Quelle: Archiv MG - BRD AUSSENPOLITIK OSTPOLITIK - Deutschland über alles
zurück Bremer Hochschulzeitung Nr. 99, 10.07.1984 WochenschauGESAMTDEUTSCHLAND
Die BRD bis m i n d e s t e n s zu Oder und Neisse hat der fri- schinaugurierte Bundes-Weizsäcker in seiner Antrittsrede unmiß- verständlich für sich als seinen (noch) ideellen Amtsbereich re- klamiert. Präsident a l l e r Deutschen will er sein, mit "dem Herzen jenseits der Mauer" und mit dem Kopf "überzeugter Bündnis- und Gemeinschaftspartner der NATO. So "endgültig und unwiderruf- lich" wie die "Zugehörigkeit zum Westen" ist ebenfalls nach Weiz- säckers Worten die westdeutsche Z u s t ä n d i g k e i t für die Brüder und Schwestern im Osten. Diesen ersten "geistigen Im- puls" des repräsentativsten Schreibtischtäters der Nation griff tags darauf der Staatsminister für Auswärtiges Mertes (CDU) auf. Jede Moskauer Kritik am Bonner Anspruch auf ein Stück Territorium des Warschauer Pakts "verstößt gegen den Moskauer Vertrag." Mer- tes: "Moskau sollte den Vorwurf des Revanchismus im Interesse der eigenen Glaubwürdigkeit als Vertragspartner schleunigst fallen lassen." Laut Mertes schließt "die Geschäftsgrundlage des deutsch-sowjetischen Vertrags" eine Anerkennung der "Washingtoner Erklärung" der NATO vom Mai 1984 ein, mit der das Bündnis die "deutschlandpolitisch. Ziele" der Bundesregierung "ausdrücklich unterstützt" hat. Bei deren Verfolgung vermittelt Bonn zur Zeit einen weiteren Milliardenkredit an die DDR. Wie schon der letzte ein risikoloses G e s c h ä f t mit p o l i t i s c h e n Ex- trazinsen: Die Bundesregierung "garantiert" lediglich das von westdeutschen Banken ausgeliehene Geld; die DDR "tritt dafür ent- sprechende DM-Einnahmen als Sicherheit an die Bundesregierung ab." Der Zinssatz liegt um ca. 1% über der internationalen Bank- rate: und die DDR verwendet den Großteil des Betrags für ihren "Umschuldungsbedarf", also zur Befriedigung ihrer westlichen Gläubiger. Dafür wird sie eine Reduzierung des Mindestumtauschs bieten müssen und weitere "Reiseerleichterungen" im Bonner Sinne. Falls der Deal unter Dach und Fach kommt, so spekulieren die "gut informierten Kreise", wird Erich Honecker prominentester Nutznie- ßer von "mehr Freizügigkeit von Ost nach West" sein. Er darf im Herbst zum Staatsbesuch am Rhein antreten. zurück