Quelle: Archiv MG - BRD DEMOKRATISCHES-LEBEN CDU/CSU - Von den C-Parteien
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Kurt Biedenkopf bringt seinen Niko mit
WARUM DIE FREIHEIT MIT IHREM JÜNGSTEN SYMBOL HAUSIEREN GEHT
Kurt Biedenkopf, nebst Strauß sicher der innigste Liebhaber der
höchsten staatlichen Gewalt, den die westdeutschen C-Gruppen der-
zeit vorzuweisen haben, "stellt sich der Diskussion". Weil diese
Diskussion an der Universität der Hauptstadt stattfindet, also
ganz besondere intellektuelle Ansprüche stellt, bringt Biedenkopf
sich dafür ein ganz besonders anspruchsvolles intellektuelles Ar-
gument mit. Es heißt Niko und bietet den unschätzbaren Vorteil,
alles, was der Kurt uns sagen will, ganz umstandslos zu personi-
fizieren. Und das ist auch unter Intellektuellen allemal mehr
wert als langatmige Argumente.
1. Niko steht für die F r e i h e i t - die rechtverstandene,
versteht sich. Schonungslos gegen sich selbst, hat er Jahre sei-
nes Lebens dem edlen Zweck geopfert, mit seiner Wehrdienstverwei-
gerung den Souveränitätsanspruch der DDR über Ostberlin demon-
strativ zurückzuweisen, also mitten im Feindesland die politi-
schen Rechtspositionen der Bundesrepublik zu vertreten. Nie wurde
diese Tapferkeit, mit der Niko weitsichtig für seinen Marktwert
für die westdeutsche Rechte sorgte, durch den Gedanken getrübt,
an er staatlichen Benützung lebendiger Menschen für die Zwecke
des Krieges könnte etwas faul sein. Im Gegenteil: Daß Freiheit
über Leichen geht, war immer schon selbstverständlich; so selbst-
verständlich, daß er nur dem Westen die Freiheit zugestehen
wollte, über Leichen zu gehen: "Die Demokratie ist gegenüber der
Diktatur auch militärisch verteidigenswert!" weil er d a f ü r
in den Knast mußte, taugt dieser trostlose berechende DDR-Jüng-
ling seinem politischen Vater Biedenkopf als lebender Beweis für
den Idealismus westlicher Gewalt: Wenn für den Standpunkt bundes-
deutscher Macht drüben einer ins Gefängnis muß, dann ist damit
doch schon klar, wo die Freiheit zu Hause ist. Freiheit ist eben,
wo der Westen die Macht hat, seinen Standpunkt durchzusetzen, wie
es sich gehört.
2. Insofern steht Niko, wie er leibt und lebt - zu sagen braucht
er gar nichts weiter -, für "d a s R e c h t, e i n
M e n s c h z u s e i n". Weil er von seiner Parteilichkeit
für den West-Staat keine Abstriche machen wollte und dafür ins
Gefängnis gewandert ist, entdeckt ein Christenmensch wie Kurt
Biedenkopf in ihm die verfolgte K r e a t u r und gefällt sich
in der ekelhaften Heuchelei, Parteilichkeit für die BRD wäre al-
lemal moralisch gleichbedeutend mit einem Martyrium für die Sache
d e s M e n s c h e n. Die Wahrheit dieser Heuchelei: Um für
einen christlich-demokratischen Politiker in dem Sinne "Mensch"
zu sein, wie Biedenkopf es mit seiner großzügigen Erlaubnis,
"Mensch zu sein", aller Welt zumutet, um also den Tatbestand
"Mensch im Sinne der Menschenrechte" vorbildlich zu erfüllen, muß
das Individuum schon was mitbringen: einigen Fanatismus für die
r i c h t i g e Staatsgewalt, am besten besiegelt durch eine po-
litisch demonstrative T a u f e. Für einen demokratischen Chri-
stenmenschen fängt der wahre Mensch eben genau dort an, wo die
Unterwerfung unter eine christlich-abendländisch-demokratische
Staatsgewalt in Begeisterung für deren Inhaber übergeht - und in
entsprechende Militanz gegen deren Gegner.
3. Niko steht also, dank seinem Aufenthalt in ostzonalen, also
anti-menschenrechtlichen Gefängnissen, für die drängende Notwen-
digkeit, endlich mit den Menschenrechten unbefangen in die
O f f e n s i v e zu gehen, Denn muß man sich als Bundesbürger
nicht eigentlich schämen, daß da ein DDR-Jüngling die Menschen-
rechte des Westens ernster nimmt als die tagtäglich damit be-
glückten Westmenschen? So wird aus einem, der seinen Idealismus
für die BRD bis zu der Verrücktheit getrieben hat, dafür einige
Lebensjahre zu opfern, der schönste Beweis dafür, daß Freiheit
und Menschenwürde nichts dringlicher verlangen als eine neue
P o l i t i k d e r S t ä r k e: Nicht mehr so "defensive" Ge-
schichten wie Kalter Krieg und Entspannung, sondern ernst machen
mit dem Dogma des demokratischen Imperialismus, daß erst seine
Herrschaft die Menschen zum Menschsein berechtigt, Das ist doch
eine Perspektive, bei der Opfer nicht z ä h l e n, weil klar
ist, für wen sie sich l o h n e n.
4. Damit steht Niko letztendlich und hauptsächlich für Kurt Bie-
denkopfs christdemokratischen Kreuzzug - und zwar für den, der
heute schon im e i g e n e n Land stattfindet, Wahlpropaganda
wird 1979/80 mit dem Versprechen getrieben, dem Osten zu zeigen,
was ein "Mensch" ist - was umgekehrt eben heißt, daß Kreuzzugs-
versprechungen von Politikern gegeben werden, weil diese sich da-
von P u n k t e i m W a h l k a m p f versprechen, Um
s i c h als optimalen Sachwalter der staatlichen Gewalt heraus-
zustreichen, nimmt der fette Kurt den dünnen DDR-Jüngling ins
Schlepptau, wenn er die westliche Jugend agitieren geht. Der Niko
steht ihm, und d a s gefällt einem intellektuellen Publikum.
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