Quelle: Archiv MG - BRD DEMOKRATISCHES-LEBEN PRAESIDENT - Vom Amt des Bürgerkönigs


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       Der Präsident mahnt:
       "Über Osteuropa und DDR-Anschluß die 3. Welt nicht vergessen!"
       

WER SOLL SICH DAS EIGENTLICH ZU HERZEN NEHMEN?

Die Bankiers, die auf ihre ausstehenden Kredite und ihre einlau- fenden Zinsen achten, vergessen todsicher nicht den letzten "3. Welt"-Kunden; das können die sich leicht neben allen ihren neuen Ost-Schuldnern merken. Die Rohstoffbörsen, an denen die westliche Geschäftswelt den Lieferanten aus der Äquatorgegend den aktuellen Preis für Kaffee und Kupfer mitteilt, vernachlässigen keinen Staat, der etwas anzubieten hat, also zur Preissenkung beiträgt. Die Unternehmer, die immer und überall auf der Suche nach Anla- gesphären für ihr überschüssiges Kapital sind, werden wie bisher schon die Geschäftsbedingungen auf der ganzen Welt prüfen und vergleichen und dem Sachzwang der höchsten Rendite nachkommen. Der Internationale Währungsfonds hat jetzt zwar viel damit zu tun, den ehemaligen Ostblock zu einem Reservoir an verelendeten, dabei eifrigen und geschulten Proletariern aufzubereiten. Aber das schafft er glatt neben seiner anderen Aufgabe, noch im ärm- lichsten Erdenwinkel den kapitalistischen Imperativ durchzuset- zen, daß auch aus dem nackten Elend noch ein Geschäft gemacht ge- hört - Marktwirtschaft für die Sahelzone. Ebenso die Europäische Gemeinschaft: Die regiert in die Wirtschaftspolitik der neuen osteuropäischen Satelliten hinein und hilft gleichzeitig den 69 Partnerstaaten des Lome-Abkommens dabei, Land und Landwirtschaft auch weiterhin für den Schuldendienst zu verpfänden. Die Mitglie- der des Bonner Kabinetts haben mit ihrer Arbeitsteilung auch keine Probleme. Und wenn sie Subventionen oder Kredite für einen "3. Welt"-Potentaten für nötig halten, weil der ihnen die Liefe- rung von Rohstoffen und Zinsen garantiert, dann ist auch das Geld dafür nach wie vor da, egal wieviel gleichzeitig die Einrichtung von Arbeitsämtern in Sachsen und die Entsendung von Kapitalbera- tern nach Polen kostet. Die Frechheit, zu allen diesen Unkosten "Hilfe" zu sagen, ist sowieso kostenlos. Und das übrige Volk? Fromme Christen denken immer brav an genau das Elend, für das ihre Kirche gerade sammelt, und schaffen es leicht, ihrem Herrgott gleichzeitig dafür zu danken, daß Minister Blüm, der Papst in Rom und die Marktwirtschaft ihres Herrn Jesus gemeinsam über Marx gesiegt haben. Ökologisch geschulten Gemütern geht die "3. Welt" gar nicht mehr aus dem Sinn, seit sie entdeckt haben, daß die Leute da unten sich mit ihrer Überlebensnot an "unserer grünen Lunge", dem tropischen Regenwald, vergreifen und mit ihrer "Bevölkerungsexplosion" "unseren blauen Planeten" auf- fressen. Und wenn der große Rest die "3. Welt" glatt ein paar Wo- chen lang vergißt, bis der Bundespräsident sein Publikum wieder daran erinnert, dann bedeutet das haargenausoviel, wie wenn es ununterbrochen daran gedacht hätte; nämlich nichts. Denn mit der Regelung dieses exotischen Stückchens Weltwirtschaftsordnung ha- ben die Bedienungsmannschaften der hiesigen Abteilung Weltwirt- schaft ohnehin nichts zu tun. Und die zuständigen Manager von Ge- schäft und Gewalt lassen umgekehrt nichts aus ihren Klauen, was sie einmal mit Geld und Erpressungen für sich nützlich gemacht haben. Wozu dann die Mahnung unseres Bundespräsidenten? Einen Nutzen hat sie schon. Sie spricht die Nation mit ihren aus- greifenden auswärtigen Interessen als berufenen Wohltäter der Menschheit in Ost und Süd an. Sie tut so, als wären Kapital und Staatshaushalt ein arg beschränkter Topf für selbstlose Hilfe an den Rest der Welt. So wirkt sie mit an der Lüge, Geldverleihen wäre eine Gnade, imperialistisches Zugreifen wäre ein Geschenk, und die auswärtigen Opfer dieser marktwirtschaftlichen Behandlung wären Kostgänger "unserer" Hilfsbereitschaft. Die Macher und Nutznießer der wirklichen Macht- und Ausnutzungsverhältnisse auf dem Globus werden vom obersten Moralapostel der Nation aufgeru- fen, das zu tun, was sie sowieso tun - so beschafft ihnen der Präsident zu ihrem Geschäft ganz gratis auch noch das beste öf- fentliche Gewissen. Eine Nation, die sich an der ganzen Welt bedient, braucht das of- fenbar: Kein Imperialismus ohne die Lüge, genau er wäre das Al- lerbeste für den ausgenutzten Rest der Welt! zurück