Quelle: Archiv MG - BRD AUSSENPOLITIK OSTPOLITIK - Deutschland über alles
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Nachtrag zum 17. Juni
WIEDERVEREINIGUNG - KOREANISCH UND DEUTSCH
Wie die "Frankfurter Rundschau" berichtet, hat die südkoreanische
Polizei letzte Woche Studenten aus Seoul mit Schlagstöcken und
"Pfeffergas" daran gehindert, sich in Panmunjon, an der Grenze
zwischen Süd- und Nordkorea, mit nordkoreanischen Kommilitonen zu
treffen, um dort miteinander "über die Wiedervereinigung beider
koreanischer Staaten zu sprechen". Laut "südkoreanischem Gesetz"
sei es "nur der Regierung erlaubt, Kontakte mit der Demokrati-
schen Volksrepublik im Norden anzuknüpfen". Bis vor kurzem sei in
Südkorea sogar jegliche öffentliche Debatte über die Wiederverei-
nigung verboten gewesen.
Eine Meldung, die in Deutschland-West Befremden auslösen muß. Wo
doch hierzulande die "Überwindung der schmerzlichen Teilung un-
seres Vaterlandes" nicht nur die Staatsraison Nr. 1 ist, sondern
auch das Herzensanliegen aller Deutschen sein soll. Und dieses
"Streben nach nationaler Einheit", das bei uns immer als ur-
menschliches Bedürfnis ausgegeben wird, soll für die "Menschen"
im befreundeten Südkorea nicht gelten? Wo die doch genau wie
"wir" an nichts so sehr leiden sollen wie an der "Teilung" der
Nation! Freilich: Es war schon immer eine berechnende Lüge, daß
das Programm einer nationalen Wiedervereinigung eine Sache der
beteiligten Völker wäre. Das hat noch nie gestimmt. Weder in
Korea noch hier. Der Unterschied besteht bloß darin: Im fernen
Osten stellt die Regierung des dortigen NATO-Frontstaats
gewaltsam klar, daß Versöhnungsinitiativen von unten auf einer
falschen Interpretation des Wiedervereinigungsgebots beruhen,
weil letzteres nichts anderes ist als eine Kampfansage an den
Feind im Norden. Das ist im NATO-Frontstaat BRD nicht anders.
Bloß: Bei uns legt die Regierung Wert darauf, ihr nationales
Kriegsprogramm immerzu mit dem angeblichen Leid der deutschen
Menschen wg. Teilung zu legitimieren. Und weil die deutschen
Bürger nicht durchdrehen und das nicht als Aufruf zur Eigen-
initiative mißverstehen, sondern sich an den von oben ausge-
gebenen NATO-Fahrplan zur "Lösung" der "offenen deutschen Frage"
halten indem sie ihrem demokratisch-kapitalistischen Tagwerk
nachgehen!), erübrigt sich jegliche Klarstellung von oben, wie
das mit der Wiedervereinigung gemeint ist. Im Gegenteil: Weil
klar ist, in wessen Händen das "Selbstbestimmungsrecht des
deutschen Volkes" liegt, begrüßt und fördert die Regierung pri-
vate "Beziehungen" zu den "Menschen im anderen Teil Deutsch-
lands".
So wird das "Bewußtsein der Teilung wachgehalten" - und die na-
tionale Obrigkeit kann sich für ihr Staatsprogramm frech auf die
"Menschen" berufen. Schon wieder ein Unterschied zwischen einem
Polizeistaat und einer echten Demokratie!
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