Quelle: Archiv MG - BRD BUNDESWEHR RUESTUNGSINDUSTRIE - Ein Geschäft geht seinen Gang


       zurück

       Münchner Hochschulzeitung Nr. 12, 12.05.1982
       
       Wochenschau
       

NUR DER FEIND BEKOMMT NICHTS!

Für alle diejenigen, die den R ü s t u n g s e x p o r t für eine Frage der Glaubwürdigkeit unseres Staates halten und sogar soweit gehen, sich selbst ein Gewissen daraus zu machen, wie es bei jungen und studierenden Menschen nicht selten der Fall ist, werden die gerade neu veröffentlichten (alten) "Politischen Grundsätze der Bundesregierung für Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern" ("Süddeutsche Zeitung" vom 4.5.82) eine harte Enttäuschung bereiten können. Denn die Entdeckung fällt nicht schwer, daß jeder einzelne Punkt dieser säuberlichen Grund- sätze, in der Form von Bedingungen, die alle zu e r f ü l l e n sind und nach dem eintönigen Muster: "Der Export von Kriegswaffen wird nicht genehmigt, es sei denn, daß...", der Ausfuhr von Gü- tern bundesdeutscher Waffenschmieden in alle Welt f r e i e B a h n eröffnen wird. Mit einer sehr verständlichen Ausnahme: für Waffengeschäfte mit "Ländern der Länderliste C" - das sind die Feinde im Osten - gilt ein unbedingtes nationales Verbot. (Die Betonung liegt auf national: Wenn es nämlich im Interesse der NATO liegt, dann dürfen so "weiche" Ostblockländer wie Jugo- slawien oder Rumänien durchaus mit westlichen Rüstungsgütern rechnen, wie den "Grundsätzen" zu entnehmen ist.) Doch warum sollte es auch anders sein? Die Vorstellung ist eben grundfalsch, die zuständigen politischen Instanzen als eine Art von Bollwerk g e g e n eine profitgierige Rüstungsindustrie zu betrachten. Ebenso, sich auf dieser Grundlage weismachen zu wollen, daß die- ser Damm zunehmend Löcher aufweise und die neuen Richtlinien, denen Skrupel gegen den Rüstungsexport auch dem Schein nach fremd sind, als endgültigen Beweis der Ohnmacht des Staates gegenüber den eigensüchtigen Interessen von Rüstungsindustriellen herzuneh- men. Staatliche "Kontrolle" und "Beschränkung" von Waffengeschäf- ten bedeutet nämlich das Gegenteil der Ansicht, die Politiker wollten etwas ihnen von Herzen Unliebsames auf das lediglich ab- solut Nötige einschränken. Der Staat macht damit klar, daß er diese Geschäfte von vornherein als ein M i t t e l s e i n e r A u ß e n p o l i t i k betrachtet und kalkuliert, sie daher seiner unbedingten Hoheit unterstellt (keine Waffe geht ohne Bil- ligung und Wissen der staatlichen Behörden über die Grenze!), und von diesen Geschäften nur zuläßt, was in seinem Interesse ist. Im Gegensatz zur staatsbürgerlichen Ideologie, die offiziellen Vor- schriften seien vage und voller Lücken, so daß sie stets bequem umgangen werden könnten, bleibt festzuhalten, daß die Geschäfte der Rüstungsindustriellen nur auf Basis des staatlichen Interes- ses an ihnen zustandekommen und kalkuliert sind. Und wenn die bundesdeutsche Waffenindustrie, die ja im übrigen vom Staat selbst gefördert und aufgebaut worden ist, steigende Umsätze ver- zeichnet, so heißt das nur, daß sie von dem Ausmaß profitiert, in dem die Bundesrepublik die Aufrüstung anderer Staaten ob nun in- nerhalb oder außerhalb der NATO als ein sehr brauchbares Mittel zur Durchsetzung ihres weltweit reichenden Einflusses eingesetzt hat und heute zielstrebig ausbaut. Mit Waffenlieferungen Freunde zu fördern und mißliebige Kandidaten zu schädigen, das gehört zu den ehernen Grundsätzen des demokratischen Staates, durch deren Befolgung er sieh die Welt gefügig hält und die daher auch so diesem Zweck entsprechend abgefaßt sein müssen. Die neuen Grundsätze der Bundesregierung entsprechen diesem Kri- terium voll und ganz. Es steht nichts N e u e s in ihnen; es handelt sieh "lediglich" um die Kodifizierung des erreichten Standes und des Erfolges der bundesdeutschen Rüstungexportpoli- tik. Eine Demokratie, die zugleich ein wirklich i m p e- r i a l i s t i s c h e r Staat sein will, bewährt sich nicht zuletzt durch die freie Kalkulation mit der Ab- und Aufrüstung der drittklassigen Staatenwelt als eine Methode, die Verfü- gungsgewalt über diese zu garantieren und mit (ebenbürtigen) Partnern darüber zu konkurrieren. Dieses Gütesiegel einer impe- rialistisehen Demokratie hat sich Deutschland unter der Führung der Sozis endgültig wieder verschafft, es wird darin von befreun- deten Mächten anerkannt. Wie die Bundesrepublik sich selbst in dieser Leistung anerkennt und feiert. So ist in den "Grundsätzen" ausdrücklich festgehalten, daß der Rüstungsexport eine Sache ist, die der "Sicherung des Friedens in der Welt" dient. Soll heißen: der Frieden ist dann gewährleistet wenn niemand "den vitalen In- teressen" der Bundesrepublik in die Quere kommt. Der Satz in dem die offensive Formel von den "vitalen Interessen" enthalten ist und der neu in die Grundsätze aufgenommen worden ist, lautet üb- rigens "Vitale Interessen sind außen- und sicherheitspolitische Interessen der Bundesrepublik unter Berücksichtigung der Bünd- nisinteressen." Dieser Satz ist mit Absicht tautologisch. zurück