Quelle: Archiv MG - BRD BUNDESWEHR ALLGEMEIN - Vom deutschen Militarismus


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       Deutsche im All
       

VOLK OHNE RAUM

Um die deutsche Weltraummission ist einigermaßen Wirbel gemacht worden. "Wir" waren im All und jeder durfte teilhaben an "unserem Erfolg". Aber schließlich liegt ja auch unsere Zukunft dort. Forschungsminister Riesenhuber verkündete, "diese Mission ist nur der erste Schritt im Rahmen einer gewalti- gen nationalen Anstrengung, die der Bundesrepublik Deutschland im Wettlauf der Nationen zur friedlichen Eroberung des Alls einen ersten Platz sichern soll." Da muß uns bisher etwas entgangen sein, in punkto "Wettlauf zur friedlichen Eroberung"; bis unsere Jungs hoch sind. Aber darf man trotzdem einmal bescheiden anfragen, was wir dort oben "erobern" sollen? Wem wollen wir zuvorkommen? Wo wollen wir einen ersten Platz haben? Ist das Unternehmen vielleicht doch eine nicht ganz friedliche Konkurrenzveranstaltung? Warum müssen wir ins All? Geht es sonst auf dem blauen Planeten nicht mehr weiter, ohne präzise Daten über das Verhalten von Mäu- sedreck unter verminderter Teilchendichte: "Unsere Astronauten Furrer und Messerschmid rasen mit 3000 Metern pro Sekunde um die Erde, damit unser Leben hier unten noch besser werden kann." (Forschungsminister Riesenhuber in der Bild-Zei- tung) Was? Wodurch? Noch besser? Beziehen wir unsere Kresse demnächst direkt aus der Raumstation? Werden Patienten mit Gleichgewichts- störungen in Zukunft auf AOK-Kosten in eine erdnahe Umlaufbahn geschossen? Oder wandern im Jahr 2000 unsere Arbeitslosen geschlossen in den Orbit aus, "weil auf lange Sicht im Weltraum Fabriken entstehen werden" ("Bild")? Bei so vielen offenen Fragen, die nicht präzise beantwortet wur- den, ist es kein Wunder, daß die Meinung vertreten wird, zur Lö- sung irdischer "Probleme" bedürfe es keiner "teueren Visionen" im All, sondern eher "politischer Kleinarbeit" herunten. Es mag in der Tat sein, daß Zukunftsaussichten, die uns die Weltraumfahrt bescheren soll, ziemlich zurechtkonstruiert aussehen - so eben, als ob uns ein homogen geschmolzener Verbundwerkstoff zu unserem Glück gerade noch gefehlt hätte. Es zeugt allerdings nicht von besonderer Klugheit, den von den Politikern vorstellig gemachten Nutzen der Raumfahrt für bare Münze zu nehmen und sich zu fragen, ob das ein praktikabler Weg ist. Soll man die "Vision" des SDI- Oberkoordinators Abrahamson z.B., im All würden irgendwann einmal große Spiegel installiert, um unsere Städte nachts zu beleuchten, auf ihre Praktikabilität hin anzweifeln? Irgendetwas muß die Planung und Leitung unseres Gemeinwesens in den freien Raum getrieben haben. Offene Fragen der Forschung wa- ren es jedenfalls nicht. "Bild der Wissenschaft: Ein interessantes Experiment ist ja auch der Flug ihres Raumschiffes überhaupt. Sie fliegen ja mit so ho- her Geschwindigkeit, daß sich relativistische Effekte bemerkbar machen... Aber haben die Versuche überhaupt einen Sinn? Zweifelt denn jemand die Relativitätstheorie an, so daß man sie bestätigen müßte? Messerschmid: Nein, Sie haben ein bißchen recht: Das Experiment an sich hat keine Bedeutung. Was wir eigentlich wollen, ist, eine Methode der hochgenauen Navigation zu testen..." Das ist doch einmal etwas Handfestes! Und, erhält man hier eine vernünftige Auskunft, wofür das neue Navigationssystem benötigt wird; Im Prinzip! Man kann damit, "zum Beispiel Sie als Bergstei- ger,... die eigene Position bestimmen. Sie läßt sich so bis auf 10m genau bestimmen in allen drei Koordinaten." Daß die Mensch- heit den Unsinn nicht lassen kann, sich einen Nutzen für sich vorzustellen von Sachen, die im Leben nicht für den persönlichen Gebrauch bestimmt sind! Die 'D 1'-Mission war laut amtlicher Auskunft eine reine "Forschungsmission". Klar, wenn einmal beschlossen ist, daß man unbedingt hin . muß, gibt es viel zu tun. Man betritt schließlich Neuland, möchte wissen, wann den Astronauten das Kotzen kommt - schließlich möchte man ja noch öfters hinauf. Und, welch Wunder, man weiß schon, was man dort draußen will. Fix und fertiges Gerät wird erprobt. Eine "hochauflösende Kamera" von Zeiss z.B., die sinnigerweise ein gestochen scharfes Bild von MBB in Ottobrunn mit zur Erde bringt, oder ein "Allwetterradar", weil sich gewisse Erdenregionen der laufenden "kartographischen" Bestandsaufnahme entziehen. Kurz, das Programm hat bereits einen wissenschaftlich- technischen Namen und wird auf amerikanisch SDI abgekürzt. In be- gleitenden Diskussionen wurde viel die Frage gewälzt, ob wir nicht vor einer "Militarisierung" des Weltraums stehen. Was heißt hier "vor", und was heißt hier "-isierung"? Oder sieht jemand einen anderen Zweck, nur weil die deutsche Raumfahrt im Etat des Forschungs-, und nicht in dem des Verteidigungsministeriums aus- gewiesen ist? Die deutsche Hochfliegerei hat natürlich noch so ihre Schatten- seiten. Bis die BRD eine etablierte, eigenständige Weltraummacht ist, braucht es noch seine Zeit. Deutsche Raketen gibt es nur als europäische Ariane, und wenn deutsche Maßarbeit erprobt werden soll, müssen uns die USA mitnehmen. Die K o n k u r r e n z im All, die die Bundesrepublik eröffnen will, muß vom amerikanischen Bündnispartner gebilligt werden, der sie sich zu Monopolpreisen bezahlen läßt. So erhält das Unternehmen nicht nur die schöne Form des edlen wissenschaftlichen Wettstreits von Nationen, die am gleichen Strang ziehen, sondern die Bundesrepublik unternimmt auch Anstrengungen, zu mehr Unabhängigkeit in dieser Angelegen- heit zu kommen. So kalkuliert sie ihre Mitarbeit bei Eureka, der europäisch zusammengewürfelten Zweitausgabe des amerikanischen Weltraumkriegsprogrammms, die - aber das versteht sich sowieso von selbst - auch wieder ein reiner Forschungverband ist. Die 'D 1'-Mission war laut amtlicher Auskunft außerdem Eine friedliche "Wirtschaftsmission" ------------------------------------ Schließlich weiß ja jeder, daß bei "Forschung" natürlich an "Anwendung" gedacht ist: "Die Spacelab-Mission D 1 ist mehr als nur ein neuer Höhepunkt der deutschen Raumfahrt sie ist ein entscheidender Schritt zur friedlichen, wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Nutzung des Weltraums." (Anzeige von MBB) Bloß, auch das stimmt ganz anders, als es die nationalistisch aufgeklärte Öffentlichkeit sich und anderen gern vorerzählen möchte. Z.B. so ein feines Experiment wie die Züchtung besonders reiner Legierungen und Kristalle unter "Mikrogravitation": "1 kg hochwertiges Metall (Kosten 150.000) für Turbinenräder wurde geschmolzen.", weiß die "Bild"-Zeitung zu berichten. War das nun teuer oder bil- lig: Läßt sich das vielleicht demnächst verwerten für die Luft- fahrt oder Mikrochips oder sonstwo, oder doch nicht so bald? Lau- ter falsche Fragen. Volkswirtschaftliches Rechnungswesen von zu- kunftsorientierten Politikern und Wirtschaftsmanagern geht ganz anders - immer schon und heute erst recht. - I m m e r s c h o n, weil die Milchmädchenrechnung: 'X Milli- arden Forschungsinvestition jetzt ergibt Y Milliarden Gewinn durch Wirtschaftsfortschritt in n Jahren' gar nicht angestellt wird; schon gleich gar nicht bei so grundsätzlichen Entscheidun- gen wie der Alternative: Weltraum ja oder nein? So kleinkräme- risch hat die forschungspolitische Vorsorge für die Konkurrenzfä- higkeit der guten deutschen Industrie im Weltmaßstab nie ausgese- hen, und so wäre ja auch nie eine in allen 'Zukunftsindustrien' heimische nationale Kapitalakkumulation zustandegekommen. - H e u t e e r s t r e c h t; denn der Einstieg in die höhe- ren Gefilde wendet schließlich einerseits lauter Techniken an und richtet sich andererseits auf lauter feine technologische Neue- rungen, bei denen eine ökonomische Rechnung nach dem Muster: Weltraumfabrik macht ganz viele feine, billige Chips, sich erst einmal als völlig absurd erweist. Andererseits aber ist der un- mittelbare und absehbare politisch-militärische Nutzen ja wirk- lich mit Händen zu greifen und wird ja auch tagtäglich als natio- nales Rüstungsprogramm für die nahe Zukunft in allen westlichen Hauptstädten besprochen und geplant. Klar, daß daraus natürlich ein Geschäft gemacht wird, jetzt schon mit den vielen 'Forschungsmilliarden' und künftig mit der staatlich erwünschten Anwendung der Ergebnisse. Auskünfte seitens des Forschungsmini- sters über den Stand der deutschen Industrie sind also etwas an- ders zu lesen, als sie gemeinhin öffentlich verstanden werden - die Wirtschaftsmacher wissen da schon Bescheid: "Bei den Informationstechnologien hätten wir beinahe den Anschluß verpaßt - im Weltraum wollen wir von Anfang an Spitze sein. Neue, im Weltraum hergestellte Materialien und Produkte rechtfertigen die Achtung, die dem Markenzeichen 'Made in Germany' in aller Welt gezollt werden." Wenn deutsche Politiker die "Abhängigkeit" unseres" rohstoffarmen Landes" sowie die "japanische Konkurrenz" beschwören, geht es nicht bloß um den Geschäftserfolg der deutschen Wirtschaft oder um den Ausgleich angeblicher Konkurrenznachteile. Sondern Deutschland ist wieder einmal zu Höherem berufen, um seine Rolle in der Welt zu spielen. "'Unser Schicksal ist die Wirtschaft' hat Walter Rathenau zu Be- ginn dieses Jahrhunderts formuliert. Heute, da wir uns dem Ende dieses Jahrhunderts nähern, muß man sagen: 'Die Technologie ist unser Schicksal'." (Helmut Kohl auf der Eureka-Konferenz) Die deutsche Führung kann überhaupt nicht genügend Mittel in die Hand bekommen, die ihr die deutsche Industrie verschaffen soll für ihre politischen Zwecke. Dafür sorgt sie dann auch für ihr Lieblingssorgenkind und eröffnet ihm lauter politische Geschäfts- zweige. Und die gute deutsche Wirtschaft läßt sich nicht lang bitten. Sie ist ja längst blendend im Geschäft mit den politischen Gewaltmit- teln. In dieser Hinsicht war der 'D 1'-Flug tatsächlich eine De- monstration der Tauglichkeit deutscher Präzisionsinstrumente, die auf ihre Fertigung warten. Deutsche Firmen stehen Gewehr bei Fuß und haben sich durch Fusionen und Einkäufe die für diese politi- schen Aufträge nötige Betriebsgröße verschafft. Siehe Daimler Benz - AEG. Oder die bayerische Staatsregierung selber findet die Kapitaldecke von MBB zu gering und strebt daher die Mobilisierung von BMW-Reserven für neue "Mehrheitsverhältnisse" an... S o gehen Politik und Geschäft Hand in Hand. zurück