Quelle: Archiv MG - BRD BUNDESWEHR ALLGEMEIN - Vom deutschen Militarismus
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Rüstung
DER TORNADO WIRD TEURER - SONST NICHTS
Ein Verteidigungsminister, der die Zeit für reif hält, sich damit
zu brüsten, er könne
"in zwölf Tagen über vier Millionen Mann, ausgebildet, unter Waf-
fen, ihren Kampfauftrag kennend, motiviert, ihre Heimat zu ver-
teidigen",
auf dem Schlachtfeld "in Stellung bringen", teilt solches als Er-
folg seiner Regierungstätigkeit mit und, kann sich der entspre-
chenden Würdigung durch die Bürger sicher sein.
Auch wenn er sich öffentlich als Verdienst zugute hält, daß "wir"
in Erfüllung "unserer" Bündnispflichten jährlich 3% mehr vom Ge-
samthaushalt für die schimmernde Wehr abzweigen, wofür natürlich
gewisse "Bereinigungen" im Sozialhaushalt sowie Steigerungen der
Steuereinkünfte erforderlich werden, regt sich darüber kein
Schwein auf. Der Mensch wird weder als gemeingefährlich angese-
hen, wenn er daran mitdreht, daß das Land, in dessen öffentlichem
Dient er beschäftigt ist, per Durchsetzung von Nachrüstungsbe-
schlüssen zu einem bevorzugten Schlachtfeld des Dritten Welt-
krieges wird, noch wird er als Radikaler aus ebendiesem öffentli-
chen Dienst entfernt, wenn er großangelegte Agitationsveranstal-
tungen für eine demokratische Bürgerpflicht zum Heldentod abhält.
Nichts von alledem geschieht.
Der Verteidigungsminister bestätigt stattdessen durch all diese
Umtriebe seine anerkannte Qualifikation als erster Aspirant auf
die Nachfolge Helmut Schmidts.
Auf den geschilderten Höhen seines Schaffens geschah es aber mit-
ten in der Weihnachtszeit, daß
"das Image des Bundesverteidigungsministers in Mitleidenschaft
gezogen" wurde und er selber "in Schwierigkeiten und finanzielle
Not" (Frankfurter Rundschau)
geriet.
Der Aufstand entzündete sich daran, daß die fälligen Forderungen
der Lieferanten des neuen Kampfflugzeugs "Tornado" für dieses und
das nächste Jahr um ca. 1,3 Milliarden DM höher ausfielen, als im
Verteidigungshaushalt eingeplant. Dadurch waren wieder einmal
Überlegungen veranlaßt worden, ob es angesichts des Mitte der
60er Jahre geschätzten Stückpreises von rund 12 Mio. DM und des
jetzt erwarteten Endpreises von ca. 100 Mio. nicht irgendwie ein
bißchen billiger gegangen wäre.
Von den drei beteiligten Ländern (BRD, England, Italien) war ei-
gens eine trinationale Behörde ("Namma") gegründet worden, der
von dem ebenfalls eigens eingerichteten trinationalen Firmenkon-
sortium "Panavia" jeweils die einzelnen Aufträge zur Prüfung und
Genehmigung vorgelegt wurden. Dabei haben es
"die Rüstungskonzerne unter Ausnutzung unübersichtlicher Abrech-
nungen nach Materialwert und Arbeitsstunden zu Tagespreisen...
und je nach Partnerland unterschiedlicher Mehrwertsteuersätze
und... Inflationsraten trefflich verstanden, ihre Interessen zur
Geltung zu bringen." (Süddeutsche Zeitung)
- Ob die zu geringen Ansätze im Verteidigungsbudget nun wirklich
nur auf bedauerlichen Schätzfehlern der internationalen (bei der
"Namma") und nationalen (in der Haushaltsabteilung des Verteidi-
gungsministeriums) Beamten beruhten, die die Kosten für 1980 an-
geblich nach Preisen für 1978 berechnet hatten, weil ihnen nie-
mand verraten hatte, daß auch '79 und '80 Inflation vorgesehen
war;
- oder ob die Kriegsindustrie den Beschluß des Ministers Leber
von 1973, "in der Tornado-Beschaffung" sei "der point of no re-
turn überschritten" ( Süddeutsche Zeitung) als Aufforderung zu
weiteren Preiserhöhungen verstanden hatte; oder beides. So genau
wollte das auch wieder niemand wissen von all denen, die eine
lückenlose Aufklärung der "Finanzierungslücke" forderten. Weder
der Kanzler ("Ich halte dem Apel die Stange"), noch die anfäng-
lich kritische SPD-Fraktion ("Schlamperei!"), noch nicht einmal
die Opposition, die überhaupt den Apel ganz gut fände, wenn er in
einer Unionsregierung säße ("Den Sozialisten paßt die ganze Rich-
tung nicht, Apel soll zum Abschuß freigegeben werden"), wollte
dem Minister "Schuld zuweisen" (Süddeutsche Zeitung). Deshalb
wollte der Minister seinerseits auch "niemandem Schuld zuweisen "
(Frankfurter Rundschau) und übernahm dafür die "politische Ver-
antwortung", woraufhin die Presse sich auf das Konstatieren einer
offensichtlich schuldlosen Beschädigung der Kanzlernachfolgechan-
cen Apels beschränkte. Wir schließen uns ausnahmsweise den Vorge-
nannten darin an, daß der genaue Ablauf der Chose ziemlich
wurscht ist. Es ist doch weiter nichts passiert, als daß ein paar
der schönen Sachen, die es eben für die offensive weltweite Ver-
teidigung der Freiheit (West) braucht, ein bißchen teurer gewor-
den sind und der einschlägige Minister das nicht auf das Dutzend
Millionen genau vorausgesehen hat. Angesichts dessen meinen wir,
daß die ganze Aufregung überhaupt fehl am Platze war und das Ur-
teil über Apel, er sei vom "Hans im Glück der SPD" (Süddeutsche
Zeitung) zu einem Politiker im "Sinkflug" geworden, ungerecht
ist. Wir halten vielmehr dafür, daß der Verteidigungsminister,
was die Erledigung von Regierungsgeschäften betrifft, so ziemlich
zu allem fähig ist. Da wird's wohl auch noch zum Kanzler reichen.
Ein Schaden für das Gemeinwohl ist ebenfalls nirgends zu erken-
nen: a) die Zusatzkosten werden eben anstatt durch den ordentli-
chen durch einen Nachtragshaushalt gedeckt, b) wird doch sowieso
immer alles teurer, c) macht das Rüstungskapital seinen Schnitt
ohnehin nur wegen der Arbeitsplätze und d) hat die Freiheit eben
ihren Preis (siehe auch b). Dies als Hinweis an alle Freunde ei-
ner kostengünstigen Rüstung verbunden mit der Bitte, sie möchten
sich wegen der paar 100 Millionen, die sie jetzt mehr kostet,
nicht das Maul über einen Politiker zerreißen, der sich ständig
um die selbe verdient macht. Qualität hat eben ihren Preis.
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