Quelle: Archiv MG - BRD BUNDESWEHR RUESTUNGSINDUSTRIE - Ein Geschäft geht seinen Gang
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Rüstungsindustrie
VON DEN NÖTEN EINES RÜSTUNGSKAPITALISTEN
Unter der Überschrift "Langsam unheimlich" - womit sie keines-
falls auf einen feinen Doppelsinn abheben will - berichtet die
"Wirtschaftswoche" von "Schwierigkeiten" des bayerischen Rü-
stungsriesen MBB. Wieder einmal läßt sich die Sache mit den Ar-
beitsplätzen schöpferisch anwenden: Da sollen doch glatt 6000 in
nächster Zukunft entlassen werden. Viel Gewicht auf die Tatsache,
daß diese Entlassungen im wesentlichen im zivilen Luftfahrtbe-
reich geplant sind, muß für die ideologische Stoßrichtung nicht
gelegt werden. Wenn sogar schon die Rüstungsindustrie, bei der
doch jeder irgendwie den Verdacht hat, daß die glänzend verdient,
ihre Leute nicht mehr halten 'kann'!
Wo sie grad so schön beim Lügen sind, läßt sich auch gleich noch
ein interessanter Schuldiger präsentieren:
"Die Begründer der deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie hatten
sich lange Zeit auf die Zusicherung verlassen können, daß ihre
zumeist öffentlichen Auftraggeber ihnen jedwede
S e l b s t k o s t e n erstatteten. Je höher diese Kosten, de-
sto mehr vergrößerten sie den absoluten Gewinn. Dieses
S y s t e m stößt jetzt zunehmend an seine Grenzen. Zwar gibt es
das Selbstkostenerstattungsprinzip bei vielen Programmen noch im-
mer. Doch je mehr Bonn auf diese Weise an öffentlichen Geldern
hinausschaufelt, desto eher gefährdet die I n d u s t r i e
eventuelle Anschlußprogramme, weil dafür kaum noch Geld
n a c h b l e i b t. Ein schmerzlicher Lernprozeß steht an."
(Wirtschaftswoche, 14/82)
Diese Industrie hat also ihre Selbstkosten erstattet bekommen -
und je höher sie waren, desto höher war der G e w i n n. Auf
diesen gekünstelten Umweg erfährt man, daß die Rüstungsindustrie
vom Staat hohe Profite garantiert bekommt, eben weil er als der
Abnehmer an ihren Produkten interessiert ist und sie "qualitativ"
möglichst hochwertig wünscht. Und dieser Staat soll jetzt MBB das
Messer an die Kehle setzen? Ja, wenn man sich die sicheren Ex-
traprofite aus der Hand der politischen Finanzmacht als fehlendes
Geld für künftige Gewinne vorstellt, ausgerechnet wo der Staat
seine geldschöpferische Schuldenmacht über alle normalen Schran-
ken hinaus die Rüstungsindustrie spüren läßt. Weil Bonn immer
mehr Geld in diesen Betrieb hineinschaufelt, wird es für diesen
Betrieb immer schwieriger. Was eigentlich? Anschlußprogramme zu
bekommen - die er ja aber auch gar nicht will und braucht, ist
ihm das hineingeschaufelte Geld doch Garantie genug. Wozu soll da
noch welches "nachbleiben"?
Der "schmerzliche Lernprozeß", den sich MBB da unterworfen sieht,
hat denn auch eine bezeichnende Brutalität an sich. Daß der Staat
gewisse Zukunftsprojekte als "Nachkriegsprojekte" auf Eis legt,
macht dieser Industrie,
"die bei diesem System wohl nicht gerade unter erbarmungslosen
Druck gestanden hat, die Kosten zu reduzieren".
einen ganz eigentümlichen "Zwang" auf, nämlich die Tornados und
sonstiges Vernichtungsgerät in h ö h e r e n
S t ü c k z a h l e n zu fertigen, den Übergang von der mehr
"handwerklichen Fertigungsweise" zur stückkostensenkenden Serien-
fertigung zu vollziehen. Wer ihr die höheren, kostenverbilligten
Stückzahlen wohl abnimmt?
Erfrischend dagegen die Offenheit des Rüstungskapitals, das um
"finanzielles Engagement" deutscher Großkonzerne mit folgendem
Zynismus wirbt:
"Die Experten rechneten auch immer mal wieder die steigenden
Spannungsrisiken und Machtverschiebungen in der Welt hoch. Sie
kamen prompt zu dem Ergebnis, daß die kriegerische Entwicklung
eigentlich nicht gegen sie (...läuft). Zumal bei den Abwehrwaf-
fen, so wähnt" (er kann's nicht lassen!) "MBB noch heute, ist vor
allem auch in den Ländern der Dritten Welt mit explosionsartig
steigendem Bedarf zu rechnen."
Wem die kriegerische Entwicklung dermaßen den Rücken stärkt, der
darf seiner eigenen Regierung folgenden - bei ihr sicherlich
wohlwollend vernommenen - Hinweis geben:
"Wer unabhängig von den Atommächten werden will, muß die eigene
konventionelle Schwelle drastisch erhöhen." (Vorstandsmitglied
Madelung)
Friedenssicherung hat ja ihren Preis, an den der fürsorgliche Un-
ternehmer denkt. Und zwar einen Extra-Preis, weil das militäri-
sche Gebrauchswertinteresse des Staates, kombiniert mit seinen
finanzpolitischen Möglichkeiten, das Rüstungskapital außer norma-
ler Konkurrenz setzt. Politik und Geschäft gehen da also souverän
in einem politischen Preis zusammen. Und da soll wegen des unmä-
ßigen Profitinteresses der "Rüstungsmonopole" der Preis die Poli-
tik entmachten und jedes vernünftige Maß verlieren lassen? Es
stünde schlecht um die Offensive der NATO, wenn sich die Staats-
männer selbstzerstörerisch noch um die Profite ihrer Lieblings-
bürger sorgen müßten. Daß aber mit der Stärkung der Staatsgewalt
eine flotte Akkumulation zu machen ist, das macht leider die
Wucht dieser Gewalt aus - und beflügelt die einschlägigen Unter-
nehmer umgekehrt zu innovativem Eigenlob: "Wir hatten immer tolle
Ideen."
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