Quelle: Archiv MG - BRD AUSSENPOLITIK VERTRIEBENE - Vom östlichen Unrecht
zurück Pfingstreffen der VertriebenenKEINE REVANCHE = NUR ENDLÖSUNG!
Jedes Jahr zu Pfingsten versammelt sich jene besondere Spezies der Gattung "Deutscher", welche den Auftrag des Grundgesetzes, die "deutsche Frage offenzuhalten" und keinen qmm deutscher Erde preiszugeben, in den Genen hat und deshalb eine Generation zwei- beiniger deutscher Rechtsansprüche auf den Osten nach der anderen in die Welt setzt: sog. Vertriebene und "ihre Nachkommen der zweiten und dritten Generation, die sich noch immer Sudetendeut- sche nennen" (Rude Pravo). Für die Führer aller Deutschen ist es "ein selbstverständliches Recht" (Kohl) durch ihre Schirmherr- schaft und ihre Reden auf diesen Treffen zu unterstreichen, daß das Anliegen, das Reich wieder heim in den Osten zu bringen, nicht bloß ein ideeller Besitzanspruch verbohrter Funktionäre, sondern offizieller politischer Auftrag des bundesdeutschen Ge- meinwesens ist. Kohl und Strauß haben sich dieses Jahr dafür die Sudetendeutschen auserwählt. Das ist eine Mannschaft von Ostland- fahrern, deren Vorväter so um 33 einen derart unwiderstehlichen Drang heim ins Reich entwickelten, daß Hitler nicht umhin konnte, 38 die damalige CSR faktisch zu zerschlagen, und deren Berufsen- kel für den Nachweis geradestehen, daß die "Grenzen von 37" nicht das letzte Wort sein können, wenn es um die Frage geht, wie weit "das Heimatrecht und das Selbstbestimmungsrecht des deutschen Volkes" (Kohl) heutzutage reicht. Den derzeitigen Rechtsnachfol- gern des Gröfaz ist es sonnenklar, daß ihr Urteil "die Vertrei- bung war und bleibt Unrecht" (Kohl) die Forderung nach Revision eines Weltkriegsergebnisses ist: Rechtsfragen unter Staaten sind eben unmittelbar Gewaltfragen. Deshalb weisen sie den wohlkalku- liert provozierten Vorwurf des Revanchismus immer gleich zu An- fang ihrer Reden mit gespielter Empörung zurück - das sei "hämische Kritik und gehässige Polemik", "irgendwelcher Doktri- näre" (Kohl und Strauß unisono). Daß diese "irgendwelche" gerade die Staaten sind, deren Souveränität bestritten wird, belegt die hemmungslose Arroganz und Selbstgerechtigkeit, mit der deutsche Machthaber jeden Einspruch gegen ihre großdeutschen Ambitionen abtun. Ohne mit der völkerrechtlichen Wimper zu zucken, auf die sich sich sonst so viel gutschreiben lassen, erklären sie, daß "die Ostverträge keinerlei rechtlichen oder politische Bindewir- kungen enthalten" (Strauß), und fürchten überhaupt nicht den Ver- dacht, daß die BRD ein prinzipiell "unglaubwürdiger Verhandlungs- partner" ist. Ganz im Gegenteil: Wenn Strauß erklärt, das "Kernproblem der deutschen Frage sei nicht die Diskussion um Grenzen, sondern die Freiheit für alle Völker Europas", schickt er den Staaten des feindlichen Blocks die beruhigende Grußadresse zu, daß sie wirklich nicht zu fürchten brauchen, es ginge der BRD bloß um die Zurückgewinnung einiger Landstriche. Nein - Revan- chismus ist das imperialistische Projekt der BRD deshalb nicht, weil es sich gar nicht darauf beschränkt, Kriegsverluste wettzu- machen, sondern gleich ganz Osteuropa von seinen amtierenden Machthabern befreien will. Nach dem herrschaftlichen Urteil der Nato ist deren Existenz mit den Rechtsprinzipien ihrer Weltord- nung nicht mehr vereinbar, und die Natomacht Nr. 2 trägt ihre na- tionalen Ansprüche als Unterfall einer neuzuschaffenden Weltord- nung des freien Westens vor, auf die sie aber ein ganz besondres Recht hat: z.B. wegen der Vertriebenen, die deshalb "keine Emissäre nationalistischer Umtriebe sind, sondern Sendboten des Friedens" (Strauß). Imperialistische Rhetorik besteht in der Kunst, diesen absoluten Scharfmacherstandpunkt als mäßigenden Dienst am westlich verordneten Wertehimmel vorzutragen: - Aussöhnung? "Eine Aussohnung mit dem östlichen Nachbarn sei nicht durch einen Verzicht der deutschen Heimatvertriebenen auf ihr Heimatracht und des deutschen Volkes auf Selbstbestimmungsrecht zu erreichen." (Strauß) Wie sollen sich auch die "östlichen Nachbarn" mit der Zuständig- keit der deutschen Herrschaft für ihre Gebiete aussöhnen können, wenn die diese Zuständigkeit einfach aufgibt? - Frieden? "Die Welt sollte gerade angesichts der Blutspuren, die der Terro- rismus im gefolge der Nichtlösung des Palästinenserproblems gezo- gen habe, den Beitrag der deutschen Vertriebenen für den Frieden anerkennen." (Strauß) Man stelle sich vor: Franz-Josef Arafat und Abu Czaja an den Aeroflotschaltern in Wien! Darauf haben sie verzichtet! Sie haben vielmehr im "ehrlichen Vertrauen auf die friedensschaffende Kraft der Gerechtigkeit" (Kohl) ihrem Anspruch mit der stärksten kon- ventionellen Streitmacht Europas und einer Zweitausgabe der ame- rikanischen Atommacht derart Beine gemacht, daß unter einer Ab- gabe der Oberhoheit der Warschauer-Pakt-Staaten an das Selbstbe- stimmungsrecht der Bundesregierung kein Frieden mehr zu haben ist. Das ist der Unterschied zum "Terrorismus"! (Alle Zitate aus FR vom 20.6.86) zurück