Quelle: Archiv MG - BRD BUNDESWEHR ALLGEMEIN - Vom deutschen Militarismus


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WEHRMACHT UND BUNDESWEHR - EIN VERGLEICH

Die neue deutsche Wehrmacht hält mit der alten Bundeswehr unter Hitler selbstredend keinen Vergleich aus - es sei denn, man be- schränkt sich auf folgende Punkte: 1. In bezug auf die alte deutsche Kampfkraft ---------- selbstverständlich schon. Die Bundeswehr ist längst zu einer Streitmacht geworden, die auch ein Hitler nicht verachtet hätte. Deutsche Tugend in Sachen Militarismus hat nämlich schon kurz nach Hitlers Ende ein Mann namens Strauß bewahrt; und auch ein sozialdemokratischer Verteidigungsminister läßt sie nicht verkom- men, wenn man ihn machen läßt: "Die Bundeswehr ist Ende der siebziger Jahre eine straff ge- führte, gut ausgebildete und modern ausgerüstete Streitmacht." "Die Ausrüstung der Bundeswehr ist vorbildlich im Bündnis." "Sie wird auch künftig das bekommen, was zur Erfüllung ihres friedenssichernden Auftrags nötig ist." (Apel, Weißbuch 1979) Das Manko, daß die Kommandosprache der Wehrmacht heute englisch ist; der Umstand, daß die Erstausstattung der Bundeswehr aus teils veraltetem amerikanischem Material bestand; die Geschichte mit dem "Starfighter", den wir von den Amis mangels Alternative kaufen mußten und den die Bundesluftwaffe erst mühsam für ihre Bedürfnisse abstürzen lassen mußte, weil dieser Flieger für die Klimaverhältnisse des Wilden Westens konzipiert war; schließlich die Tatsache, daß für deutsche Generäle in den Kommandostäben der NATO lange nichts zu erben war - alle diese Erscheinungen von Fremdbestimmung, denen die Wehrmacht nach dem Krieg ausgesetzt war, sind inzwischen ausgemerzt oder zumindest wettgemacht. So pflegen bei Übungen mit den Alliierten die deutschen Verbände stets vorderste Plätze einzunehmen; die Amerikaner haben sich längst davon überzeugt, daß die Bundeswehr der kampfkräftigste Bundesgenosse in Europa ist - auch mit "wohlstandsverwöhnten" Wehrpflichtigen. Der Posten eines Oberbefehlshabers der NATO- Streitkräfte für "Europa-Mitte" ist nun standesgemäß mit dem deutschen General besetzt. Dank des Wiederaufbaus der ehemals so leistungsstarken deutschen Rüstungsindustrie versorgt sich heute die Bundeswehr im wesentlichen autark, so daß die Tradition der deutschen U-Boot-Konzeption, des Schlachtflugzeugbaus ("Tornado") und der urdeutschen Panzerphilosophie (die "Leopard-Familie") er- folgreich weiterentwickelt werden konnte. Vor allem mit dem Er- folg, daß nicht nur die europäischen Partner der NATO mit unseren erstklassigen Dingern versorgt sind und die ehemaligen Todfeinde Frankreich und England sich ihrer bedienen - ganz ohne nationali- stische Bedenken. Neudeutsche Waffen sind ein erstrangiger Schla- ger im Angebot des internationalen Waffenexportgeschäfts, auch, wenn sie mitunter schwer zu beschaffen sind, weil die Bundesre- gierung sich vornehm weigert, für "Krisengebiete" o f f i- z i e l l e Verkaufsgenehmigungen zu erteilen - bei Beendigung eines lokalen Gemetzels irgendwo in der Welt stellt sich dann heraus, daß die "Dritte Welt" in der Ausrüstung für i h r e Kriegsangelegenheiten zunehmend auch auf deutsche Wertarbeit zurückgreifen kann. Hinsichtlich eines wesentlichen Aspektes moderner Kriegsführung, des Kampfes mit K e r n w a f f e n, bleibt der neuen Wehrmacht allerdings neben der Tatsache, daß sie daran bloß m i t beteiligt ist, nur der erinnerungsreiche Trost, daß die diversen Typen der von Amis und Russen entwickelten Atom r a k e t e n schließlich nur Weiterentwicklungen der glor- reichen V1 und V2 darstellen, die damals leider zu spät kamen, um das Blatt noch wenden zu können. 2. Was das Selbstverständnis ----------------- der Wehrmacht angeht, die heute dafür gerade steht, daß die Frei- heit, das Recht und der Frieden des deutschen Volkes keinen. Schaden erleiden, so läßt sich mit gutem Gewissen sagen, daß in ihm die Tradition deutschen Soldatentums voll bewahrt worden ist. Etwaiges Aufkommen faschistischer Ideologien oder gar der Führer- gruß werden nicht einmal mehr bei Gelagen im Offizierscasino ge- duldet, das Bundeswehrhakenkreuz an den Waffen ist sogar ge- schmackvoller geworden. In Sachen "Entnazifizierung" der alten Bundeswehr ist freilich die Klarstellung vonnöten - abgesehen da- von, daß die Hetze gegen die neue Bundeswehr bei der sogenannten "Volksarmee" der DDR reine Heuchelei ist, weil sie selbst nicht "sauber" ist -, daß bereits dieser Begriff höchst bedenklich stimmt. Die Wehrmacht unter Hitler darf nämlich nur ein Kommunist einfach mit der Parteidiktatur der Faschisten identifizieren. Die Masse der deutschen Soldaten, vom Einfachen bis zum General, tat unter Hitler nur ihre Pflicht; und es ist eine bolschewistische Lüge, daß die ganze SS mit so verwerflichen Sachen wie der Juden- ausrottung zu tun hatte. Die Wahrheit an solcher Traditionspflege besteht darin, daß ein Militär, dessen Geschäft im staatlich legitimierten Morden be- steht, in gewisser Hinsicht ja tatsächlich ein armseliger p o l i t i s c h e r K n e c h t bleibt, dem es ziemlich wurscht ist, ob er seine Tätigkeit im Namen der Demokratie oder des "Führers" verrichtet. So treu, wie ein deutscher Soldat oder General bis zum bitteren Ende des "Großdeutschen Reiches" hinter einem "Wahnsinnigen" wie Hitler stand, so treu steht heute der "Bürger in Uniform" und der Generalstab aus "innerer Überzeugung" hinter der demokratischen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland und deren Führer. Der Maßstab der Gesinnung eines Militärs ist nämlich die Verteidigung der N a t i o n; und diese Idee ran- giert ungleich h ö h e r als die institutionellen Regelungen zwischen Staat und Bürger, die unter Hitler totalitär, heutigen- tags demokratisch ausfallen. Diesbezügliche Unterschiede fallen innerhalb der Ausbildung zum Soldaten unter die Rubrik des bei der neuen Bundeswehr eher als lästig empfundenen "Staatsbür- gerlichen Unterrichts", dessen Inhalt gegenüber dem Soldaten- alltag im faschistischen Deutschland allerdings keinen Vergleich mehr erlaubt, für das Erlernen und Praktizieren des Soldatenhandwerks aber auch unerheblich ist. Deshalb hat auch das unter der Feder des Sozialdemokraten Apel herausgegebene "Weißbuch 1979" keinerlei Problem, zwischen der alten und neuen deutschen Wehrmacht einen entschiedenen Trennungsstrich zu zie- hen, indem hervorgehoben wird, was sie verbindet: der Tod von Millionen für die Ehre Deutschlands. "Die Kenntnis der Tragik deutscher Geschichte, daß Verbrechen im Namen Deutschlands begangen wurden, und der Mut, in Not und Ge- fahr sich selbst und seinem Volk treu zu bleiben, sind ver- pflichtender Bestandteil der Tradition der Bundeswehr. Das Opfer von Millionen deutscher Soldaten, die im festen Glauben, das Richtige zu tun, tapfer kämpften, bleibt ein Maßstab für soldati- sche Pflichterfüllung." Weil für unseren sauberen demokratischen Staat das millionenfache Aufopfern des Volkes und die Leichen unserer Nachbarn mit dem Hinweis erledigt sind, solche Tugenden seien mißbraucht worden, ist in Sachen Traditionspflege inzwischen die letzte harte "unnatürliche" Schranke gefallen, die sich die Armee für den Frieden seit ihrer Neugründung auferlegt hat. Mit der Parole, daß "Tradition" beim Militär "alltäglich, selbstverständlich, natür- lich" (Weißbuch 1979) sein sollte, hat der Sozi Apel erstmals einen eigenen Orden für die demokratisch geläuterte Wehrmacht ausgegeben und damit den Zustand beendet, daß unsere Jungs allein mit ihren Tapferkeitsauszeichnungen aus der Zeit des Weltkrieges herumlaufen. Der bei dieser Gelegenheit wiederbelebte Vorwurf aus dem Osten betreffs Nazitum in der Schmidtarmee ist heute so al- bern wie vordem. Schließlich sind die Nazigeneräle (bereits die- ses Wort ist eine Verleumdung!), die beim Aufbau der neuen Bun- deswehr gedient haben, längst aus dem aktiven Dienst ausgeschie- den und durch einen unbelasteten dynamischen Generalstab ersetzt. Die Verherrlichung der Truppe unter Hitler in Traditionsvereinen und das penible Studium der letzten Feldzüge im Fachzeitschrif- tentum geschieht im übrigen unter strenger Aufsicht des Grundge- setzes (mitunter tut die Öffentlichkeit auch einen Offizier mit echt rechtsradikalen Ansichten auf, von dem sich die Armee auf Befehl der Hardthöhe trennen muß, weil dessen Antikommunismus nicht mehr vertretbar ist) und dient dem rein militärischen Ge- sichtspunkt, vor allem die taktischen Grundsätze des Hauptfeindes zu verstehen. Diesbezüglich hat sich bei den "Russen" nämlich nichts geändert, im Gegensatz zu uns, wo manch amerikanische Kampfdirektive eingeführt worden ist. Das Problem der deutschen Wehrmacht bleibt sich gleich: Wie kämpft man gegen einen Feind, der hinsichtlich Mannschaftsstärke, Anzahl der Tanks und "Tiefe des Raums" überlegen ist, und wie wird man mit dem sprichwörtli- chen "übersteigerten Sicherheitsbedürfnis der Roten Armee" fer- tig, die die "Taktik des Rückzugs" verschmäht und die immer nur dann anzugreifen pflegt, wenn sie sich ihrer (quantitativen!) Überzahl versichert hat? 3. Dennoch wäre der Eindruck sehr falsch, die deutschen Truppen an der Ostgrenze führten bloß den alten Kampf der Wehrmacht wei- ter, wenn auch unter anderen ideologischen Vorzeichen. Das ruhm- reiche Wirken der Armeen Hitlers - Millionen von Leichen - hat zwar einige geschichtsträchtige Resultate gezeitigt, das durch- schnittliche "Feindbild" eines Kompaniechefs in unserer Bundes- wehr aber kaum verändert. Dagegen hat sich Die Lage -------- insgesamt sehr wohl grundlegend verändert. Bis 1945 war das deut- sche Militär - ein pflichtbewußtes wie effektives Werkzeug in der Hand einer politischen Führung, die planmäßig auf den Krieg hin- arbeitete, um Deutschland die W e l t h e r r s c h a f t zu verschaffen. Nach der damals im Staat maßgeblichen Auffassung der Faschisten mußte durch Krieg gegen die Nebenfeinde im Westen und gegen den Hauptfeind im Osten deswegen Schaden vom deutschen Volk abgewendet werden, weil "Lebensraum" zurückgewonnen werden mußte, der "widerrechtlich" von "untergeordneten Rassen" und anderen Na- tionen in Besitz genommen war. Wenn demokratischer Politik von heute das Bezeugen von Abscheu vor den faschistischen Wahnsinns- taten so leicht fällt, so allein schon in Anbetracht der verhee- renden Resultate. Infolge der beispiellosen Niederlage schrumpfte der Lebensraum der Deutschen auf einen "Korridor " zusammen und brachte einen anderen Teil der übriggebliebenen Deutschen in die Zwangsanstalt kommunistischer Unfreiheit". In dem für die Frei- heit des Kapitals und die Lohnarbeit in Freiheit geretteten Rest Deutschlands nahm die Mehrheit des Volkes keinen großen Anstoß an dem Beschluß ihrer neuen Machthaber, für die Ideale der freien Marktwirtschaft und des demokratischen Staates müßte das deutsche Volk doch wieder in den Krieg ziehen können und dürfen - diesmal aber garantiert aus Gründen der Gerechtigkeit! Im Verhältnis zu dem, was die Wehrmacht unter Hitler alles anstellen durfte, schrumpfte der Zweck der "neuen deutschen Bundeswehr" erheblich zusammen. Doch sind andererseits die Perspektiven des Kampfes ei- ner T e i l streitmacht im Rahmen des Bündnisses der NATO, deren Mitglieder sich zusammengefunden haben, um "...die Freiheit, das gemeinsame Erbe und die Zivilisation ihrer Völker, die auf den Grundsätzen der Demokratie, der Freiheit der Person und der Herrschaft des Rechts beruhen," (Washington, den 4. April 1949) gegen "die weitere Ausdehnung der Herrschaft der UdSSR" zu ver- teidigen, auch nicht von schlechten Eltern. Statt um die Weltord- nung unter dem deutschen Faschismus kämpft der deutsche Soldat ab 45 an dem äußerst entscheidenden Frontabschnitt Europa für die Absicherung der W e l t h e r r s c h a f t d e s K a p i t a l s (die unter den gegebenen Umständen mit der Macht der a m e r i k a n i s c h e n Nation zusammenfällt), gegen die weltweite "kommunistische Bedrohung der Menschheit". Diesen evolutionären Übergang hat der deutsche Militarismus nicht nur reibungslos vollzogen, so daß Adenauer, der "Kanzler der Alliier- ten", keinerlei Mangel bei der Aufbauarbeit der neuen Wehrmacht zu beklagen hatte (und ein gewisser Strauß sich heute noch damit brüstet, er hätte die Truppe "aus dem Boden stampfen" müssen). Auch das Bewußtsein der Bundeswehrkommandeure ------------------------------------ nach dem Fall entsprach haargenau der an sie gerichteten Aufgabe, Seite an Seite mit den GIs in Korea die Lüneburger Heide nun für die Demokratie freizuhalten: für sie war und ist es die Fortset- zung des alten Kampfes auf erweiterter Stufenleiter, wobei es nicht von Gewicht ist, daß die deutsche Streitmacht nicht mehr die erste Geige spielt und das Führungshauptquartier ins Pentagon übersiedelte. Weil die Westmächte gegen Hitler niemals d e s w e g e n etwas einzuwenden hatten, weil er den Kommunis- mus ausrotten wollte, hat so ein Bundeswehrkommandeur von seinem Standpunkt aus nicht einmal unrecht, wenn er die Niederlage in gewisser Weise auch als Sieg betrachtet. Gegen den Hauptfeind stehen heute weltweit mehr Divisionen und Verbündete als je zu- vor, weil außer der UdSSR kein Feind von Gewicht übriggeblieben ist, der als Störenfried für den Weltfrieden in Frage kommt. Der ehemaligen Westfront brauchen (auf absehbare Zeit!) keine der Ostfront dann fehlenden Abwehrkräfte zugeteilt werden, zum Bei- spiel um die Bevölkerung vor der Bedrohung durch die englischen und französischen Atomraketen zu schützen, die mit Absicht auf diese Entfernungen ausgelegt sind. Durch die EG, NATO und die deutsch-französische Freundschaft ist die Westfront befriedet und endlich zu einem Hinterland für die "Vorneverteidigung" geworden, so daß alles, was von dort im Ernstfall zu uns herübergeflogen kommt, zwar einiges kaputtmachen, dadurch aber die Bundeswehr in Schwung halten wird. Wenn der Politruk seinen Soldaten zur Ein- stellung auf die Aufgabe offiziell nicht mehr erzählen darf, daß der Deutsche und der Russe immer schon gegeneinander standen, sondern den Spruch machen muß: "Soldaten der Bundeswehr! Sie brauchen kein Feindbild, wir erzie- hen Sie nicht zum Haß auf den Klassenfeind wie es leider drüben der Fall ist!", so ist er sich noch immer sicher, daß der neue Ton keine heimli- che "Wehrkraftzersetzung" bewirkt, sondern die zeitgemäße Motiva- tion gegen den blutrünstigen Feind. Und wenn die politische Füh- rung den Nachbarn im Osten die Existenz der wiederaufgerüsteten Wehrmacht zu begründen versucht, indem sie zur Märchenstunde übergeht - "Der Verteidigungsbeitrag der Bundesrepublik Deutschland zum At- lantischen Bündnis bedroht niemanden." (Wozu ist er denn eigent- lich nötig?) "Nach dem Willen des Grundgesetzes hat die Bundes- wehr einen rein defensiven Charakter. Umfang, Organisation, Aus- rüstung und Ausbildung zeigen dies." (Weißbuch 1975) (Deswegen hat aber ein Knirps aus der DDR noch lange kein Recht, das Wie- dervereinigungsgebot des Grundgesetzes als "Revanchismus" einzu- klagen!) -, so besteht der Witz hier darin, daß seltsamerweise kein Bundes- wehrgeneral je auf den Gedanken gekommen ist, eine Verfassungs- klage wegen B e r u f s v e r b o t einzureichen. Besser hat die Arbeitsteilung zwischen deutschem Staat und deutschem Militär wirklich noch niemals geklappt wie in der BRD! Ihr ist es inner- halb von 25 Jahren in eindrucksvoller Weise gelungen, sowohl dem eigenen Volk als auch ihren Nachbarn erstmalig die Gleichung zu verkaufen, daß zwischen i h r e m Militarismus und einem fried- lichen Händereichen kein Unterschied besteht. 4. Dieses Resultat läßt sich auch so verstehen. Rommel kam bis Afrika, wurde hierzu von niemandem gebeten und konnte schließlich auch dort dem "Deutschen Reich" die Niederlage nicht ersparen. H e u t e aber sind wir nicht nur wieder so weit, daß deutsche Zerstörer im Indik auftauchen, wir sind noch viel weiter. Zur Zeit bekommt die BRD von den "Verbündeten" höchstoffizielle B i t t e n, sich an militärischen Unternehmungen des freien We- stens irgendwo in der Welt zu beteiligen, woraufhin sich die BRD die Freiheit nimmt, von ihrem nationalen Standpunkt aus zu e n t s c h e i d e n, in w e l c h e r Form sie nun diesen Einladungen gerne nachkommen will. zurück