Quelle: Archiv MG - BRD DEMOKRATISCHES-LEBEN ALLGEMEIN - Von Dichtern und Denkern
zurück Marxistische Schulzeitung Bremen, 10.12.1981 Bremen aktuell Eine Woche Koschnik:AUS DEM TERMINKALENDER EINES RESERVEFÜHRERS DEUTSCHER NATION
Montag, 30.11. -------------- Der Bürgermeister, der stolz ist, mit Bremen einen bundesdeut- schen Schlüssel zur Welt zu beherrschen, empfängt deutsche Schiffsingenieure. Nicht um sein technisches Wissen um Schiffsan- triebe aufzubessern. Ein Koschnick denkt bei Schiffen sofort an Beherrschung der Weltmeere. Etwas anderes hat er ja auch nicht gelernt: er ist Politiker. Durchzusetzen, "daß Billigflaggenlän- der in der Seefahrt nicht auf Kosten der deutschen Flagge die to- tale Kontrolle über die Weltmeere übernehmen", ist ihm Pflicht. Natürlich denkt er bei "deutscher Flagge" auch ans Geschäft, wes- halb ihm "Heuern... Kosten der sozialen Sicherung... Kosten für die Sicherheitsmaßnahmen" als "wohl bedeutenster Wettbewerbsnach- teil der deutschen Handelsflotte" einfallen, so daß er für die "Ausschöpfung aller Rationalisierungsmöglichkeiten und Produkti- vitätsfortschritte" plädiert, um aus den lästigen Kosten einträg- liche Geschäfte zu machen. Was Kommunisten behaupten und Männer wie Koschnick leugnen, beherzigt der Bürgermeister sehr prak- tisch: seine Sorte Geschäfte sind ohne Gewalt nicht zu haben. Und wie sehr beide zusammengehören, zeigt der beschlossene Ernstfall, der aus jeder Handelsflotte eine wirkliche Armada macht. "Eine eigene Handelsflotte ist unverzichtbar, ist sie doch ein wichtiger Faktor der allgemeinen Außen- und Wirtschaftspolitik und sichert insbesondere in Not- und Krisenzeiten die Versorgung mit Energie und Rohstoffen." Was will er denn werden im nächsten Bundeskabinett, der Koschnick? Wirtschaftsminsiter oder Verteidigungsminister? Am be- sten doch wohl Kanzler. Mittwoch, 2.12. --------------- Das Oberhaupt einer Stadt mit gediegener kolonialistischer Tradi- tion empfängt den indonesischen Botschafter. Indonesien heißt auf bremisch "Rohtabak". Der ist dort unten eine Pflanze, die nicht dort, sondern auf der "Tabakbörse in Bremen" zum Geschäftsartikel wird. Das nennt sich dann "Joint Venture": Indonesier ernten, Bremer machen Geschäfte. Wenn Hans Koschnick über den "beiderseitigen Nutzen" redet, dann als Entwicklungspolitiker der 80er Jahre. Indonesien soll nicht bloß eine unterentwickelte Ta- bakplantage bleiben: "Auf dem politischen Feld nehme Indonesien als Partner eine zu- nehmend wichtige Rolle ein. Beide Staaten, jeder in seinem Bünd- nisbereich, betrachten Sicherheit und Freiheit als unteilbar. In- donesien spiele eine wichtige Rolle in dem südostasiatischen ASEAN-Pakt und trage mit dazu bei, den Frieden in jenem Teil der Welt zu sichern." Als Stützpunkt westlicher Freiheit und Sicherheit gegen den Block, der der "Unteilbarkeit" dieser Friedensordnung im Wege ist, räumt der Bremer Unterimperialist auch einem Tabakfeld die Rolle des "Partners" ein. Donnerstag, 3.11. ----------------- Nicht auszuschließen, daß der indonesische Botschafter sich im vertraulichen Gespräch mit ein paar Tips revanchierte, wie mit innerer Opposition umzuspringen ist. Nötig hat Koschnick sie nicht. Für Bremens "liberalen" Bürgermeister sind solche Dinge lästiger Behördenkleinkram, wie er anläßlich des Falles der Leh- rerin Barbara Larisch auf der Landespressekonferenz heraushängen ließ. Koschnick ließ sich dazu herab festzustellen, hier handele es sich schon deshalb nicht um ein "Berufsverbot", weil diese Lehrerin wegen "Verletzung ihrer Dienstpflichten" rausgeschmissen werde. Schließlich sei sie, nachdem ihr alle paar Wochen in "Dienstgesprächen" Botmäßigkeitserklärungen zu den bundesdeut- schen Herrschaftsprinzipien abverlangt wurden, irgendwann mal nicht der Aufforderung zu solchen "Gesprächen" gefolgt. Warum der Demokrat Koschnick es gelinde als Unverschämtheit erachtet, ihn mit solchen lässig geregelten Randerscheinungen seiner Herrschaft zu belästigen? Dieser Herr ist gerade damit beschäftigt, den ge- schäftsträchtigen Bau maritimen Kriegsgeräts für die Bundesrepu- blik durch die Fusion der beiden Bremer Großwerften sicherzustel- len. "Deutsche Flagge" hoch gegen den äußeren Feind, da hat man mit mutmaßlichen inneren längst fertig zu sein! zurück