Quelle: Archiv MG - BRD AUSSENPOLITIK OSTPOLITIK - Deutschland über alles
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WAS WOLLTE HONECKER HIER?
Etwa für den Kommunismus Reklame machen - wie einst als Pimpf in
Wiebelskirchen - ? Den Klassenkampf in westdeutschen Fabriken
anheizen? Oder wenigstens - von wegen "Konkurrenz der Systeme" -
auf ein paar "realsozialistische" Errungenschaften wie erschwing-
liche Mieten, Recht auf Arbeit, weniger Arbeitshetze u.ä. auf-
merksam machen?
Alles Fehlanzeige. Honecker kam als Staatsmann, der n i c h t s
k r i t i s i e r t im Lande seiner Gastgeber - stattdessen
durfte er sich von jedem westdeutschen Polit-Schnösel anpinkeln
lassen.
Was Honecker wollte, war eine Art bundesdeutscher Friedensgaran-
tie für seinen Staat. Deswegen hat er dauernd über die Furchtbar-
keit des Atomkriegs gepredigt und beteuert, seinetwegen bräuchte
man im Westen keine Kriegsvorbereitungen zu treffen; für ihn käme
die Wahrung des Friedens vor allen System- und sonstigen Gegen-
sätzen. Solche Versicherungen sind die diplomatische Fassung des
Anspruchs, die Machthaber in Bonn sollten sich dieser Sicht der
Dinge anschließen und die Existenz der DDR als unveränderliche
Realität anerkennen.
Diesen Wunsch hat Kohl ihm nicht erfüllt. Für Staaten wie die BRD
ist Frieden nämlich kein politischer Zweck, sondern die eine Art
und Weise, politische Zwecke zu verfolgen - also auch Gegensätze
zu anderen Staaten aufzumachen und zu verschärfen. Von der DDR
will man in Bonn viel; l e t z t l i c h, daß sie vom Anspruch
auf eine eigene Souverärität abläßt; b i s d a h i n, daß sie
den Bonner Machthabern dauernde Einmischung gestattet. Das ist
die westdeutsche Friedens b e d i n g u n g.
E r r e i c h t hat Honecker nur eins: Er ist höchstförmlich an-
erkannt worden - als die Adresse, an die die Bundesdeutschen ihre
Ansprüche auf politisches Mitmischen in der DDR richten; als
Machthaber, der sich nach der Bonner Vormundschaft ausrichten
soll. Ein seltsamer Erfolg! Denn diese Anerkennung bedeutet an-
dersherum:
Honecker läßt sich - um des lieben Friedens willen - eine Bonner
Politik gefallen, die ihn als eine Art Befehlsempfänger und
Statthalter der wahren deutschen Staatsmacht behandelt, die
einstweilen in Bonn zu Hause ist. Er nimmt es a l s n o r m a l
hin, wenn Kohl und Co sich als die verhinderten Herren über seine
DDR aufspielen. Er besteht nur auf dem Recht, die Sache anders zu
i n t e r p r e t i e r e n: als ein Stück gesamtdeutscher
F r i e d e n s förderung.
So triumphiert der bundesdeutsche "Wiedervereinigungs"-Anspruch,
der die "Sicherung des Friedens" zur Daueraufgabe macht, weil er
mit den Mitteln friedlicher Politik letztlich doch nicht zu be-
friedigen ist.
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