Quelle: Archiv MG - BRD BUNDESWEHR ALLGEMEIN - Vom deutschen Militarismus
zurück Zum Streit um die "Modernisierung" der Lance-RaketenWOZU BRAUCHT DIE BUNDESREPUBLIK ATOMWAFFEN?
Die Bundeswehr besitzt Raketen, mit denen amerikanische Atom- sprengköpfe über 100 Kilometer weit verschossen werden können; ca. 90 "Lance"-Systeme mit jeweils 10 Flugkörpern. Diese Geräte sollen in den nächsten Jahren durch neue Raketen ersetzt werden, die etwa viermal so weit fliegen können knapp 500 Kilometer, also ein bißchen weniger als die Reichweite, bei der offiziell die Ka- tegorie der "Mittelstreckenraketen" beginnt. Auf die haben So- wjetunion und USA ja bekanntlich fürs erste verzichtet. Die NATO will diese neuen Raketen; die US-Regierung will sie, die britische Regierung will sie, die französische Regierung möchte sie auch. Nur der bundesrepublikanische NATO-Partner, bei dem diese Dinger aufgestellt werden sollen, will anscheinend nicht so recht: "Noch nicht gleich!" heißt es aus Bonn; es gäbe "noch gar keinen Entscheidungsbedarf"; "später dann...!" Dieselbe Regie- rung, die sich nur ungern und unter größten Bedenken von ihren P e r s h i n g - M i t t e l s t r e c k e n r a k e t e n ge- trennt hat, tritt so auf, als hätte sie etwas gegen die geplante neue Atomträgerwaffe in bundesdeutscher Hand. Das ist deswegen nicht leicht zu verstehen, weil dieselbe Regie- rung ihre Kurzstreckenraketen - bislang eben die "Lance" - auf gar keinen Fall aufgeben will. Sie selber hat kräftig mitgewirkt an dem NATO-Standpunkt: "K e i n e d r i t t e N u l l - L ö s u n g!" - also: Kein "Tauschgeschäft", bei dem Ost und West nach den verschiedenen Arten von Mittelstreckenraketen nun auch noch die Atomraketen kürzerer Reichweite abrüsten würden. Dieses strikte "Nein!" zu einem solchen Abrüstungsgeschäft ist selber nun allerdings auch nicht leicht zu verstehen. Denn von einer solchen weiteren "Null-Lösung", für die die sowjetische Re- gierung wirbt, wären auf russischer Seite etwa zehnmal so viele Raketen betroffen wie auf westlicher - so haben es jedenfalls die NATO-Experten für "sowjetische Überrüstung" und "Bedrohung aus dem Osten" immer vorgerechnet. Und selbst wenn dabei einige Über- treibung im Spiel war: Rein mengenmäßig wäre die Beseitigung die- ser ganzen Waffengattung für die NATO-Militärs ein gutes Ge- schäft, vielleicht sogar tatsächlich ein noch viel besseres als die Verschrottung von Mittelstreckenraketen. Solche Berechnungen haben derzeit aber zurückzutreten hinter dem festen und unverrückbaren Beschluß der NATO-Mächte, daß eine "Ent-Nuklearisierung Westeuropas" auf gar keinen Fall in Frage kommt. Die entsprechenden Sorgen sind zwar maßlos übertrieben; schließlich sind die "Lance"-Systeme nur ein Bruchteil des atoma- ren Waffenbestandes der NATO in Westeuropa. Dort hat die NATO ja noch einiges an nuklearer Artillerie und vor allem einige Hun- dertschaften modernster Flugzeuge, die Atombomben tragen und ge- nauestens ins Ziel werfen oder schießen können; außerdem sind um den Kontinent herum Flugzeugträger mit weiteren solchen Bombern sowie U-Boote mit Atomraketen jeder beliebigen Reichweite statio- niert; und die französischen und britischen Kurz-, Mittel- und Langstreckenraketen gibt es schließlich auch noch. Um so interes- santer ist deswegen die Frage, warum die NATO-Mächte einschließ- lich BRD den Abbau von Atomwaffen in Westeuropa für so gefährlich halten und von weiteren "Null-Lösungen" durchaus nichts wissen wollen. Die offizielle NATO-Auskunft hierzu lautet: "Wegen der sowjetischen Überlegenheit!" --------------------------------------- Die wäre anders als durch Atomwaffen nicht auszugleichen. Dieses Argument ist deswegen sehr aufschlußreich, weil es eine bemer- kenswert "selbstbewußte" Sichtweise der NATO-Europäer verrät. Wie sehr die Sowjetunion den europäischen NATO-Staatern - für sich genommen, also ohne die amerikanische Rückendeckung gedacht - mi- litärisch überlegen ist, das sehen die westlichen Kriegsexperten nämlich schon mit einem Blick auf die Landkarte: Einerseits ein riesiger Landblock mit enormer "Tiefe des Raumes" - demgegenüber ein schmales, zudem dicht besiedeltes Randgebiet im Westen, das gar keinen Platz für ein gescheites großräumiges Schlachtfeld bietet. Außerdem hat es die Sowjetunion zur atomaren "Supermacht" gebracht, die sich auf höchster strategischer Ebene, im W e l t krieg, nur mit den USA vergleichen muß; auf der Ebene sind die Westeuropäer nicht ebenbürtig - haben es bislang übri- gens auch nie werden wollen, o h n e die USA. Auch sonst unter- hält die Sowjetunion eine Militärmacht, die in der Lage sein soll, mehr oder weniger a l l e i n einen W e l t krieg durch- zustehen; die europäische Front ist für sie zwar ein bedrohlicher und wichtiger, aber bloß e i n Kriegsschauplatz; und auch da sieht sie sich nicht bloß ihren europäischen Nachbarn als Gegnern gegenüber, sondern - wie auch sonst überall - der westlichen W e l t macht Nr. 1, den USA, und wappnet sich entsprechend. Sehr logisch, daß die westeuropäischen R e g i o n a l mächte sich da furchtbar unterlegen vorkommen, solange sie nur ihre e i g e- n e n Streitkräfte in Betracht ziehen. Nun wird von d i e s e r Unterlegenheit nicht viel "ausgegli- chen", wenn ein paar Hundert atomare Gefechtsfeldwaffen in West- europa aufgebaut werden. Zumal die Sowjetunion ja auch diese militärische Herausforderung angenommen und ihrerseits für eine atomare Kriegsführung an der europäischen Front gesorgt hat. Daß Land und Leute in Westeuropa auf diese Weise im Endeffekt mi- litärisch besser geschützt wären, ist ein Märchen, das man gleich vergessen kann. Der entscheidende Punkt ist sowieso ein anderer. Die Machthaber und Kriegsfunktionäre der NATO drücken ihn so aus: Die Atomwaffen in Westeuropa, insbesondere die amerikanischen Bomben und Nuklearraketen in der Bundesrepublik, würden die "Ankoppelung an die strategische Atommacht der USA" --------------------------------------------------- gewährleisten. Und das heißt erst einmal ganz schlicht: Die west- europäischen NATO-Staaten bauen sich der Sowjetunion gegenüber als T e i l d e r a m e r i k a n i s c h e n W e l t k r i e g s m a c h t auf. Sie sollen und wollen militä- risch auf gar keinen Fall bloß das sein, was sie für sich genom- men militärisch bloß sind, nämlich recht bedeutende, aber R e g i o n a l mächte am westlichen Rand des sowjetischen Be- reichs. Sie begreifen sich selbst als Gegenspieler der Weltmacht Sowjetunion; daraus leiten sie ihre militärischen Probleme und Sicherheitsbedürfnisse ab. Oder anders: Die alten europäischen Großmächte wollen und sollen unbedingt am letzten und entschei- denden militärischen Gegensatz auf der Welt, an der s t r a t e g i s c h e n A t o m k r i e g s drohung zwischen den "Supermächten" USA und Sowjetunion a k t i v b e t e i- l i g t sein. Sie wollen W e l t k r i e g s p a r t e i sein - ohne das, als bloße Regionalmächte, kämen sie sich glatt als militärisches Entwicklungsland, als abhängiges Opfer fremder Entscheidungen vor; und diese Rolle haben sie doch dem Rest der Staatenwelt zugedacht. Dieser unbedingte W i l l e, b e i m W e l t k r i e g m a ß g e b l i c h m i t z u m a c h e n, wird offiziell als S c h u t z b e d ü r f n i s d e r W e s t e u r o p ä e r ausgegeben. Wahr ist daran nur: O h n e diesen Anspruch, ohne das Bündnis mit der westlichen Weltmacht in einem festen Welt- und Atomkriegspakt, müßten die Staaten Westeuropas ihr Verhältnis zur Sowjetunion glatt a n d e r s regeln - was andere Nachbarn der Sowjetunion ja durchaus tun, übrigens ohne von der Roten Ar- mee eingemeindet zu werden. Daß die ohne NATO-Bündnis sofort bis zum Rhein oder gleich bis zum Ärmelkanal durchmarschieren würde, gehört zu den NATO-Legenden, die erzählt werden, um eine p o l i t i s c h e E n t s c h e i d u n g der Westeuropäer zu rechtfertigen. Daß die westeuropäischen Staaten mit Rückendeckung der USA militärisch "über ihre Verhältnisse leben", soll da wie ein Sachzwang wirksamer Verteidigung aussehen, über den man gar nicht mehr zu reden braucht. Umgekehrt passen die Dinge zusammen: Der Beschluß, aus Westeuropa eine Weltkriegspartei an der Seite Amerikas zu machen, s c h a f f t überhaupt erst die europäi- sche Bedrohungslage und da Unterlegenheitsverhältnis gegenüber der sowjetischen Atomkriegsmacht, die sich dann ohne Rückendec- kung durch die strategischen Atomwaffen der USA gar nicht "bewältigen" lassen. Militärische Drangsale des Atomkriegs-Juniorpartners BRD -------------------------------------------------------- Durch die NATO und ihre Atomwaffen gehören also die Westeuropäer - und gehört sogar die BRD, immerhin nach der totalen militäri- schen Kapitulation Deutschlands, längst wieder - zur obersten Oberliga der Welt-Militärmächte. Die Bundesrepublik ist zwar bloß M i t macher, aber immerhin Mit m a c h e r der W e l t kriegsvorbereitung. Davon will dieser nette Staat um kei- nen Preis ablassen. Und der Preis ist nicht gering. Denn für die NATO ist die BRD ein für allemal Frontstaat und Kriegsschauplatz. Alle militärischen Planungen für den Krieg in Europa sehen früher oder später den Einsatz atomarer Gefechtsfeldwaffen in Mitteleuropa vor - das ist ja gerade die "Ankoppelung" der Bundesrepublik an die strategi- sche Atommacht der USA, also der S c h u t z und die unerläßli- che R ü c k e n d e c k u n g für die bundesdeutsche Welt- kriegs-Militärmacht. Aus dieser peinlichen Lage gibt es für den Ehrgeiz bundesdeut- scher Regierungen nur einen "Ausweg": n o c h v i e l m e h r M i t wirkung an der westlichen Weltkriegsplanung und -vorbereitung; noch viel mehr Einfluß auf die Vorkehrungen der NATO für den europäischen Atomkriegsfall. K e i n e E n t-Nu- klearisierung Europas; aber eine nukleare Strategie bitteschön nach d e u t s c h - n a t i o n a l e m K a l k ü l: Das ist der feste Standpunkt der Bundesregierung. Von da aus beurteilt sie die atomaren Rüstungen und Rüstungspläne des Bündnisses, und nie ist ihr der erreichte Stand recht. Wie denn auch - der totale Blitzsieg, die einzige militärische Lösung des bundesdeutschen NATO-Problems, ist im Atomkrieg so leicht nicht zu haben. Die NATO bastelt schon seit Jahrzehnten an so ei- ner "Lösung"! Die Suche nach der idealen Option: ---------------------------------- NATO-Gesamtkonzept in deutschem Interesse ----------------------------------------- Von bundesdeutschen Politikern wird sie unablässig aufgestellt - die Forderung nach dem "Gesamtkonzept", das die Strategie der NATO Westeuropas und damit die weitere Aufrüstung allumfassend, einvernehmlich mit allen Partnern und unter Berücksichtigung der Abrüstungsangebote aus dem Kreml festlegen soll. Das erfüllt in jeder Hinsicht den Tatbestand der Heuchelei. Da wird so getan, als sei die militärisch armselige Bundesrepublik von fremden Waf- fen aus NATO-Kreisen nur b e t r o f f e n - wie war das eigent- lich bei der Stationierung der Mittelstreckenraketen 1983? -, so daß zum Beispiel der Flottillenadmiral Schmähling von der Bundes- wehr daraus ein Recht ableitet: "Die Bundesrepublik Deutschland muß im Bündnis das Prinzip der 'Meistbetroffenheit' durchsetzen, d.h. sie muß ein Mitsprache- recht bei allen Entscheidungen verlangen, die die Stationierung und den möglichen Einsatz von Waffensystemen anderer Nationen auf deutschem Boden betreffen." (Frankfurter Rundschau, 19.11.88) Da gibt's einen Streit zwischen der Bundesrepublik und Frankreich, weil die BRD bei der Vorbereitung der neuen konven- tionellen Abrüstungsrunde mit der Sowjetunion den Verdacht schöpft, daß sich Frankreich und Großbritannien aus den Zonen konventioneller Streitkräfte, die für die Abrüstungsverhandlungen unterschieden werden sollen, herausstehlen wollen. Und die Bun- desrepublik dringt auf Gerechtigkeit. Sie erhandelt von ihren NATO-Partnern, "die Regel für die Abrüstung in den verschiedenen Regionen sei, als zusammenhängendes Ganzes zu verstehen, die nur gleichzeitig und im gesamten Gebiet vom Atlantik bis zum Ural zur Anwendung kommt'." (Süddeutsche Zeitung, 10.3.) Eigentlich unverständlich, warum die Position der westeuropäi- schen NATO gegenüber der Sowjetunion besser sein soll, wenn alle NATO-Partner gleichermaßen in den Abrüstungsprozeß einbezogen werden! Aber dem Kanzler fällt auch nichts Besseres als die Ge- rechtigkeit zwischen den NATO-Verbündeten ein. Er bringt unter diesem hohen militärischen Wert sogar noch die geplante Aufrü- stung seines Kriegsbündnisses unter: "In der Debatte über das Gesamtkonzept auf dem NATO-Gipfel in we- nigen Monaten werden wir darauf bestehen, daß die deutschen In- teressen gewahrt werden. Es darf keine Zonen unterschiedlicher Sicherheit im Bündnis geben." (SZ, 3.2.) Das ist alles gelogen: weder bestimmt die besondere bundesdeut- sche Betroffenheit von der Auseinandersetzung zwischen Ost und West, noch das Ideal gleicher Sicherheit im Bündnis das deutsche Interesse. Die Herren in Bonn haben Probleme, weil es nicht vor- wärts geht mit ihrer militärpolitischen Rolle im Bündnis und ge- gen die Sowjetunion. Sie sehen kein Land, was die angelaufenen Abrüstungsverhandlungen der konventionellen Art mit der So- wjetunion anbetrifft, wie ihnen das mehr militärpolitische Bedeu- tung im Westen einbringen könnte. Sie wissen nicht einmal mehr zu sagen, wie ihnen eine längst beschlossene Aufrüstung (= Moderni- sierung) taktischer Atomwaffen der NATO von Vorteil sein könnte. Und weil einer Regionalmacht wie der BRD nichts unwürdiger er- scheint, als eine solche auch fürderhin bleiben zu müssen, weil sie aber andererseits auch nicht viel mehr als eine Mittelmacht ist, die nicht einfach kann, was sie will, drücken die bundes- deutschen Verantwortlichen ihre wirklichen Sorgen so saukompli- ziert und zurückhaltend aus. Fast kein wahres Wort kommt da vor, wenn unsere Politiker ihre Bedenken gegen die Modernisierung der taktischen Atomwaffen anmelden. Alle hantieren mit "unserer" Si- cherheit und Verteidigungsfähigkeit - als wenn es darum ginge. Alle führen Abrüstungsgesichtspunkte und die Linie Gorbatschows ins Feld, als wäre das die weltbewegende Tendenz der N A T O: Lothar Späth drückt seinen Vorbehalt gegen die Modernisierung mit dem Vorschlag aus, sie "an einen neuen Doppelbeschluß zu koppeln: Ganz oder teilweiser Verzicht, wenn der Osten weiter abrüstet" (SZ 10.4.). Jürgen Möllemann fordert ein "Vorverhandlungsmandat für die Verringerung der atomaren Kurzstreckenwaffen" und vom an- stehenden NATO-Gipfel, "ein Bündniskonzept zur Rüstungskontrolle und Abrüstung zu beschließen, nicht für Rüstung und Aufrüstung". Dieselben und andere betonen andererseits, daß es atomare Kurz- streckensysteme weiterhin geben müsse, weil sonst die Abschrec- kung nicht mehr gewährleistet sei. Daraus folgern sie aber nicht, daß eine Modernisierung baldigst geschehen müsse, um die Ab- schreckungslücke zu schließen. Kohl und Scholz lehnen eine Null- Lösung bei den Kurzstreckenwaffen ab, wollen aber die Entschei- dung über die Modernisierung verschoben sehen. Geißler faßt zu- sammen und nimmt dafür die Lüge vom Abrüstungswillen zu Hilfe: "Die Option muß aufrechterhalten werden. Und ob die Option reali- siert wird, das hängt davon ab, ob es zu dieser asymmetrischen Abrüstung kommt." (Frankfurter Allgemeine, 4.4.) Am deutlichsten drückt noch Alfred Dregger aus, welches die wirk- lichen Sorgen sind, die die deutschen Militaristen plagen. Der Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU denkt gleich an eine tatsächli- che Kriegsführung. Nach ihm soll die atomare Artillerie ganz ab- geschafft werden, weil sie "den deutschen Boden treffen könne". Daß es sich deswegen um eine ineffektive Waffe gegen den Feind handelt, drückt Dregger sogar noch im Jargon der NATO-Ideologie vom Abschrecken und gedeihlichen Zusammenwirken im Kriegsfall un- mißverständlich aus: "Nukleare Rohrartillerie kann wegen ihrer geringen Reichweite zur Verhinderung von Krieg durch Abschreckung kaum beitragen, da sie das Territorium des potentiellen Angreifers nicht erreichen kann. Stattdessen brauchen wir luftgestützte Abstandswaffen, die auf- grund ihrer größeren Reichweite den Abschreckungsverbund zwischen Europa und den USA aufrechterhalten..." (Welt am Sonntag, 26.2.) Nach wie vor gilt für den BRD-Militarismus das Ideal der Gleichrangigkeit mit der Sowjetmacht. Aus der Rüstungsdiplomatie der "Supermächte" und aus dem INF-Abkommen haben die bundesdeut- schen Gleichgewichtspolitikcr gelernt, wie dieses Ideal am besten ins politische Geschäft einzubringen ist - vielleicht meinen so- gar manche, mit den Russen von heute wäre so sogar ein Stück wei- terzukommen! "Dregger plädierte dafür, das Gesamtkonzept mit einer Abrüstungs- initiative des Westens zu verknüpfen. Es komme nach dem INF-Ver- trag zur Verschrottung der Mittelstreckenraketen jetzt darauf an, auch unter 500 km Reichweite drastisch abzurüsten und den zu er- haltenden Mindestbestand an nuklearen Waffen der NATO so zu dis- ponieren, daß ein möglichst hohes Maß an kriegsverhindernder Ab- schreckung erhalten bleibe. Der Schwerpunkt sollte in flugge- stützten Abstandswaffen bestehen. Dregger sprach sich für eine geringe - unter dem jetzigen NATO-Bestand liegende - Zahl moder- nisierter Lance-Raketen aus, die den Spielraum des INF-Abkommens voll nutze... Eine westliche Abrüstungsinitiative sollte nach Vorstellung Dreg- gers der sowjetischen Seite sagen, daß ihre Überlegenheit auf dem Feld der Systeme unter 500 Kilometer, die 14 zu 1 betrage, nicht akzeptabel sei und beide Seiten nur so viele Waffensysteme in diesem Bereich behalten sollten, als unbedingt zur Abschreckung notwendig seien." (SZ, 10.4.) N u r d a s u n b e d i n g t N ö t i g e - und dann weit mehr als jetzt, unter der Bedingung, daß die Russen a b r ü s t e n? Und das soll dann das "Gesamtkonzept einer Abrüstung des Westens" sein, die dann im Osten stattfindet. Von Bedenken gegen eine deutsche Aufrüstung ist da wirklich nichts zu spüren. Die immer wiederholten V o r b e h a l t e gelten der Führungsmacht, von der der bundesdeutsche Militarismus sich nicht noch einmal durchs Hinstellen und Wiederwegtun von Atomraketen düpieren lassen will. Ärgerlich nämlich ist die Er- fahrung, daß unsere Freunde in den USA auch bei d e u t s c h e r Rüstung nur i h r e strategischen Interessen bedienen. "Forschung und Entwicklung mag bei den Amerikanern entschieden sein, das ist auch deren Sache, aber Stationierung auf deutschem Boden, das ist auch unsere Sache." Das sagt Dregger 1989, und er meint die Modernisierung der atoma- ren Kurzstreckensysteme. Dennoch: Der BRD fehlt zur Zeit eine in der NATO realisierbare Alternative auf dem Felde des Rüstungs- fortschritts, die ihrem Anspruch auf Machtzuwachs taugen würde. Diese Alternative plant sie erst. Wenn Dregger sich wünscht, "neben einer europäischen Währungs- und Wirtschaftsunion auch eine Sicherheitsunion zu verwirklichen" (SZ, 10.4.), dann möchte dieser gute Deutsche dieselben Erfolge auf militärischem Gebiet, die es auf dem wirtschaftlichen schon gibt für die Bundesrepu- blik. Auch dieses Wunschdenken dient nicht gerade dem Frieden. Gemessen an seinem Ideal mag der deutsche Militarismus in Verle- genheit sein. Insofern sucht er konsequent nach realistischen Aufrüstungsschritten, die sich auch für Deutschland lohnen. zurück