Quelle: Archiv MG - BRD DEMOKRATISCHES-LEBEN CDU/CSU - Von den C-Parteien


       zurück

       Der neue Umweltminister von Bonn:
       

MACHT MIT STIL

Walter Wallmann: erster Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Der Mann, auf den die deutschen Becquerel- Konsumenten ein Recht haben, seit der Kanzler beschlossen hat, daß Zimmermann die berechtigten Sorgen der Bevölkerung wg. Radio- aktivität nicht mit genügend demonstrativer Führungsmacht zufrie- dengestellt hat. Seine Qualifikation: eben diese, Sein Profil: ewig grinsend, weil er die Macht, wenn er sie hat, für dasselbe hält wie seine persönliche Unwiderstehlichkeit beim demokrati- schen Wahlvolk. Das haben ihm die Frankfurter schon zweimal mehr- heitlich bestätigt, so daß seine Niederlage bei der letzten hes- sischen Landtagswahl gegen Börner seiner Einschätzung durch ihn selbst und die C-Führer nicht geschadet hat. Sein Motto: "Unter Gewalt kann man ganz allgemein alles verstehen, was ande- ren Menschen einen fremden Willen aufnötigt, in Verbindung mit dem Wort 'öffentlich' kennzeichnet der Ausdruck 'Gewalt' die dem Staat oder einem anderen Hoheitsträger zustehende Berechtigung und Fähigkeit, sich aus eigener Zuständigkeit gegen über anderen Menschen durchzusetzen. Diese Herrschaftsbefugnis des Staates ist die Grundlage unserer Rechts- und Friedensordnung." (Wallmann Dez. 81 in der FAZ anläßlich der Zerschlagung des Bürgerprotests gegen die Startbahn West durch die Polizei) Wallmann macht keine Fisematenten. Recht ist Gewalt, innerer Friede unangefochtene Herrschaft der Monopolgewalt, die dem Staat zusteht, weil sie sich "aus eigener Zuständigkeit", also souve- rän, gegen "fremden Willen" durchsetzt. Die M a c h t, die er hat, ist sein Recht auf widerspruchslose Fügsamkeit der Regier- ten. Wallmanns bürgerfreundlicher Charme besteht darin, daß er seinen Willen knallhart durchsetzt, dabei vom Bürger erwartet, daß der das eindeutige Verhältnis von Befehl und Gehorsam als schönste Ordnung und mitmenschlichste Verbindlichkeit anerkennt und Wallmanns Amt ebenso würdigt wie der Amtsinhaber selbst mit seinem Sinn für große Repräsentation und herablassende Leutselig- keit. Wenn der OB die U-Bahnlinie unter dem Main eröffnet und mit weiterer Prominenz im ersten Zug nach Sachsenhausen fährt, dann ist das eine Gnade und begründet einen Anspruch auf viel jubeln- des Volk, das per Musikprogramm an den Zielbahnhof bestellt wird. Das bestätigt Wallmann, daß s e i n e Pläne m i t den "Bürgern dieser Stadt" lauter Bedürfnisse derselben erfüllen. Worin die bestehen, definiert sowieso der Walter mit der goldenen Amtskette. So hatte der Bürger Anspruch auf eine aufwendige ar- chitektonisch-künstlerische Verzierung von Wallmanns Regierungs- bereich. Der scheidende OB hinterläßt Frankfurt u.a. eine Fuß- gängerzone mit elenden Platanen und protzigen-Statuen sowie Brun- nen, die Alte Oper, die Bebauung des Römerbergs nach mittelalter- lichem Muster mit einem Klotz von Kunsthalle dahinter sowie ein kilometerlanges Mainufer mit lauter neuen Museen darauf. Da kann der Frankfurter den Reichtum, der ihm nicht gehört, als Pracht seiner Heimat bewundern und die internationalen Frankfurter Ban- kiers, die mit Kreditvergabe wie -verweigerung täglich über tau- sende von Existenzen in aller Welt verfügen, schauen aus ihren Chefetagen auf das Fries der Alten Oper mit der Inschrift: "Dem Guten, Wahren, Schönen". Schönheit aber setzt Sauberkeit voraus, und von nichts kommt nichts. In diesem Sinne bedachte Wallmann seine Bürger damit, daß die städtischen Kinderaufbewahranstalten ("Kitas") wie das Abendgymnasium von spontaneistisch angehauchtem Personal gesäubert wurden, die Grundstückspekulation angeheizt und den Banken erlaubt wurde, ihre Kreditdenkmäler so hoch zu bauen wie sie wollten. Vor allem aber hatte der Bürger ein Recht darauf, daß "Walli" ("Bild") die Kritiker an Wallmann und seinem Staat mundtot macht. "Protest und Demonstration hat er unerbittlich und reihenweise verboten" (Leistungsbilanz von "Bild" - Frankfurt im Kommunal- wahlkampf 85). Aus Anlaß von Demos hat Wallmann regelmäßig seine Gewaltdefinition:- "was anderen einen fremden Willen aufzwingt" - vergessen, öffentliche Unmutsbekundungen, die niemanden zu nichts zwingen, prinzipiell zur Nötigung erklärt und dafür gesorgt, daß Frankfurt zur Stadt mit den meisten Demonstrationsverboten wurde. Nirgendwo in der Republik werden dennoch stattfindende Proteste besser überwacht und konsequenter niedergeknüppelt als in seiner Stadt. Infolgedessen konnte es sich beim Tod eines gewissen Gün- ther Sare unter einem Wasserwerfer der Polizei nur um einen tra- gischen Unglücksfall handeln. Etwas anders sieht Wallmann die "Fähigkeit" der besitzenden und mit ihrem Besitz etwas unternehmenden Bürger, "anderen Menschen einen fremden Willen aufzunötigen". Sie gehört zu den Grundfesten unserer Rechtsordnung, weshalb es ihn kein bißchen stört, daß das Arbeitsamt Ffm. ständig zwischen 30.000 und 35.000 anerkannten Arbeitslosen verwaltet, unter seiner Regentschaft die Mieten mächtig gestiegen sind, die massenhafte Verarmung immer greifba- rere Formen annimmt - kurz: Wallmann kann auf die bleibende Be- deutung des Rhein-Main-Gebiets als einem der Zentren der bundes- deutschen Plusmacherei stolz sein. Dabei denkt er nicht bloß an Banken, Bodenspekulanen und Grundbesitzer, sondern nicht zuletzt an das produktive Kapital. Als VW die Bürotechnikfirma Triumph- Adler kaufte und die Sanierer die Schließung des Frankfurter Ad- lerwerks erwogen, da machte "Wall" "durch eine 350 km lange Auto- fahrt nach Wolfsburg" und "kämpferisches Auftreten" dort ("Bild") den VW-Bossen klar, daß in Frankfurt Ausbeutung sich lohnt - auch wenn über den Paragr. 116 aufgebrachte Gewerkschafter den OB und Kohlstellvertreter in der CDU schon mal geschubst haben - sein Grinsen ist ihm nicht mal in dem Gedränge abhanden gekommen. Mit Wallmanns Autorität und 2.000 Entlassungen wurde das Werk dem Gallusviertel erhalten, das im Volksmund liebevoll "Kleinkamerun" genannt wird. An der dort wie in anderen Quartieren hausenden Armut, die auf Benutzung angewiesen ist, störte Wallmann nur eins: "In Frankfurt gibt es mehr ausländische Mitbürger als anderswo in Hessen. Wir haben deshalb nicht nur höhere Sozialausgaben und mehr Probleme sondern auch eine größere Verantwortung. Deshalb will Walter Wallmann nicht die grün/rote Ausländerpolitik der Landesregierung mitmachen. Er hält an seinem Kurs der Vernunft und Menschlichkeit fest." (CDU-Wahlwerbung Feb. 85) Der Unterschied zwischen Wallmanns Menschlichkeit und grün-roter Unvernunft ist denkbar klein. Um so mehr kommt es Wallmann auf ihn an. Hessen verbietet den Zuzug von Kindern hier lebender Aus- länder ab 18 Jahren, Wallmanns Frankfurt ab 16; Hessen weist straffällig gewordene Ausländer ab 21 Jahren aus, Wallmanns Frankfurt ab 18. Der Mann will besonders stark sein und erschei- nen beim Aussondern und Abschieben von Inhabern undeutscher Pässe, an deren Brauchbarkeit der Staat kein Interesse mehr hat (ausgenommen sind deshalb, außer Amisoldaten, auch Vorzeigeviet- namesen, für die Wallmann "sogar einen Weihnachtsurlaub opferte" ("Bild"), um sie persönlich in der Freiheit zu begrüßen); so ist "die Zahl der Ausländer in Hessen zwischen Juli und September (1985 um weit "über 6.000 gesunken" (FR). Wallmann kooperiert glänzend mit den Sozis, sofern das Menschenmaterial der Republik benutzt und sortiert wird, und profiliert sich gegen sie im Streit, wer von den Regierenden was darf, auf daß die Regierten die Konkurrenz um Posten und Kompetenzen mit dem Inhalt der Poli- tik verwechseln und sich am Entscheiden dieser Konkurrenz per Stimmabgabe interessieren lassen. Gerade so ist seine neue Auf- gabe in Bonn beschaffen. "Der künftige Umweltminister hält den 'Einstieg in den Ausstieg' aus der Atomenergie für unverantwort- lich" (FR v. 5.6.). Das Atomprogramm wird jetzt erst recht fortgeführt. Der dazu Er- mächtigte heißt jetzt Wallmann. Der kümmert sich zugleich um "Rechtsgrundlagen" für "bundeseinheitliche Richtwerte" von "Unfalldosisgrenzwerten" (FR), damit auf dem nächsten Atomunfall nur noch die Bonner Regierung ihr Süppchen kocht. Der in dieser Absicht bewiesene Führungswille ist ohnehin schon die halbe Ent- seuchung der SPD-stimmenträchtigen Betroffenheit. Für die andere Hälfte steht die Person Walter Wallmann: er macht's "sensibel, in der Sache fest und nicht mit der Brechstange" (Kohl). "Walli" braucht sich also in Bonn nicht umzustellen. zurück