik hinauskompli- mentiert mit dem Argument, man wolle dem Ausländerhaß entgegen- wirken. Ebenso beruft sich Lafontaine hier auf den Volkszorn, der hochkochen und Rache nehmen könnte, um das Recht als Racheinstanz einzusetzen. Das eigentümliche Bedürfnis, dem recht gegeben wird, muß den Verantwortlichen allerdings schon selbst in den Kram pas- sen, denn sonst hält sich ein Politiker etwas darauf zugute, nicht jedem Antrag von der Straße nachzugeben. So befriedigt ein Politker nicht nur den Volkszorn, sondern gibt ihm, indem er ihn zu einem "gerechten Anliegen" stilisiert, die passende Nahrung. Und damit die Sache nicht einschläft, wird laufend weitergefragt. Z.B. fragt Engholm die PDS "nach ihrer Verantwortung für 40 Jahre SED-Willkürherrschaft, für Stasi und Mißwirtschaft." (Bild am Sonntag, 21.10.) Kein Wunder, daß man mit dieser Partei nicht ko- alieren kann, wo ihr im Volk doch der Geruch von SED und Stasi anhängt... * In der Frage von Asylpolitik und/oder Über-/Aussiedlern hat der SPD-Kanzlerkandidat sich beizeiten eingemischt. Seine Forderung nach einer "modernen Einwanderungspolitik" hat auch gleich jeder richtig verstanden als populistische Konkurrenz um ein Thema, das die Republikaner für sich besetzen zu können glaubten. Der Suppentopf, in dem die REPs ihre Wahlagitation kochen, ist die vermeintliche Inkonsequenz des Staates in Sachen Behandlung der Ausländer. "Asylmißbrauch" zählt da nicht als die staatliche Praxis, 97% der Asylanträge als "unbegründet, weil aus wirt- schaftlichen Gründen gestellt", abzulehnen, sondern als Schlapp- heit des Staates, überhaupt noch zuzulassen, daß "Wirtschafts- flüchtlinge" einen Asylantrag stellen. Auf der Suppe kommt auch der Oskar dahergeschwommen. "(Es) ist nicht zu übersehen, daß die Toleranz mit dem Abstand zu den Problemzonen wächst. Für Eltern, die im eigenen Haus wohnen und ihre Kinder in eine Waldorfschule schicken, ist es leicht, Toleranz gegenüber Ausländern und ihren Kindern zu predigen. Selbstverständlich kann es nicht Aufgabe der Politik sein, sich an dem faktischen Bewußtsein der Bevölkerung auszurichten. Demo- kratische Politik muß an der Willensbildung mitwirken, darf aber nicht in pädagogisierende Bevormundung ausarten. Sie muß die Men- schen fordern, darf sie aber nicht überfordern. Sie muß Vorbe- halte erspüren und kennen, ohne ihnen stets Rechnung zu tragen. Häufig ist der einzelne gar nicht allein schuld an seinen Vorbe- halten gegenüber Ausländern. Er ist oft genau so Opfer einer so- zialen Selektion wie der Ausländer, gegen den seine Antipathie sich richtet. Beide stehen vor dem Problem, nur niedrige Mieten zahlen zu können. Und so entsteht in bestimmten Stadtvierteln ein heftiger Konkurrenzkampf um knappen Wohnraum. Die Begegnungs- stätte dieser Deutschen mit Ausländern ist der Aldi-Laden, nicht das Feinkostgeschäft. Der Staat muß der Ballung sozialer Risiken entgegenwirken..." (Oskar Lafontaine, Deutsche Wahrheiten, S. 159 f.) Der Mann kennt sich aus in deutschen Landen! Und er weiß, worauf er als Politiker "Rücksicht" nehmen will. Darauf nämlich, daß sich Deutsche auf ihren Paß etwas einbilden, und sich ihre "soziale Lage" mit der Existenz von Ausländern in der Nation er- klären, und daß sie daraus das Recht ableiten, "ihr Staat" solle sie gefälligst vor Ausländern schützen. Das stellt zwar alle vom Staat eingerichteten Verhältnisse auf den Kopf, dem Bürger ande- rer Nationen auf dem eigenen Territorium sehr wohl recht sind, wenn sie als Proleten oder Geschäftsleute den nationalen Reichtum mehren; geht aber durchaus mit dem brutalen staatlichen Gesichts- punkt zusammen, solche Bürger anderer Staaten von eigenen Grund und Boden zu hauen, wenn sie Sozialfälle geworden sind oder gleich als solche hier ankommen. So mischt sich staatliche Praxis mit dem Schielen auf den gesunden Fremdenhaß im Volke - mit dem positiven Nebeneffekt, daß die Inhaber eines deutschen Passes auf die glorreiche Idee verfallen, ihr deutscher Staat hätte sich in besonderer Weise ihrer Sorgen angenommen. Kein Wunder, daß ein Lafontaine die REPs als "sogenannte Republi- kaner" qualifiziert. * Ob "Kosten der Einheit", "Stasi" oder "Ausländer", die SPD schürt das gesunde Volksempfinden. Aber nicht so billig wie die Republi- kaner, die es in Druck geben oder in die Mikrophone sagen. La- fontaine z i t i e r t es, spielt mit überlegener Distanz zu diesem Volksempfinden und beschließt ein ums andere Mal öffent- lich, es als Politiker nicht übergehen zu können. Er hat ein kla- res Bewußtsein davon, wie er mit der Bedienung der privaten Ord- nungsvorstellungen des "kleinen Mannes" Wahlstimmen für sich ge- winnen will. Dieser Politiker traut sich eben, auszusprechen, wo- von er sich sicher ist, daß es beim Volk so ankommt. In Anlehnung an das schon ältere Urteil "Quasselbude" über das demokratische Parlament hat er den Streit des Sommers zwischen seiner Partei und der CDU über den Wahltermin als "Affentheater" bezeichnet, das die Wirtschaft in der DDR nicht voranbringe. Das mag schon sein, nur führt der Weg zum SPD-mäßigen "Ärmelaufkrempeln" doch wohl auch über die Macht. Und dafür muß die Notwendigkeit einer SPD-Regierung etwas deutlicher formuliert werden. Die Wahlkampf- linie für die erste gesamtdeutsche Wahl ist, das "verfehlte Kon- zept Kohls", die "verheerenden Folgen der überstürzten Einfüh- rung der DM" herauszustellen. Die dabei offen ausgesprochene Sorge ist, ob der Wähler es rechtzeitig vor der Wahl merkt, daß Deutschland in einer Krise steckt. Oder etwas deutlicher ausge- sprochen: Die Frage ist, ob sich die Lage rechtzeitig so zu- spitzt, daß die Regierung als die Mannschaft dasteht, die ver- geigt hat, und die Nation nach der SPD als Krisenmanager ruft. Ein verblichener bayrischer Politiker läßt grüßen. Jedenfalls hat die SPD ihre Bewerbungsunterlagen für den Job des Konkursverwal- ters schon mal abgegeben. "Sozialdemokratische Regierungen haben an der Küste beim Schiff- bau, im Ruhrgebiet und im Saarland bei Kohle und Stahl große Er- fahrungen mit sozialverträglichen wirtschaftlichen Strukturverän- derungen in Krisenregionen gewonnen. Diese Erfahrung werden wir bei der Überwindung der Krise im Osten Deutschlands einbringen. Da, wo es wirtschaftlich und sozial schwierig wurde in Deutsch- land ... haben die Menschen auf uns gesetzt." (Der neue Weg, Re- gierungsprogramm der SPD, Punkt 4) * Den Vorwurf der Demagogie hat der SPD ihre deutschlandpolitische Linie von Seiten der C-ler eingebracht - das soll wohl heißen: Volksverhetzung. Den Vorwurf können sich beide gut an den Kopf werfen. zurück