Quelle: Archiv MG - BRD BUNDESWEHR ALLGEMEIN - Vom deutschen Militarismus


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       25 Jahre Bundeswehr
       

WOLLT IHR DIE TOTALE VERTEIDIGUNG

Ausgerechnet die demokratische Institution, in der potentiell je- der männliche Bürger einige Zeit seines Lebens - oder im Ernst- fall unter Einsatz seines Lebens - ohne jede Gegenleistung und ohne auch nur den Schein eines irgendwie gearteten persönlichen Vorteils dem Staat zu dienen verpflichtet ist, die Institution, in der Halberwachsene bedingungslosen Gehorsam, fraglose Diszi- plin, also die selbstverständliche Unterwerfung der ganzen freien Person unter ein Kommando lernen, mit dem Vorgesetzte im Kriegs- fall über Leben und Tod entscheiden; die Institution, in der die Jugend aller Klassen kaserniert, einem exakt ausgeklügelten Zwangsregiment unterworfen, bis zur physischen Erschöpfung ge- drillt und schikaniert, andererseits aber der ödesten Langeweile ausgesetzt wird - kurz, zur nahezu unentgeltlichen Aufgabe ihrer persönlichen Freiheit und des Privatlebens verpflichtet ist; aus- gerechnet das Militär also erfreut sich hierzulande wie in jedem ordentlichen Staat der fraglosesten Zustimmung. Der unmittelbare Widerspruch dieser Erziehung in der 'Schule der Nation' und ihres Zwecks zu den 'alltäglichen Vorstellungen und Praktiken des bürgerlichen Subjekts führt zwar zu Beschwerden der Betroffenen und zu allen möglichen 'Drückebergereien', veranlaßt aber niemanden zu dem Gedanken, daß die Verteidigung demokrati- scher Herrschaft nicht dem Volk dient, sondern umgekehrt. Der Wehrdienst, der schon in Friedenszeiten all das verwirklicht, was man außerhalb der Kasernen dem Faschismus an diktatorischen Maß- nahmen und Unfreiheit zur Last gelegt hat, wird innerhalb der Mauern und Stacheldrähte auf den gemütlichen Stuben für eine Not- wendigkeit erachtet, wenn nicht gar für einen nützlichen Teil der Erziehung zur reifen Persönlichkeit. Selbst in dieser Republik, die ihren Aufbau mit der Parole 'Nie wieder Krieg' und mit einer offiziellen Absage an den Faschismus und Militarismus bewerkstel- ligt hat, ist die Gewaltmaschinerie nach außen (und im 'Notfall' auch nach innen) über jeden grundsätzlichen Zweifel erhaben. Und zwar so sehr, daß wider allen Augenschein die unerschütterliche Überzeugung besteht, das ganze Arsenal an Mannschaft und Waffen sei nur dazu da, seinen Einsatz um jeden Preis zu verhindern. Der normale Staatsbürger ist also wahrlich nicht zimperlich gegenüber den Ansprüchen seiner Herrschaft, möglichst viele der Gesell- schaft zu lebenslangen potentiellen Mitgliedern eines Standes auszubilden, dessen Pflichten der Eid mit den Worten angibt: "Ich schwöre, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu vertei- digen, so wahr mir Gott helfe", und Hegel folgendermaßen: "Der Militärstand ist der Stand der Allgemeinheit, dem die Ver- teidigung des Staates zukommt und der die Pflicht hat, die Idea- lität an sich selbst zur Existenz zu bringen, das heißt sich auf- zuopfern... Die wahre Tapferkeit gebildeter Völker ist die Be- reitschaft zur Aufopferung im Dienste des Staates, so daß das In- dividuum nur eines unter vielen ausmacht. Nicht der persönliche Mut, sondern die Einordnung in das Allgemeine ist hier das Wich- tige... gänzlicher Gehorsam und Abtun des eigenen Meinens und Rä- sonnierens, so A b w e s e n h e i t des eigenen Geistes und intensivste und umfassende augenblickliche G e g e n w a r t des Geistes und Entschlossenheit - das feindseligste und dabei persönlichste Handeln gegen Individuen bei vollkommen gleichgül- tiger, ja guter Gesinnung gegen sie als Individuen." (Rechts- philosophie, S. 495 f) zurück