Quelle: Archiv MG - BRD BUNDESWEHR ALLGEMEIN - Vom deutschen Militarismus
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Katastrophe in Ramstein -
UNKOSTEN DER FREIHEIT!
Natürlich waren sie alle mal wieder "fassungslos", die Herren Mi-
litärpolitiker nachdem ein heruntergefallener Düsenjäger etliche
Dutzend Zuschauer des Flugtages in Ramstein hingerafft hatte; ihr
tief empfundenes Mitleid sprachen sie den Hinterbliebenen und den
überlebenden Opfern aus... Was denn auch sonst? Ausgerechnet da
werden sie nicht gerade ihre Sprüche vom "Restrisiko" hervorkra-
men, das im Interesse einer schlagkräftigen, vom Volk geliebten
NATO-Luftverteidigung nun einmal "unvermeidlich" sei.
Mit großer Geste wird das Schaufliegen der modernsten NATO-Tö-
tungsmaschinen vorerst ausgesetzt - und gleichzeitig überlegt,
wie man die Zurschaustellung der Truppe künftig anders regeln
kann. Denn auf die hat - so versichert der Verteidigungsminister
- der steuerzahlende deutsche Bürger ein unbedingtes Recht. Ver-
teidigungsminister Scholz weiß, was er einer erschrockenen Öf-
fentlichkeit schuldig ist; schwer ist das ja auch wirklich nicht.
Für ein paar Wochen wird die Sprachregelung der evangelischen
Kirche gelten: Waffen wären schließlich kein Spielzeug! Und das
ist sie dann, die Pflichtübung in Sachen Schauder und Entsetzen.
Bis zum nächsten Mal - das so sicher kommt wie das Amen in der
Kirche.
Denn, um mal Klartext zu reden: So etwas gehört ganz einfach dazu
in unserer feinen NATO-Republik. Nämlich e r s t e n s
D ü s e n f l u g z e u g e, eigene wie solche der Verbündeten.
Und das sind spitzenmäßig moderne Großwaffen, die allemal noch am
wenigsten Schaden anrichten, wenn sie vor ihrem "bestimmungs-
gemäßen Einsatz" vom Himmel fallen. An den Leichen, die sie aus
Versehen produzieren, kriegt man noch nicht einmal eine
realistische Vorstellung davon, für welche Verwüstungsvorhaben
sie eigentlich vorgesehen und eingerichtet sind. Z w e i t e n s
ist es für ein auftragsgemäß furchterregendes NATO-Militär
unerläßlich, daß es seine Flugzeuge den T i e f f l u g über
der Heimat üben läßt, denn dort findet ja auch ein beträchtlicher
Teil des vorgesehenen Ernstfalls statt. - Eine gewisse
Katastrophenquote wiederum gehört dazu, wenn die Flugübungen der
Kriegsertüchtigung nützen sollen - was wäre ein Düsenjägerpilot
ohne Risikobereitschaft -; genauso wie der Lärm, der dauernd
anfällt und ab und zu mal öffentlich bedauert wird. Daß solche
Übungen unverzichtbar sind, das haben die bundesdeutschen NATO-
Politiker jüngst ausdrücklich gegen alle Zweifel und Beschwerden
festgehalten. Gegen diese Notwendigkeiten hat der Bürger gar kein
Recht. Das sind nun einmal die K o s t e n d e r
F r e i h e i t, für die die NATO rüstet. Und wer von Inhalt und
Zweck dieser Freiheit außer den gängigen NATO-Phrasen nichts
weiter wissen will, der soll dann auch die NATO-Fliegerei mit
ihrem Lärm und ihren tödlichen "Rest-Risiken" genauso fromm-
ergeben hinnehmen.
D r i t t e n s d i e F l u g s c h a u t a g e: "Müssen die
denn sein?" wird jetzt allenthalben gefragt. Nun, wenn mal keine
Katastrophe passiert, ist die Antwort doch klar:
N a t ü r l i c h müssen sie sein. Oder vielleicht m ü s s e n
sie nicht, aber sie sollen sein. Ihr guter Sinn und Zweck ist
d a n n doch niemandem ein Geheimnis - schon gar nicht den Hun-
derttausenden, die jedesmal hinpilgern. Sie bieten m i l i t ä-
r i s c h e K a m p f k r a f t a l s z i v i l e n G e-
n u ß; im Fall des Flughafens Ramstein soll das sogar ein
Geschenk der US-Streitkräfte an das geduldige Pfälzer Völkchen
für den jahraus, jahrein ertragenen Fluglärm und sonstige
Belästigungen sein. Und dieses perverse Vergnügen steht i n
d e r D e m o k r a t i e hoch im Kurs. Denn so etwas sorgt für
eine gute Volksstimmung im Verhältnis zum NATO-Militär - und
erledigt die Frage nach dessen Zweck und Auftrag. Getrennt davon
und sogar unter ganz zivilen Vorzeichen wird M i l i t a r i s-
m u s z u r l i e b e n G e w o h n h e i t, die durch den
Nervenkitzel riskanter Flugvorführungen gepflegt wird. In der
Demokratie läßt das Militär die Massen eben ein bißchen teilhaben
an seinen schönen Trockenübungen - im Ernstfall wird zwischen
Armee und Zivilisten ja ohnehin nicht unterschieden.
Zugegeben, die Luftwaffe kommt auch ohne Schaufliegerei aus. Sol-
che Festlichkeiten sind eben auch kein Manövereinsatz, sondern
ein B e i t r a g z u r d e m o k r a t i s c h e n
V o l k s k u l t u r: Der darf das Hurra zur bewaffneten Macht
nicht fremd sein. D a f ü r sind die Fliegerkunststückchen gut
und gar nicht überflüssig.
Und auf dieses Konto gehen auch die Toten von Ramstein!
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