Quelle: Archiv MG - BRD DEMOKRATISCHES-LEBEN PARTEIEN - Vom Beruf des Politikers
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Bremer Hochschulzeitung Nr. 66, 14.12.1982
Wochenschau
EINEN "SKANDAL"
machen Flick-Millionen, die nicht der öffentlichen Hand als
Steuer zuflossen, sondern die aufgehaltenen Hände demokratischer
Politiker aller Bundestagsparteien beschmutzt haben sollen, kei-
neswegs zufälligerweise erst jetzt, wo sich herausgestellt hat,
daß Flick den edlen Zweck, dem die ihm geschenkten Steuern dienen
sollten, nicht erfüllte: Die Bonner Staatsanwaltschaft
"bezweifelt inzwischen", daß "das Investment in den USA" (bei der
Chemiefirma Grace) "der deutschen Volkswirtschaft den Nutzen
bringt", mit dem die Düsseldorfer Firma argumentiert hat (Der
Spiegel, Nr. 48/1982). Daß Flick jetzt eventuell "DM 450 Millio-
nen an Steuern nachzahlen" muß, mag den "größten Wirtschaftskrimi
der deutschen Nachkriegsgeschichte" abgeben; daß aus der Spenden-
affäre mit Sicherheit nicht jenes "Bonner Watergate" wird, das
die "Süddeutsche Zeitung" heraufdämmern sieht, dafür sorgt schon
die Art und Weise, wie der "Skandal" öffentlich verhandelt wird.
Erstens sind alle Parteien und so gut wie ausnahmslos alle ihre
fahrenden Politiker in ihn verwickelt, so daß die Affäre wieder
einmal das "Problem der Parteienfinanzierung" aufwirft und die
Gesetzgeber aus eben diesen Parteien längst an einer neuen Legis-
latur arbeiten, mit denen die gängige illegale Praxis legalisiert
wird und vergangene Verfehlungen pauschal "amnestiert" werden
können. Zweitens ist seit letzter Woche der eigentliche Skandal
seine V e r ö f f e n t l i c h u n g durch den "Spiegel", der
durch seinen Abdruck (nicht dementierter!) staatsanwaltschaftli-
cher Vernehmungsprotokolle nicht nur in ein "schwebendes Verfah-
ren" eingegriffen, sondern gleich die "Rechtssicherheit insge-
samt" gefährdet haben soll. Und drittens herrscht bei den inkri-
minierten Parteien keinerlei Neigung, den "Skandal" als Material
für ihre Konkurrenz um die Macht auszuschlachten, eben weil sie
alle in ihn "verwickelt" sind.
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