Quelle: Archiv MG - BRD DEMOKRATISCHES-LEBEN ALLGEMEIN - Von Dichtern und Denkern
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Wochenschau
WIE INTELLIGENT MÜSSEN POLITIKER SEIN?
Auf diese Frage ist in diesen Spalten immer mit der Gegenfrage
geantwortet worden, was denn der G e i s t mit der M a c h t
zu tun haben soll? Intellektuelle Brillanz läßt sich in keiner
Maßnahme der Politik entdecken. Die Ausübung öffentlicher
G e w a l t erfordert kein einziges richtiges Urteil über die
Sache, der sie dient, sondern allein die Entschlossenheit,
sprich: die nötige Portion S k r u p e l l o s i g k e i t, sie
zu befördern ohne Rücksicht auf die Betroffenen. Die eigene Vari-
ante des Zuschlagens in der Konkurrenz, mit den Rivalen um die
hohen Posten personell durchzusetzen und dafür von den Untertanen
auch noch gewählt zu werden - das ist der E r f o l g in der
Politik und jener fungiert als ihr einziges Maß. Jüngst haben wir
in dieser Auffassung Bestätigung von unerwarteter Seite erfahren
dürfen. Franz Josef Strauß nahm am 25. November im Bayerischen
Landtag sein 1976 im "Wienerwald" geäußertes Urteil über Helmut
Kohl, er sei "total unfähig, ihm fehlen die charakterlichen, die
geistigen und politischen Voraussetzungen für das Amt des Bundes-
kanzlers", keineswegs z u r ü c k, wie die "Süddeutsche Zei-
tung" vom 25. November fehlschließt. Strauß erklärte lediglich:
"Ich bin der Meinung, daß Helmut Kohl h e u t e den Anforderun-
gen gewachsen ist, die das Amt an ihn stellt." Die von ihm
"damals geäußerten Werturteile" seien "mittlerweile
g e g e n s t a n d s l o s." Daß Strauß damit nicht unbedingt
der Volksmunddummheit "Wem Gott ein Amt gibt, dem gibt er auch
Verstand!" das Wort reden wollte, vielmehr in der Form eines De-
mentis früherer politischer Einschätzung, der Wahrheit über die
Politik Ausdruck verlieh, daß für das Amt des Bundeskanzlers der-
jenige alle Voraussetzungen mitbringt, der es gerade erfolgreich
ausübt, erhärtete ein Kommentar im CSU-Organ "Bayernkurier" von
letzter Woche über den FDP-Politiker Möllemann. Dessen liberaler
Profilierungsversuch, im Falle eines Bonner Ministeramts für
Strauß sein Bundestagsmandat niederzulegen, das er am 6. März mit
Hilfe eben dieser Ankündigung erst kriegen möchte, trug ihm vom
Strauß-Organ die Injurie ein, er sei ein "Hampelmann" und erfülle
"leider nicht die (oben zitierte) landläufige Hoffnung". Hätte
Herr Möllemann seine "Drohung" auf den potentiellen Regierungs-
eintritt z.B. seines Parteifreunds Baum gemünzt, dann wäre ver-
standesmäßig bei ihm für die CSU alles bestens. Man sollte also
im Sinne eines Beitrags - zu mehr Ehrlichkeit in der Politik, die
oben angeführte Frage ganz verlassen. Worauf es den Politikern
beim Adressaten ankommt, viel V e r s t ä n d n i s schließt
doch die Betätigung des V e r s t a n d e s prinzipiell aus.
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