Quelle: Archiv MG - BRD DEMOKRATISCHES-LEBEN PARTEIEN - Vom Beruf des Politikers


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       2 x Deutschland über alles
       

DER UNTERSCHIED ZWISCHEN KOHL UND LAFONTAINE

"Helmut Kohl hat bei den Menschen der DDR überzogene Erwartungen geweckt. Ich freue mich schon auf die nächsten Wochen und Monate, wenn der Kanzler alle seine finanziellen Versprechungen einlösen muß." "Die Bundesregierung muß jetzt die Kosten der Einigung beziffern und ihre Steuersenkungsversprechen zurücknehmen." "Der Kanzler hat in der DDR große Versprechungen gemacht, die er nur einhalten kann, wenn er in der BRD eine Reihe seiner Zusagen revidiert ... z.B. die geplante Unternehmenssteuerreform, und die leichtfertige Äußerung, Kürzungen der Leistungsgesetze und Steuererhöhungen werde es nicht geben." Mit solchen Tönen tritt Oskar Lafontaine als Kanzlerkandidat der SPD gegen Helmut Kohl an. Gegen den angeblichen "Vereinigungs- rausch" in Bonn setzt er die finstere Warnung, es kämen un- absehbare Kosten auf den Staat zu, die natürlich die Leute zu bezahlen haben. Nicht, daß er deswegen gegen die deutsche Wiedervereinigung wäre - "destruktive Verweigerung" ist nicht Lafontaines Sache. Er e r w ä h n t die "Sorgen der kleinen Leute", um kundzutun, daß er derjenige ist, der sie auch mitten im nationalen Aufbruch nicht vergißt. Er ist der Letzte, der ver- sprechen würde, die "sozialen Probleme" der Vereinigung im Sinne der Betroffenen zu "lösen". Er wendet sich doch gerade dagegen, eine Vereinigung ohne Kosten zu versprechen. Nicht einmal die Kosten mildern will er: Er wirft dem Kanzler einzig und allein vor, den Leuten in Ost und West zu verschweigen, was alles an Belastungen auf sie zukommt. Für einen Kanzler, der einem gera- deheraus sagt, was man für einen Schaden von ihm zu erwarten hat! Mit dieser Masche ärgert der SPD-Kandidat den regierenden Kanz- ler. Der Regierungspolitik leistet er damit einen Dienst. Er hat nämlich schon "notwendige Maßnahmen" - wie gegen die Übersiedler - gefordert, noch ehe sie die Regierung dann ergriffen hat. Er hat das deutsche Volk mit der Perspektive und der Einsicht ver- traut gemacht, daß ein großes Deutschland natürlich nicht "zum Nulltarif" zu haben ist. Das ist sein Beitrag dazu, daß die "kleinen Leute" jede zusätzliche Belastung schon als Opfer für Deutschland abhaken. Außerdem gibt er der Regierung die Gelegenheit zu einer schönen Gegenoffensive. Sie wirft Lafontaine vor, daß er überhaupt auf der Kostenfrage rumreitet. Damit hat die Regierung klargestellt, daß echter Patriotismus Opfer bringt und nicht danach fragt. Die Regierung macht das nationale Programm. Die Opposition fragt nach den Kosten, weil sie dasselbe selber machen möchte. Das ist Arbeitsteilung in einer lebendigen Demokratie. zurück