Quelle: Archiv MG - BRD DEMOKRATISCHES-LEBEN CDU/CSU - Von den C-Parteien
zurückEIN "BILD" VON EINEM MANN
Die "Spiegel"-Redaktion, eine Ansammlung professioneller Machtbe- glubscher, die sich wahrscheinlich nicht einmal wundern, daß man für eine solche Tätigkeit bezahlt wird, Leute, die früher in ih- rer Professionalität, weil es sich für deren Beweis so gehört, des öfteren Mängel an Helmut Schmidt meinten konstatieren zu müs- sen, mittlerweile fanatische Verehrer ihres verratenen Idols, deswegen auch wieder extra professionell, was die Durchleuchtung des neuen Machtbeglubschten angeht, dabei fest entschlossen, ent- täuscht zu sein - diese Leute gehen selbstverständlich davon aus, daß die BRD einen Machthaber braucht und daß nun die Gleichung gilt: Macht = Kohl. Die "Bild"-Redaktion, eine Ansammlung von haarscharf derselben Sorte Profitum wie ihre hochgestochenen Kollegen, zum Wohle ihrer Leser darauf verpflichtet, die gelungenen Seiten ihrer Staatsge- walt hervorzuheben, dabei durchaus kritisch, was die Ausschöpfung aller Durchsetzungsmöglichkeiten angeht, die Mäkel ihrer "Spiegel"-Kollegen so auf den Begriff bringend, daß die politi- sche Macht unumschränkt zu gelten hat, Kritik also die Aufforde- rung an den Staatsmann ist, seine Betrachter bei der Verwirkli- chung dieses praktischen Ideals nicht zu enttäuschen - diese Leute gehen ebenfalls von der Gleichung: Macht = Kohl aus. Während aber das Geschäft der "Spiegel"-Leute darin besteht, die Staatsgewalt durch Begehen intellektuell reizvoller Umwege zu af- firmieren, nämlich durch Problematisieren und Bezweifeln der Herrscherqualitäten der jeweils h e r r s c h e n d e n Figu- ren, hantieren die "Bild"-Leute umstandslos mit der demokrati- schen Wahrheit, daß, wer die Macht hat, sie auch verdient, daß ihm also auch Vertrauen und Bewunderung z u s t e h t, zumal wenn er auch noch von der Partei ist, deren "geistige Führung" demokratischen Faschistengemütern am meisten entspricht. Blödhei- ten folgender Art können ihnen also nicht unterlaufen: "Umringt von einem kleinen Kreis ergebener Mitarbeiter, aufgemö- belt durch Stereo-Berieselung mit Hans-Albers-Liedern und Vi- valdi-Trompeten, wappnete er sich in seinem Fraktionszimmer gei- stig-moralisch gegen S e l b s t z w e i f e l ... ein ambulan- ter Brutkasten für sein Selbstwertgefühl...", das - kaum hat er es - schon "zum Sendungsbewußtsein gesteigert..." auf seine schwache Grundlage vereist. (Spiegel Nr. 40/1982) Auf die Verrücktheit, daß derjenige, der sich die Macht erobert hat, sie womöglich gar nicht w i l l, weil er sich ihr nicht gewachsen fühlt - vom intellektuellen Schreiber natürlich auch nur als ein Verdacht geäußert, der als Grundlage die stillschwei- gende Übereinkunft mit dem Leser über die gültigen Realitäten hat, auf der zur Erbauung das kunstvolle Gebäude der Skepsis ohne Anspruch auf tatsächliches Meinen errichtet wird -, darauf kommt ein Bild-Redakteur nicht. Umgekehrt ist nun jeder Zweifel besei- tigt: "Die Kanzlerschaft hat Kohls Selbstbewußtsein ungemein gestärkt," (23.10.) Wenn er die Macht hat, dann ist er dazu auch der Befähigtste. Frühere Zweifel an Herrn Kohl, als er noch nicht dran war, ent- puppen sich im nachhinein als bislang noch nicht gehobene Schätze eines goldenen Zupacker-Charakters: "Manche Intellektuelle lachen darüber. Aber bei den meisten Men- schen kommen solche Worte an." (21.10.) Psychologen werden hier Kohls Führungseigenschaften erkennen und sagen: zupackend, ein bißchen schlitzohrig, kameradschaftlich - auf jeden Fall gewußt wie." (20.10.) "Seine größte Stärke beschreibt ein ehemaliger Mitarbeiter. 'Der Mann ist ein absoluter Marschierer. Wenn er sich etwas vorgenom- men hat, erreicht er es'." (23.10.) Was bewiesen ist dadurch, daß er erreicht hat, was er sich vo- mahm. Eine solche Person beweist ihre Güte durch sich selbst: Wenn die berufsmäßigen Aspiranten auf die Macht nach den gültigen Kriterien des Erfolgs im Beruf gemessen werden, dann ergibt sich ihre Beurteilung gemäß der Distanz zur Macht - dann weist der oberste Machthaber eben keine Distanz mehr auf, sondern ruht ganz und gar in sich selbst: "Kohl ist für mich der fähigste Mann als Kanzler, der weiß, wo es langgeht und wo der Hase im Pfeffer liegt." (Eine 17-jährige in BamS, 24.10.) Nur gut, daß er sich früher von Franz Josef schlecht behandeln lassen mußte, denn nur so gewinnt das umgekehrte Verfahren erst so richtig seine Wucht für den Beweis der vollkommenen Führerper- sönlichkeit: "CDU-Chef Kohl setzte sich gegen CSU-Chef Strauß durch: Er be- stand darauf, daß erst 1983 gewählt wird." (21.9.) Daß man ihn früher vielleicht für ein bißchen doof halten konnte, heit jetzt so: "Kohl schafft es mit menschlicher Ausstrahlung." (20.10.) Wie furchtbar egal es ist, um was für einen Menschen es sich dort an der Staatsspitze handelt - vom "Spiegel" in seiner volksver- dummenden Manier zum höchsten aller Probleme erhoben und in der Beliebigkeit des machtleckenden Geschmäcklertums zu gleich seiner Bedeutungslosigkeit überführt -, demonstriert "Bild" dadurch, daß es die Verklärung banalster Eigenschaften durch die Funktion ein- fach unterstellt: "Kohl ist erst 52 und bei besten Kräften. Er kränkelt nicht." (23.10.) Der einzige Zweifel, der noch entstehen kann, ist imperialisti- scher Natur - ob denn der eigene Mann sich gegen die auswärtigen Machthaber durchzusetzen versteht. Da man den mächtigsten Mann der Welt kennt und weiterhin weiß, daß Helmut Kohl ihm in bedin- gungsloser Freundschaft ergeben ist, kann der Anschein des Herab- gesetztseins gar nicht erst entstehen, weil eben keine Differenz aufkommt. Umgekehrt wird ein Schuh draus: "Das Tempo des neuen Kanzlers bringt sogar die Amerikaner ins Schleudern." (15.11.) Kein Zweifel: Das deutsche Volk hat den Kanzler, den es verdient. Es hat einen guten Kanzler, weil es ein gutes Volk ist, was man daran sieht, daß es einen guten Kanzler hat. zurück