Quelle: Archiv MG - BRD AUSSENPOLITIK OSTPOLITIK - Deutschland über alles
zurück Quotenregelung für DDR-AussiedlerDDR-BISCHOF BELEIDIGT BRD
Allgemeine Empörung in Bonn. Bischof Forck aus der DDR hatte es gewagt, die BRD für die Ausreisebewegung aus der DDR mitverant- wortlich zu machen. Außerdem sollte die Bundesregierung Absprachen über Ausreisequo- ten, die es insgeheim geben soll, öffentlich machen. Und das hat unsere Politiker, quer durch alle Parteien, furchtbar auf die Palme gebracht. Ob es die Absprachen nun gibt oder nicht - auf jeden Fall stimmt es doch, daß e i n e r s e i t s die BRD sich wie die eigentlich einzig zuständige Staatsgewalt über a l l e Deutschen aufführt und deshalb jeden DDRler, der die Grenze übertritt, mit einer BRD-Staatsbürgerschaft eindeckt. Und es stimmt auch, daß das a n d e r e r s e i t s eben gar nicht heißt, daß die Damen und Herren Deutschlandpoliti- ker gesteigerten Wert darauf legen, daß beliebig viele DDRler auch wirklich rübermachen. Mangel an nützlichem Arbeitsvieh herrscht ja nun wirklich keiner, und, wenn immer mehr DDRler un- seren kostbaren Sozialkassen zur Last fallen, wird das nicht gerne gesehen. Gerade neulich noch herrschte große Entrüstung darüber, daß sich Rübergemachte in Berlin per Krankschreiben-Las- sen Geld verschaffen, weil sie der goldenen Freiheit finanziell hinten und vorne nicht gewachsen sind. Westdeutsche Politiker mögen zwar die Pose, daß sie sich aufop- fernd darum kümmern, daß jeder von drüben, der will, kommen kann wenn sie aber da sind, dann geht prompt der Verdacht auf "Wirtschaftsflüchtling" und "Schmarotzer" los. Für die P r o p a g a n d a, daß die BRD das wahre Deutschland, das richtige System ist, und sich nur da gut leben läßt, würde es schließlich auch völlig genügen, wenn regelmäßig 1 Prominenter oder 1 schönes Schicksal von der DDR in die Freiheit übertritt - regelmäßige 1200 pro Monat oder gar mehr will doch im Ernst kei- ner h i e r gebrauchen. Die sollen doch d r ü b e n Unruhe stiften. Der gute Bischof hat also nur einmal aus Versehen die offizielle Heuchelei der westdeutschen Politik getroffen, weil er eine Ge- meinde beisammen halten will - und zwar in der DDR. Daß der bun- desdeutsche Anspruch auf ganz Deutschland, in dessen Namen der DDR ihre Bürger abspenstig gemacht werden, genau dasselbe wäre wie ein furchtbar freundliches Angebot an die 'Brüder und Schwe- stern' - auf die Verwechslung legen die Herren in Bonn nämlich großen Wert. Daß es ihnen bloß um die Bedürfnisse der DDR-Bevöl- kerung geht und nicht ausschließlich um das Bedürfnis der west- deutschen Staatsmacht, ihre Kommandogewalt um einiges in Richtung Osten auszudehnen, dieses idyllische Bild verteidigen sie mit al- ler Empörung. *** Der Bischof hat sich mit noch einer zweiten Bemerkung sehr unbe- liebt gemacht, nämlich damit, daß die DDR-Bürger ein zu positives Bild von der Bundesrepublik hätten. Einfach unverzeihlich, wo doch das Bild von der BRD gar nicht gut genug sein kann, meint man in Bonn. Gesagt wird das etwas vornehmer: "Die DDR-Bürger sind gut informiert. Westliche Fernsehprogramme werden in der DDR empfangen und in bundesdeutschen Sendungen ste- hen Probleme deutlich im Vordergrund." (CSU-Lintner) Wenn also die DDRler in Kenntnis der "Probleme" dennoch hierher wollen, dann muß die BRD doch einfach ein klasse Wohnort sein, oder?! Komisch nur, daß dieselben Bescheidwisser bei Gelegenheit genausogut an den DDR-Übersiedlern bzw. deren "Integrationsprob- lemen" herumkritisieren. An denen sind - natürlich nicht die paradiesischen Verhältnisse hier, sondern die schlechten Sitten in der DDR schuld, z.B. an der "Unselbständigkeit", am "Versorgungsdenken" der Aussiedler. Die stellen sich nämlich manchmal einfach vor, daß Behörden dazu da wären, jeden mit einem Arbeitsplatz, einer Wohnung, einem Kindergartenplatz usw. zu versorgen - wie in der DDR. Die stellen sich z.B. auch vor, daß ein Lohn problemlos zum Leben reichen muß, daß sich damit Miete, Lebensmittel, Kleider bequem zahlen lassen müssen - wie in der DDR. Wenn sie dann durch die Maschen in unserem sozialen Netz hindurchfallen oder in Windeseile Schulden bis über die Ohren haben, dann ist das natürlich die Schuld der DDR, die ihre Bürger nicht an die rauhen Sitten einer freien Marktwirtschaft gewöhnt hat. Vielleicht sind die DDR-Bürger also doch nicht ganz so "gut in- formiert", wie Herr Lintner behauptet? Vielleicht ist deren Dumm- heit, sich die Verhältnisse in der BRD so ähnlich wie in der DDR, bloß mit viel mehr "Chancen" und Videorekordern vorzustellen, den Herren in Bonn ganz recht? Sonst bekämen sie ja nicht immer wie- der mit dem Ausreisewunsch Propaganda für die BRD gratis gelie- fert. *** Empörung dritter Teil: Wir werben doch keine DDR-Bürge ab! Ach nein? Wo gibt es das denn sonst, daß ein Staat gegenüber der kompletten Bevölkerung seines Nachbarstaats erklärt, sie gehörte eigentlich zu ihm? Ist das nicht der Beschluß und die Tat der BRD-Politiker, DDR-Bürgern immerzu diese Perspektive zu eröffnen? Die sie gegen- über Türken, Tamilen oder Asylbewerbern, die in ihrer Heimat her- umhungern oder schikaniert werden, kategorisch ausschließen? Klar, daß zum Übersiedeln in die BRD auch noch die Entscheidung der DDRler gehört. Aber wenn die sich dazu entschließen, wegen der Einbildung, die Verhältnisse in der BRD wären gerade passend für sie, eine Karriereleiter in Wohlstand und flottes Leben, dann klärt doch kein BRD-Politiker deren Mißverständnis von Marktwirt- schaft auf. Selbstverständlich ist das Leben nur b e i u n s lebenswert. So funktioniert eben die "Abwerbung". Und, wenn soundsoviele dann hierzulande auf die Schnauze fallen, dann sind sie eben selber schuld. zurück